
© (A) Stephan Schuetze
Das Impfzentrum bringt es nicht – Lasst euch was einfallen!
Meinung
Die Impfkampagne verliert an Tempo. Die Stadt muss mehr tun, als nur das Impfzentrum aufrecht zu erhalten, meint unser Autor, und fordert: Lasst euch was einfallen! Ideen hat er auch.
Es ist schon paradox: erst standen die Dortmunder Schlange für eine Impfung, aber es fehlte der Impfstoff. Jetzt gibt es genügend Impfstoff, aber im Impfzentrum Phoenix-West herrscht gähnende Leere.
In ganz Deutschland hat die Impfkampagne an Fahrt verloren. Die Situation hat sich verkehrt: Mangelverwaltung und Angebotsknappheit sind vorbei, jetzt müssen Nachfrage-Anreize geschaffen werden.
Denn: die Corona-Pandemie ist längst nicht vorbei. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) müssen sich 85 Prozent der 12- bis 60-Jährigen wegen der Delta-Variante impfen lassen. Nur dann sei gewährleistet, dass die Infektionszahlen im Herbst nicht wieder so hoch sind, dass die Krankenhäuser stark belastet werden.
42 Prozent der Dortmunder sind komplett geimpft
In Dortmund sind derzeit 42 Prozent der Bürgerinnen und Bürger komplett geimpft, bei den Erstimpfungen liegt die Quote bei knapp 56 Prozent. Eine Herdenimmunität (oder zumindest etwas in dieser Richtung) ist also noch lange nicht erreicht. Im Wettlauf mit dem Virus müssen zig Tausend Menschen jetzt möglichst schnell geimpft werden.
Lässt man die außen vor, die sich aus Krankheitsgründen nicht impfen lassen können, und die, die sich auf keinen Fall impfen lassen wollen – bundesweit schätzt man, dass das rund 15 Prozent der Bevölkerung sind – müssen alle Unentschlossenen irgendwie mobilisiert werden.
Allein mit dem Impfzentrum Phoenix-West wird man das in Dortmund nicht schaffen. Es sei denn, man würde dort mit Geldscheinen winken. Die Bequemen und Zögerlichen, die die mitunter lange Anfahrt scheuen, die einen Bogen um die Bürokratie machen wollen oder eine Impfung nicht für so wichtig halten, werden sich dort nicht einfinden.
Jetzt in die Thier-Galerie und in den Stadtteilen impfen
Die Zahlen zeigen es ja: Bis zu 3500 Menschen könnten dort am Tag ihren Piks bekommen, obwohl seit Mitte der Woche aber auch ohne Termin geimpft wird, kamen am Freitag aber nur 614 Personen, am Samstag immerhin 2000 und am Sonntag 1100.
Auch, wenn erste Schritte schon getan sind, und der engagierte Medizinische Leiter des Impfzentrums, Dr. Reinhard Büker, mit seinem Personal auf Marktplätzen und in sozialen Brennpunkten für die Impfung im Impfzentrum wirbt und den Einsatz von Impfbussen überlegt, braucht es noch mehr.
Denkbar wäre eine Musikveranstaltung auf Phoenix-West, die vor allem Jugendliche ab 16 (jüngere dürfen im Impfzentrum nicht geimpft werden) anlockt. Und es gilt, mit mobilen Impfteams dorthin zu gehen, wo sich die Menschen aufhalten: etwa in die Thier-Galerie, auf den Westenhellweg und in die Stadtteile. Das ist nicht einfach, weil ja alle, die sich dort zum Ersttermin zufällig aufhalten, zum Zweittermin wieder dort sein müssen. Wer aber darum weiß und sich impfen lässt, wird wiederkommen.
92.000 Dortmunder müssten noch geimpft werden
Nimmt man mal die Bevölkerungsdaten der Stadt Dortmund (Dortmunder Statistik, Stand 31.12.2020), dann sind von 603.167 Bürgerinnen und Bürgern aktuell 253.198 vollständig geimpft, 336.097 haben eine erste Impfdosis erhalten.
Die Zahl der Unter-12-Jährigen ist statistisch nicht erfasst. 34.558 Kinder unter sechs Jahren gibt es, und 64.547 Kinder und Jugendliche sind zwischen sechs und 18 Jahre alt. Nehmen wir an, dass von den Letztgenannten etwa die Hälfte, also 32.000, unter 12 Jahre alt sind, sind etwa 536.000 Dortmunder älter als 12 Jahre.
Rechnen wir nun noch die 15 Prozent raus, die sich definitiv nicht impfen lassen können oder wollen, müssen für eine Herdenimmunität, wie sie das Robert-Koch-Institut für notwendig hält, in Dortmund möglichst bald 428.000 Menschen, die älter als 12 Jahre sind, geimpft sein. Es fehlen also noch rund 92.000 Menschen - knapp 10.000 mehr als in den Signal-Iduna-Park passen.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
