
© Stephan Schütze
Das Che Coolala war eine der außergewöhnlichsten Live-Bühnen Dortmunds
Legenden des Dortmunder Nachtlebens
Alternatives Leben, Punk und globale Klänge: Im Che Coolala zwischen 1980 und 1997 vieles anders als im Rest von Dortmund. Darum war das Eckhaus in Dorstfeld ein besonderer Ort.
Im Dortmunder Nachtleben gab es einmal eine Insel. Sie lag direkt neben den Straßenbahnschienen in Dorstfeld und war ein Anziehungspunkt für alles non-konformistische.
Die Insel ist immer noch da. Nur ihre Bewohner haben sie verlassen. Das Che Coolala, eine alte Eckkneipe mit Live-Bühne im Hinterraum, schloss 1997. Bis vor cirka einem Jahr gab es unter dem Namen TNT eine Nachfolgekneipe mit anderer Ausrichtung. Das originale „Che“ ist nur noch eine Erinnerung an 17 sehr bewegte Jahre.
Das Che Coolala ist Ausdruck eines Wandels in der Freizeitkultur
Am 1.1. 1980 eröffnet das Che Coolala an der Heyden-Rinsch-Straße im Stadtteil Dorstfeld. Die Kulturlandschaft und das Freizeitverhalten verändert sich in dieser Zeit gerade massiv. Und auch in der Gesellschaft ist vieles im Wandel. Die grüne Bewegung, Punk, Selbstorganisation, neue Polit- und Kulturszenen: Im Eckhaus an der Straßenbahnhaltestelle findet vieles zusammen.
Die Vorgeschichte des Che Coolala - erzählt vom Dortmunder Steeldrumms-Pionier Eckhard Schulz:
Hinter dem Che Coolala steht ein Kollektiv aus neun Dortmundern. Einer von ihnen ist Peter Ewers, heute 65 Jahre alt. „Es herrscht Aufbruchstimmung, es ging um Veränderung, die Leute kamen zum Teil aus der Hausbesetzer-Szene“, sagt Ewers.
Die Berliner Kneipen der 80er sind Vorbild für das Che Coolala
Vorbild sind die Berliner Kneipen dieser Zeit. Einfach eingerichtet, frei organisiert, dafür mit hohem politischem und künstlerischem Anspruch. Die Anfangstage versprühen einen Hauch von Anarchie. Peter Ewers erinnert sich bildlich an die Scherbenhaufen, die ein emotional aufgeladenes Publikum beinahe jeden Abend hinterlässt. Und an lose Geldscheine hinter dem Tresen, weil es keine Kasse gibt. „Am Anfang war es eine Punk-Nummer.“
Der Dortmunder Journalist und DJ Klaus Lenser erinnert sich an einen denkwürdigen Abend an der Heyden-Rynsch-Straße im Jahr 1982. Die Hamburger Punk-Band Slime spielt auf der „Tournee zum Untergang“ und die bundesweite Punkszene kommt in Dorstfeld zusammen. Die Stimmung kippt, als ein Besucher des Konzertabends einen Stein auf eine Straßenbahn wirft.
Chaos und Polizeieinsatz bei Konzert der Punkband Slime
Als Punks danach Polizeibeamten die Mützen abnehmen, eskaliert die Situation. „Um uns herum tobte ein Kleinkrieg zwischen Polizisten und Punks“, sagt Klaus Lenser. Erst ein großes Polizeiaufgebot löst das Chaos auf, das von nun an Teil der Che-Coolala-Legende ist. Stammgäste tragen in dieser Zeit Namen wie „Sid“ Probst (nach Sex-Pistols-Bassist Sid Vicious). Ein Gast in der Zeit ist der Dortmunder Schauspieler Dietmar Bär im Punker-Outfit.
Dann ebbt die Punk-Welle ab. Das Che Coolala bleibt weiterhin anders. Die Kneipe festigt in über 1000 Konzerten in 17 Jahren ihren Ruf als gute Live-Bühne mit einem guten Riecher für die Qualität der Künstler. Die alternative Szene sieht und hört hier Folk, Blues und Punk. Dargeboten von Größen der damaligen Zeit.

Das Originalplakat des Konzerts des niederländischen Blues-Musikers Herman Brood. © Peter Ewers
Der Niederländer Herman Brood ist der erste große Name, der dem Betreiber-Kollektiv zittrige Knie bereitet. Weitere wie Blaine L. Reininger oder Richard Horowitz folgen.
Das Che Coolala öffnet sich in Richtung Weltmusik - bevor es den Begriff überhaupt gibt
Das „Che“ öffnet sich in seinem Programm schon früh in Richtung anderer Klänge. Was heute als Global Pop erfolgreich vermarktet wird, hat im Che Coolala schon in den 1980er-Jahren stattgefunden. Afrikanische Superstars wie Thomas Mapfumo und andere stehen hier auf der kleinen Bühne.
In späteren Jahren ist Dorstfeld einer der ersten Orte für die Salsa- und Tangotanzszene, die heute weit verbreitet ist. „Wir waren immer für die Nische da“, sagt Peter Ewers. Und spricht auch von einem gewissen „missionarischen Charakter“, den Menschen zu zeigen, was es noch für Kunst gibt neben der, die eh schon alle kennen.
Ein Ursprung für viele Dinge, die in der alternativen Szene heute noch Platz haben
Das mündet nicht in wirtschaftlichen Erfolg. Aber es hat doch vielen Dortmundern ziemlich unvergessliche Erinnerungen an einen besonderen Ort gebracht. „Es war Leben in seiner prallsten Form“, sagt Peter Ewers. Klaus Lenser sagt als langjähriger Beobachter der Dortmunder Nachtleben-Szene: „Für die alternative Szene war das Che Coolala sehr wichtig.“ Viele Ideen, die hier ihren Ursprung hatten, haben heute noch ihren Platz in der Kulturlandschaft.
Der Che-Coolala-Geist selbst wird mit unregelmäßigen Partys noch gelegentlich wiederbelebt.
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
