
© Grafik Verena Hasken
Das Festi Ramazan ist kein religiöses Fest, sondern eine kommerzielle Veranstaltung
Klare Kante
Seit Monaten wird über das Festi Ramazan diskutiert. Der Oberbürgermeister steuert einen Zickzack-Kurs, Anwohner sind empört. Und warum das alles? Wegen nichts, findet unser Autor.
Was für ein Eiertanz um das Festi Ramazan. Bei all den Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate um den Standort am Remydamm drängt sich der Eindruck auf, dass es sich hier im wahrsten Sinn des Wortes um eine Glaubensfrage handelt. Was für ein Unfug.
Offenbar hat sich in den Hinterköpfen so mancher Entscheidungsträger der Gedanke eingenistet, man müsse bei der Diskussion um dieses Thema besonders sensibel sein. Schließlich handle es sich doch um eine religiöse Frage. Und mit diesem Gedanken schlich sich die zumeist unausgesprochene Angst ein, mit einem Nein zum Festi Ramazan könne man in den Verdacht geraten, islamfeindlich zu sein und etwas gegen Muslime zu haben. Wer will das schon in einer Stadt, die sich gerne als weltoffen verkauft?
Das Festi Ramazan ist kein religiöses Fest
Hat sich eine solche Furcht – in vielen Fällen sicherlich nur unbewusst – erst einmal im Kopf festgesetzt, ist es schwer, sie von dort wieder zu verjagen.
Wenn diffuse Ängste und Gefühle im Spiel sind, empfiehlt sich ein Blick auf die Fakten. Daher stellt sich die erste und wichtigste Frage: Was hat das Festi Ramazan mit dem Islam zu tun?
Die Antwort ist einfach: so gut wie nichts. Das Festi Ramazan verhält sich zum Ramadan wie der Weihnachtsmarkt zum christlichen Weihnachtsfest. In beiden Fällen bildet ein religiöses Fest nur den Anlass für einen bunten Jahrmarkt, der den Kern und Sinn des Festes – wenn überhaupt – nur noch aus ganz weiter Ferne streift.
Das bedeutet nicht, dass Weihnachtsmarkt und Festi Ramazan nicht schöne Ereignisse sind. Das zu beurteilen, bleibt jedem selbst überlassen. Das ist reine Geschmacksache. Nur: An diese Veranstaltungen religiöse Maßstäbe anzulegen, das wäre so, als würde man einen Strandurlaub am Ballermann als Bildungsreise verkaufen.
Während der Fastenzeit sollen sich Muslime innerlich von Sünden fernhalten - bis zum Sonnenuntergang
Für gläubige Muslime ist das Fasten im Ramadan eine der fünf Säulen ihres Glaubens. Die anderen vier sind das Aussprechen des Glaubens an Gott und den Propheten Mohammed, das fünfmalige Gebet am Tag, das Entrichten von Almosen und die einmal im Leben zu absolvierende Wallfahrt nach Mekka. Im Ramadan fastet der Gläubige zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
Während dieser Zeit isst und trinkt er nicht und hat auch keinen Geschlechtsverkehr. Das sind die äußeren Regeln. Innerlich soll sich der Muslim ganz besonders in diesem Monat von Sünden jeder Art fernhalten und seine Beziehung zu Gott erneuern. Dieses innere Fasten hat einen mindestens ebenso großen Stellenwert wie die äußere Enthaltsamkeit.
Erst, wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, ist das Fasten aufgehoben. Dann, so ist es Tradition in gläubigen Familien, trifft man sich in der Familie oder auch mit Freunden, etwa in der örtlichen Moschee, zu einem gemeinsamen Abendessen.
Dabei geht es eher um besinnliche Begegnungen, keinesfalls um ausgelassene Partys. Erst am Ende des Ramadans steht das Ramazan-Fest, das hierzulande eher als Zuckerfest bekannt ist. Das ist in der Tat ein großes, buntes, fröhliches Fest, das auch eine große religiöse Bedeutung hat. Das – und das ist wichtig – wird aber eben nur an einem Tag gefeiert und nicht viereinhalb Wochen lang wie beim Festi Ramazan in Dortmund.
Festi Ramazan ist wie der Weihnachtsmarkt eine kommerzielle Veranstaltung
Das Festi Ramazan ist demnach wie der Dortmunder Weihnachtsmarkt in der Innenstadt eine weltliche, kommerzielle Veranstaltung. Sie muss daher losgelöst von jeder religiösen Verschleierung auch wie eine solche bewertet werden.
Daher kann die entscheidende Frage nur sein: Würde irgendein beliebiges anderes Fest – etwa eine viereinhalbwöchige Kirmes – genehmigt, die wochentags um Mitternacht, am Wochenende gar erst um 1 Uhr nachts schließen und wo angesichts der Abfahrten erst eine Stunde später Ruhe einkehren würde?
Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Erst recht nicht, wenn zahlreiche Anwohner im Umkreis des Festplatzes leben, deren Nachtruhe wochenlang empfindlich gestört wird.
Beim Weihnachtsmarkt muss wochentags um 21 Uhr Schluss sein – für das Festi Ramazan gilt das nicht
Beim Weihnachtsmarkt in der City beispielsweise muss wochentags um 21 Uhr, an Wochenenden um 22 Uhr Schluss sein. Das sind akzeptable Zeiten. Der Einwand, dass im Mai und Juni zur Zeit des Ramadan die Sonne erst um 21 Uhr oder noch später untergeht und gläubige Muslime erst dann essen und trinken dürfen, zählt nicht. Es ist eben kein religiöses Fest und daher haben sich die Veranstalter an die für alle anderen geltenden Regeln zu halten. So einfach ist das.
Warum der Oberbürgermeister in einer doch nach so einfachen, klaren Kriterien zu lösenden Frage derart rumhampelt, dass er es sich nicht nur mit den Menschen aus der Nachbarschaft des Remydamms verscherzt, sondern auch noch einen Krach mit der Bezirksvertretung Innenstadt-Ost vom Zaun bricht, müsste er selbst erklären. Ich kann es nicht.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
