
© Gregor Beushausen
Deal in letzter Minute: Stadt kauft fünf der schlimmsten Schrotthäuser
Schrottimmobilien
Die Stadt hat sich fünf der schlimmsten Schrottimmobilien der Nordstadt gesichert. Sie sollten von Privat zu Privat verkauft werden. Die Verwaltung konnte in letzter Minute dazwischen grätschen.
Insgesamt sechs Jahre lang hatten der Eigentümer und die Stadt ohne greifbares Ergebnis verhandelt. Bis vor Kurzem: Die „Projekt North Rhine Properties“ in Berlin war bereits im Begriff, die Immobilien an die Berliner „Projekt Acqusition 7 GmbH“ weiter zu verkaufen. Die Stadt kam gerade noch dazwischen und konnte den Deal in quasi letzter Minute verhindern.
Die Trumpfkarte, die sie dabei ausspielte, heißt „Vorkaufsrecht“: Es gibt der Stadt die Chance, bei privaten Immobilienverkäufen in einem Sanierungsgebiet unter bestimmten Bedingungen den Käufer auszustechen und selbst zum Zuge zu kommen.
Dabei war der Handlungsdruck diesmal besonders hoch: Ein Interesse des Käufers, die fünf Schrottimmobilien endlich zu sanieren, war für die Stadt nicht erkennbar. Hintergrund: Beide Gesellschaften, die den Deal untereinander abwickeln wollten, gehören zu jenem Firmenimperium, in dessen Händen auch der Dorstfelder Hannibal liegt. Dessen Brandschutzmängel waren so groß, dass die Stadt den Wohnkomplex in einer spektakulären Aktion 2017 Knall auf Fall zwangsräumen ließ.
"Die Stadt hat dabei ein Schnäppchen gemacht"
Um ein vergleichbares Szenario in der nördlichen Innenstadt zu verhindern, hat die Stadt die fünf Wohnhäuser mit 49 Wohnungen (und teilweise Gewerbeflächen) selbst gekauft. Mitte November sind die Immobilien unter ihre Fittiche gekommen. Der Kaufpreis beläuft sich auf rund 1,25 Millionen Euro – die Vorstellungen des Eigentümers lagen bei gut zwei Millionen Euro.

Das Haus Brunnenstraße 66 ist nach einem Brandschaden im April 2020 ebenfalls unbewohnt. © Gregor Beushausen
"Die Stadt hat an dieser Stelle ein Schnäppchen gemacht", sagt Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mietervereins.
Wie viel Geld in die Sanierung bzw. Modernisierung der Wohnhäuser gesteckt werden muss, ist noch offen. Der Aufwand werde "enorm sein", heißt es in einem Papier der Stadtverwaltung. Kein Wunder: Die fünf Häuser Brunnenstraße 66, Oesterholzstraße 64, Burgholzstraße 35 / Lortzingstraße 10 sowie Heroldstraße 72 und Mallinckrodtstraße 58 sind in einem mehr oder weniger erbärmlichen Zustand.
Ein Haus musste zwischendurch sogar geräumt werden
Die Mängelliste ist schier endlos: Sie reicht von fehlenden Fenstern über kaputte Treppengeländer bis zu Wasserschäden und zerstörten Bädern.
Es gibt Risse in den Außenfassaden, stellenweise blättert der Putz. Das Haus Burgholzstraße 35 / Lortzingstraße 10 musste 2019 zwischenzeitlich sogar geräumt werden – die Gefahr war so groß, dass Donetz den Strom sperrte.

Auch ein Sanierungsfall: Das Wohnhaus Oesterholzstraße 64 (r.) stand 2020 schon kurz vor einer Stromsperre. © Gregor Beushausen
Für die Immobilie an der Oesterholzstraße 64 wäre es 2020 ebenfalls fast soweit gewesen, die Stromsperre konnte gerade noch abgewendet werden. Drei der fünf Häuser stehen inzwischen komplett leer, zwei sind bewohnt.
Die Stadt selbst spricht von „fünf der schlimmsten Problemhäuser in der Nordstadt“. Susanne Linnebach, Chefin im Amt für Stadterneuerung, weiß zu gut, „dass eine Problemimmobilie ein Quartier unter Umständen nach unten ziehen kann.“ Ebenso, wie im umgekehrten Fall ein saniertes Haus dazu führen kann, dass auch die Nachbareigentümer ihre Objekte auf Vordermann bringen – wie in der Nordstadt stellenweise schon geschehen.
Ein Sanierungskonzept soll 2021 erstellt werden
In genau diese Richtung soll es nun auch mit den fünf Schrottimmobilien gehen. „Sie sollen wieder hergerichtet und die Wohnungen vermiet- und bewohnbar gemacht werden“, sagt Linnebach. Wie teuer die Sanierung wird, wer die Arbeiten übernehmen soll und in wessen Eigentum die Häuser anschließend wechseln – all das sei noch offen, sagt Linnebach.
Ein umfassendes Konzept wird 2021 erwartet. Die notwendigsten Reparaturen sollen aber vorgezogen und in Kürze gestartet werden.
Der Mieterverein plädiert dafür, die Immobilien nach der Sanierung in öffentlicher Hand zu belassen. "Dort wären sie am besten aufgehoben", schätzt Geschäftsführer Stücker. Er könne sich Dogewo21 oder die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) als künftigen Eigentümer vorstellen.
„Wichtig ist, dass die Mieten für die Bewohner auch nach der Sanierung bezahlbar bleiben“, sagt Stücker. Maßstab müssten die Mieten für den öffentlich geförderten Wohnungsbau sein – 6,20 Euro/qm.
Finanziert hat die Stadt den Häuserkauf mit Bundes- und Landesmitteln: 2,5 Millionen Euro liegen dafür im Topf. Allein damit hat die Stadt seit 2017 bislang sieben Schrottimmobilien gekauft – insgesamt sind es inzwischen elf.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.