Dortmunder Ladesäulen-Hersteller Compleo trennt sich von Chef Zwei Wechsel im Vorstand

Compleo zieht Reißleine – zwei Wechsel im Vorstand
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Es hatte sich abgezeichnet: Wirtschaftliche Probleme und die Aktie mit rund 8,50 Euro weiter auf Sinkflug – am Freitag (28.10.) hat der Dortmunder Ladesäulen-Hersteller Compleo Charging Solutions AG die Reißleine gezogen.

Per Ad-hoc-Meldung teilte das börsennotierte Unternehmen zwei Wechsel im Vorstand mit. Der Aufsichtsrat habe sich mit dem Vorstandsvorsitzenden und Finanzchef Georg Griesemann sowie mit Jens Stolze, Vorstand für das operative Geschäft, am Freitag darauf verständigt, dass beide mit Wirkung zum 1. November 2022 als Vorstandsmitglieder aus der Gesellschaft ausscheiden.

„Die Niederlegung der Vorstandsmandate erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat aufgrund unterschiedlicher strategischer Auffassungen über die künftige Ausrichtung der Gesellschaft, insbesondere zur Zukunft des Geschäftssegments Software sowie der Produktionsstrategie“, heißt es in der Ad-hoc-Meldung.

Jörg Lohr neuer Vorstandschef

Auch die Nachfolger stehen schon bereit. Vertriebsvorstand Jörg Lohr wird ab 1. November neuer Vorstandsvorsitzender. Er soll auch die Verantwortung für Stolzes bisherigen Bereiche Service, Operations und Produktion übernehmen. Zudem hat der Aufsichtsrat beschlossen, Peter Hamela ab 1. November zum Finanzvorstand zu bestellen.

Die Herausforderungen für beide sind nicht leicht. Der Ladesäulen-Hersteller schließt zum Jahresende seine beiden Werke in Paderborn und Schlangen. Den 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort wurde bereits gekündigt.

Hergestellt werden an den beiden Standorten Wallboxen, mit denen Elektroautos in Garagen oder Tiefgaragen aufgeladen werden können. Während aber in der gesamten Compleo-Gruppe das Geschäft mit AC- und DC-Ladestationen im ersten Halbjahr 2022 den Erwartungen entsprach, blieben die Verkaufszahlen für die Wallboxen hinter den gesteckten Zielen zurück. Der Betrieb war nicht kostendeckend.

Jörg Lohr, ab 1. November neuer Vorstandschef von Compleo.
Jörg Lohr ist zum 1. November neuer Vorstandschef von Compleo © Compleo/Frank Peterschröder

Produktportfolio zu unscharf

Nicht nur mit dem Kauf des ostwestfälischen Konkurrenten „wallbe“, der auch Wallboxen herstellte, auch mit der Übernahme der E.ON-Tochter „Innogy eMobility Solutions GmbH“ scheint Compleo zu schnell gewachsen zu sein.

Der neue Vorstandsvorsitzende Jörg Lohr war erst vor rund sieben Monaten als Geschäftsführer zu Compleo gewechselt, um das Unternehmen mit seinen über 600 Mitarbeitern am Standort Dortmund zu konsolidieren. Bereits am 1. September wurde er zum Vertriebschef bestellt und in den Vorstand berufen.

Vor wenigen Wochen hatte Lohr gegenüber dieser Redaktion erläutert, woran es bei Compleo krankt. So habe man durch die Zukäufe das Produktportfolio nicht genug geschärft.

„Interne Faktoren“

Neben Lieferkettenproblemen und dem Wegfall der staatlichen Förderprogramme zur Installation von Wallboxen im privaten Bereich machte der neue Vorstandsvorsitzende auch „interne Faktoren“ für die wirtschaftlichen Probleme und das Aktien-Tief verantwortlich. So gebe es einige Doppel-Strukturen in der Compleo-Gruppe und zu viele verschiedene Produkte.

Um das Unternehmen wieder auf die Spur zu bringen, gelte es jetzt, sich klarer auf die stärksten Produkte zu fokussieren und Redundanzen abzubauen, so Lohr. Im Mittelpunkt stehe insbesondere die Weiterentwicklung der eigenen Ladestations- und Softwareprodukte hinsichtlich des Kundenbedarfs und ein wettbewerbsfähigerer Kundenservice.

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