Das Westfälische Wirtschaftsarchiv – Hüter der Bergbauschätze

© Oliver Volmerich

Das Westfälische Wirtschaftsarchiv – Hüter der Bergbauschätze

rnAbschied vom Bergbau

Wertvolle Dokumente zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Bergbaus bewahrt das Westfälische Wirtschaftsarchiv. Es ist ein wichtiger Fundort für die historische Forschung.

Dortmund

, 28.11.2018, 12:03 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wer wissen will, wie der Bergbau im Mittelalter und in der frühen Neuzeit funktioniert hat, muss bei Agricola nachschlagen. Der Gelehrte verfasste Mitte des 16. Jahrhunderts das Buch „Vom Bergwerck XII Bücher“, das mit vielen Zeichnungen zum Standardwerk für frühe Bergbaukunde wurde.

Ein 1557 gedrucktes Exemplar des Wälzers ist einer der Schätze im Bergbau-Bestand des Westfälischen Wirtschaftsarchivs bei der IHK an der Märkischen Straße. „Das ist eine unserer Preziosen“, stellt Gabriele Unverferth als langjährige Bergbau-Expertin des Archivs fest.

Nicht nur wegen solcher Schätze kommen Interessierte, die die Bergbaugeschichte in der Region erforschen wollen, am Wirtschaftsarchiv kaum vorbei. Die Bandbreite der Sammlung ist weit gespannt, bietet Stoff nicht nur für wirtschaftshistorische, sondern auch für technik-, sozial- und heimatgeschichtliche Forschung.

Bergbehörde übernahm das Kommando

Gut lässt sich etwa die Entwicklung des Bergrechts und der Bergverwaltung nachverfolgen. Denn, natürlich gehört auch die „Revidierte Berg-Ordnung für das Herzogtum Cleve, Fürstenturm Meurs und für die Grafschaft Mark“ zum Bestand. „Sie führte das Direktionsprinzip ein und unterwarf den Ruhrbergbau der direkten Leitung durch die staatliche Bergbehörde“, erklärt Gabriele Unverferth.

„Der Bergbau war eine einzigartige Arbeitswelt“, stellt der Direktor des Wirtschaftsarchivs, Dr. Karl-Peter Ellerbrock, fest. Das zeigt sich etwa bei der ganz eigenen Sozialfürsorge über das Knappschaftssystem, das später ein Vorbild für die Bismarckschen Sozialreformen war. Auch der Übergang von der Knappschaft zur modernen Sozialpolitik lässt sich mit Dokumenten im Wirtschaftsarchiv gut nachverfolgen.

Nicht zuletzt verwahrt das Archiv im Haus der IHK zahlreiche Firmenarchive früherer Bergbauunternehmen wie der Harpen AG. Zu vielen Anlagen gibt es so einen umfangreichen Fotobestand, zu anderen die kompletten Belegschaftslisten. „Sie sind eine interessante sozialgeschichtliche Quelle“, sagt Gabriele Unverferth. Denn sie erzählen auch die Geschichte früher Zuwanderung ins Ruhrgebiet.

Die Geschichte der Zuwanderung

Das gilt besonders für die Belegschaftslisten der Zeche Courl. „Sie halten ganz ausführlich die Laufbahn und sogar die Familienverhältnisse der Bergleute und ihre Herkunft fest“, berichtet Gabriele Unverferth. Viele kamen aus Ostpreußen, Schlesien und Russland. „Und fast alle kamen aus der Landwirtschaft“, erklärt die Bergbau-Expertin mit Blick auf die in Sütterlinschrift feinsäuberlich ausgefüllten Formblätter der Belegschaftsliste.

Sozial- und sogar Architekturgeschichte vermitteln die Unterlagen zum Wohnungsbau und Sozialeinrichtungen für Bergarbeiter. Hier werden auch Heimatforscher fündig, wenn sie der Geschichte ihres Ortes nachspüren wollen.

Zeitgeist in Plakatform

Hochpolitisch wird es Anfang der 1920er Jahre. Mit dem Ruhrkampf begehrten Bergleute und Industriearbeiter 1923 gegen die Besetzung weiter Teile des Ruhrgebiets durch französische Truppen auf, mit der Reparationsleistungen Deutschlands erzwungen werden sollten. „Nein! Mich zwingt Ihr nicht“ steht so auf einem großen Plakat, das einen Bergarbeiter vor Zechentürmen zeigt, der sich trotzig zwei Soldaten entgegenstellt. „Die Plakate und Flugblätter zum Ruhrkampf spiegelt sehr gut den Zeitgeist wider“, stellt Gabriele Unverferth fest.

Das Ende der Bergbauzeit hat sich natürlich im Archiv bemerkbar gemacht. Es hat Beiträge etwa zu Ausstellungen geliefert. Die Wissenschaftler sind als Experten für Veröffentlichungen gefragt. Und auch nach Dezember 2018 rechnet Karl-Peter Ellerbrock mit interessierten Besuchern auf den Spuren der Bergbaugeschichte. Stoff dafür gibt es reichlich.