Dortmund-Ems-Kanal soll zur Teststrecke für selbstfahrende Schiffe werden

© Gregor Beushausen

Dortmund-Ems-Kanal soll zur Teststrecke für selbstfahrende Schiffe werden

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Käpt'n Computer ersetzt den Steuermann: Sind autonom fahrende Schiffe ohne Besatzung reine Zukunftsmusik? Der Dortmund-Ems-Kanal soll zur Teststrecke werden.

Dortmund

, 04.12.2018, 17:52 Uhr / Lesedauer: 2 min

Noch ist es zartes Pflänzchen, das die Industrie- und Handelskammern (IHK) im Ruhrgebiet in den Boden gesetzt haben. „In zwei bis drei Jahren könnte das schon anders aussehen“, schätzt Berthold Holtmann vom Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST). Dann soll ein landesweites Forschungsprojekt starten, von dem sich auch die Dortmunder IHK viel verspricht: Es geht um die Entwicklung von Frachtschiffen (Binnenschiffen), die autonom und ohne Besatzung fahren. Das Land NRW will dafür 2019 zunächst 1,9 Millionen Euro bereitstellen.

Holtmann ist Mitautor einer von den Kammern beauftragten Machbarkeitsstudie. Sie schlägt vor, den knapp 20 Kilometer langen Abschnitt des Dortmund-Ems-Kanals (DEK) zwischen dem Dortmunder Hafen und der Henrichenburger Schleuse als Teststrecke für autonome Schiffe zu nutzen. „Die Strecke bietet für ein solches Forschungsprojekt die besten Voraussetzungen“, sagt Holtmann. Die Verkehrsdichte sei mit jährlich rund 3300 Fahrten auf diesem Abschnitt relativ gering. Da sich im Testgebiet lediglich ein Ölterminal befinde, sei auch wenig Gefahrgutverkehr zu erwarten. In Henrichenburg könnten Manöver an der Schleuse geprobt werden, und im Dortmunder Hafen mit seinen zehn Becken das Wenden sowie das An- und Ablegen.

Schifffahrtsamt: Es geht nur noch um das „Wie“

Von Vorteil sei auch, dass der Kanal weder starke Strömungen noch stark wechselnde Wasserstände habe. Wichtig sei, den Schwierigkeitsgrad für die erste Probephase nicht zu hoch zu schrauben. Ohnehin sei davon auszugehen, dass „die Automatisierung schrittweise erfolgt“, sagt Holtmann. Soll heißen: Das Schiff wird bei seinem „Stapellauf“ zwar mit der ersten, entsprechenden Technik (etwa mit Sensoren) ausgestattet. Völlig ohne Besatzung aber wird es im Pilotversuch nicht über den Kanal laufen.

Bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Wasserstraßen -und Schifffahrtsamt, verfolgt man das Vorhaben sehr aufmerksam. „Mit uns hat zwar noch keiner gesprochen“, sagt Leiter Volker Schlüter. Im Grundsatz könne er sich den DEK als Teststrecke aber durchaus vorstellen. Bei allem stehe die Sicherheit ganz oben an. „Da muss natürlich Einvernehmen mit den Ruderern hergestellt werden“, gibt Schlüter zu bedenken. Insgesamt gehe es bei dem Versuch auf dem DEK wohl nicht mehr um das „Ob“, sondern um das „Wie“.

Klar ist: Schiffe, die ohne Besatzung unterwegs sind, benötigen ein fein abgestimmtes Orchester aus Sensorik. Sie versorgt – einfach dargestellt – einen Computer als elektronischen Kommandanten des Schiffes mit Daten, auf deren Basis dieser dann Steuerbefehle gibt. Nun soll untersucht werden, wie auch die elektronische Infrastruktur an Land (etwa an Brücken und Schleusen) beschaffen sein muss – ein flächendeckendes Mobilfunknetz ist da eher das Minimum.

IHK denkt an Logistikfirmen

Stefan Peltzer, Leiter des Referats Verkehr, Logistik und Planung bei der Dortmunder IHK, sieht darin überhaupt kein Problem. „Unsere Region verfügt über das gesamte Know-how, autonome Binnenschiffe unter realen Bedingungen zu testen.“ Daher habe man bereits ein Kompetenznetzwerk mit Wirtschaft und Forschungsinstituten gegründet.

Gleichzeitig blickt Peltzer auch schon auf mögliche Nutzer und Anwender. Dortmund habe bekanntlich eine hohe Dichte an Logistikunternehmen. Er könne sich vorstellen, dass gerade bei Logistikern großes Interesse bestehe. „Im Endeffekt geht es darum, endlich mehr Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern“, sagt Peltzer.

Die Autoren der Machbarkeitsstudie schlagen vor, zügig ein „Kompetenzzentrum Autonomes Fahren in der Binnenschifffahrt“ aufzubauen. Es soll Koordination und Federführung für das weitere Vorgehen übernehmen und mögliche Förderanträge stellen. Angesiedelt werden soll es, so die Empfehlung der Studie, an der Uni in Duisburg.