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Baustart für Hunderte Wohnungen verschiebt sich – wahrscheinlich um Jahre
Deggingshöfe
Das neue Wohngebiet auf der DSW21-Fläche wird länger auf sich warten lassen als geplant. Es gibt viele Änderungen. Selbst über die Zahl der Wohneinheiten scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Der Kampfmittelräumdienst ist längst abgezogen, die Bodenaufbereitung abgeschlossen. Rund 350 Wohnungen, so der letzte Stand der Dinge, sollen auf dem früheren Betriebshof-Gelände entlang der Degging- und der Von-den-Berken-Straße entstehen. Doch aus dem erhofften Baubeginn 2021 dürfte vorerst nichts werden:
Der Bebauungsplan ist zwar seit geraumer Zeit in Arbeit, muss aber an vielen Stellen noch einmal aufgeschnürt werden. Dafür eröffnen sich ganz neue Entwicklungsperspektiven für den künftigen Wohnstandort. Und das hat mehrere Gründe.
Bislang hat sich die Planung auf die fünf Hektar große, frühere Betriebsfläche von DEW21 erstreckt. Nun kommt das benachbarte und zwei Hektar große Doego-Gelände hinzu. DSW21 hat die Fläche vor Kurzem gekauft und wartet darauf, dass die Rewe-Tochter Doego den Standort in wenigen Monaten verlässt und ihren Betrieb zur Westfalenhütte verlegt.
Die elf Meter hohe Lärmschutzwand wird überflüssig
Wohnungen sollen auf dem Doego-Gelände an der Feldstraße zwar nicht entstehen. Aber die zusätzlich gewonnene Fläche und das eigentliche Wohngebiet sollen nun im Zusammenhang und damit in einem Rutsch überplant werden. „Der Geltungsbereich des Bebauungsplans wird nach Norden erweitert“, wie die Stadt auf Anfrage formuliert.
Heißt im Klartext: Es wird insgesamt länger dauern. Mit ein paar ergänzenden Federstrichen im B-Planverfahren ist es nicht getan. Es muss ein neues Lärmschutzgutachten und womöglich auch ein neues Umweltgutachten her.
Auf der anderen Seite aber wird DSW21 für die „Deggingshöfe“, so der Name des neuen Wohnquartiers, ein riesiges Problem los – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die 300 Meter lange und rund elf Meter hohe Schallschutzwand, die das Wohngebiet vom Doego-Gelände mit seinem morgendlichen Lkw-Verkehr abschirmen sollte, muss nun nicht mehr gebaut werden. Sie war schon immer ein Knackpunkt in den Planungen.
Entsprechend erleichtert zeigt sich Silke Seidel, Immobilienentwicklerin bei DSW21: „Damit ist das unschöne Problem der innerstädtischen Lärmschutzwand gelöst.“ Lärmschutz zum Großmarkt, der sich nördlich des Doego-Geländes anschließt, müsse es natürlich geben. „Aber längst nicht in den bisher vorgesehenen Dimensionen“, sagt Seidel.
Stadt prüft Parkplatzfläche für den Bau einer Grundschule
Dabei hat der Kauf der Doego-Fläche noch weitere Folgen für das künftige Wohngebiet: Verlegt DSW21 seine Hauptverwaltung und die Mitarbeiterparkplätze auf das Doego-Gelände, werden an der Deggingstraße weitere 2,2 Hektar frei. Dadurch könnte zumindest die ein Hektar große Stellplatzfläche zusätzlich für Wohnungsbau genutzt werden – auch das müsste zusätzlich ins Bebauungsplanverfahren einfließen.

Durch den Kauf des früheren Doego-Geländes (oben, grün markiert) werden die Würfel auf dem DSW21-Areal in der östlichen Innenstadt neu gemischt. Abzuwarten bleibt, was aus der Stellplatzfläche (rot umrandet) und dem DSW21-Verwaltungsgebäude (blau umrandet) wird. Die elf Meter hohe Lärmschutzmauer jedenfalls (oben, gelb umrandet) wird nicht gebaut. © Grafik: DSW21
Ob das so kommt, ist aber fraglich. Denn inzwischen zeigt sich auch die Stadt an dem Parkplatz-Grundstück interessiert: Sie hat das Areal als möglichen Standort für den Bau einer vierzügigen Grundschule in den Blick genommen, wie die Verwaltung auf Anfrage bestätigt.
„Es wird geprüft“, heißt es auf Anfrage bei der Stadt. Es gebe aber auch weitere Standorte, die dafür infrage kämen. Eine Entwicklung, die für DSW21 durchaus überraschend kommt. „Für unsere weitere Planung wäre es gut, wenn wir im Laufe des Jahres Klarheit darüber hätten, wie sich die Stadt in Sachen Grundschule entscheidet“, sagt Seidel.
Es könnten auch mehr als 350 Wohnungen werden
Selbst über die Zahl der Wohneinheiten scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es könnten unter Umständen mehr als 350 werden. Das funktioniert über einen Kniff: Die Stadt hat nach einer Baurechtsnovelle die Möglichkeit, die Entwicklungsfläche in der östlichen Innenstadt als sogenanntes „Urbanes Gebiet“ auszuweisen.
Kernpunkt: In einem „Urbanen Gebiet“ ist beim Wohnungsbau eine höhere und dichtere Bauweise erlaubt, als sie ansonsten in Mischgebieten mit Kindergärten, Büros und eben einer Grundschule gestattet ist. Auf diese Weise könnte die Stadt dafür sorgen, dass entlang der Degging- und der Von-den-Berken-Straße mehr Wohnraum entsteht als bislang geplant.
So muss auch vorläufig offen bleiben, wie viel Wohnungen beispielsweise die DSW21-Tochter Dogewo auf dem Gelände hochziehen kann. Bislang steht in Rede, dass DSW21 rund ein Drittel der Wohnbaufläche an Dogewo21 überträgt und das kommunale Wohnungsunternehmen alles in allem rund 200 Wohnungen errichtet – sowohl öffentlich geförderte als auch frei finanzierte.
„Wir stehen nach wie vor in Warteposition“, sagt Dogewo-Prokurist Andreas Laske auf Anfrage. „Sobald geklärt ist, welche Anforderungen sich aus dem Bebauungsplan ergeben, werden wir uns mit DSW21 zusammensetzen.“
Baubeginn verzögert sich voraussichtlich ins Jahr 2023
Bis dahin gibt’s jede Menge offene Fragen. 2020, sagt die Stadt, sei „in keinem Fall mit einem rechtskräftigen Bebauungsplan zu rechnen. DSW21-Immobilienmangerin Seidel hofft, dass B-Planverfahren möge 2021 mit dem notwendigen Satzungsbeschluss abgeschlossen werden.
Danach zieht ein weiteres Jahr für die Ausschreibung und die Vergabe der Erschließungsarbeiten ins Land, im Anschluss startet der Flächenverkauf. Tatsächlich gebaut werden wird aller Voraussicht nach ab 2023.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.