Auf weiten Strecken ist die Emscher schon abwasserfrei und renaturiert. Am Zufluss zum Klärwerk in Deusen werden aber aus dem Kanal Proben zum Aufspüren von Coronaviren genommen.

© Stephan Schütze (A)

Corona im Abwasser? Wissenschaft sucht nach Viren in der Emscher

rnForschungen zu Frühwarnsystem

Antigen- und PCR-Tests sind nicht die einzige Möglichkeit, Coronaviren nachzuweisen. Auch im Abwasser hinterlassen sie Spuren. Bei der Erforschung spielt die Emscher in Dortmund eine Rolle.

Dortmund

, 07.05.2021, 07:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Nicht nur im Blut und in den Schleimhäuten hinterlässt das Coronavirus Spuren. Nachweisbar ist es auch in anderen Hinterlassenschaften des Menschen - in Fäkalien, die in der Regel mit dem Abwasser weggespült werden und in Dortmund meist im Emscherkanal landen.

Diese Erkenntnis macht sich jetzt die Wissenschaft zunutze. In einigen europäischen Ländern wie den Niederlanden, Luxemburg und der Schweiz will man durch die Analyse von Abwasser ein Frühwarnsystem schaffen, um die Ausbreitung des Coronavirus frühzeitig eindämmen zu können.

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Tatsächlich war es schon im Februar 2020, also zu Beginn der Pandemie in Europa, niederländischen Wissenschaftlern gelungen, wenige Infizierte pro 100.000 Personen anhand des Erbguts von SARS-2-Coronaviren in Abwässern aus sechs Kläranlagen nachzuweisen.

EU will Abwasser-Überwachungssystem

Auch die EU ist bereits auf den Plan gerufen. Die EU-Kommission hat alle Mitgliedstaaten aufgerufen, künftig regelmäßig das Abwasser auf Coronaviren zu untersuchen. Über effektive Abwasser-Überwachungssysteme sollen Daten gewonnen und den Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden.

Experten in Deutschland bremsen allerdings die Euphorie etwas. Hier wird noch eifrig geforscht - auch mit Hilfe der Emschergenossenschaft. Man arbeite dabei mit verschiedenen Instituten wie dem Helmholtz-Institut für Umweltforschung in Leipzig und der Technischen Universität Darmstadt zusammen, bestätigt Ilias Abawi als Sprecher der Emschergenossenschaft.

Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft, an der Emscher in Deusen.

Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft, an der Emscher in Deusen. © Stephan Schütze (A)

Dazu wurden und werden auch am Zulauf zum Emscher-Klärwerk in Deusen Proben genommen - als Teil eines Praxistests an dem bis zu 50 Kläranlagen aus ganz Deutschland teilnahmen. Sie stellten den beteiligten Instituten 24-Stunden-Mischproben und Primärschlamm zur Verfügung.

Die Proben werden so aufgearbeitet, dass die virale RNA extrahiert werden kann. Danach folgt wie üblich ein PCR-Test.

„Dunkelziffer“ und Mutationen am Abwasser erkennen?

Ein möglicher Effekt: Möglicherweise kann man mit Hilfe der Abwasser-Analyse und der gemessenen „Viren-Fracht“ der Dunkelziffer bei den Corona-Infektionen auf den Grund gehen - also dem Umstand, dass Infizierte gar nicht getestet und gemeldet werden, weil sie keine Krankheitssymptome haben.

Die Wissenschaftler gehen außerdem davon aus, dass Abwasser zur Detektion von Virusmutationen genutzt werden kann. Der relative Anteil verschiedener Mutationen, die in einem Einzugsgebiet auftreten, könnte so mit Hilfe von verhältnismäßig wenigen zu analysierenden Proben beurteilt werden, heißt es.

Die Kläranlage der Emschergenossenschaft in Deusen, gut erkennbar an den beiden Faultürmen, spielt bei der Erforschung von Coronaviren im Abwasser eine wichtige Rolle.

Die Kläranlage der Emschergenossenschaft in Deusen, gut erkennbar an den beiden Faultürmen, spielt bei der Erforschung von Coronaviren im Abwasser eine wichtige Rolle. © Stephan Schütze (A)

Theoretisch ließe sich die Quelle der Viren dann weiterverfolgen bis in die Nebenkanäle der Emscher und die Abwasserkanäle einzelner Straßen hinein, erklärt Abawi.

Noch viel Forschung nötig

„Die Wasserwirtschaft kann so einen Beitrag leisten, Infektionen zu erkennen und ein Frühwarnsystem zu schaffen“, bilanziert er. Die Emschergenossenschaft mit dem Klärwerk in Deusen und der Lippeverband, der in Dortmund das Klärwerk am Körnebach betreibt, seien dazu bereit. „Allerdings stehen wir dabei noch ganz am Anfang. Es ist noch reichlich Forschung nötig“, schränkt Abawi ein.

Das bestätigt auch Susanne Hufe als Sprecherin des Leipziger Helmholtz-Instituts. Ein Problem sei etwa, dass die Einzugsgebiete der Kläranlagen nicht deckungsgleich mit den Regionen sind, für die das Robert-Koch-Institut (RKI) die jeweiligen Infektionen erfasst und ausweist. Im Fall der Emscher beziehungsweise des neuen Emscher-Abwasserkanals in Dortmund ist das noch relativ einfach.

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