Es war ein Handyton der Warn-App Nina, der Pauline Korte signalisierte, dass es nun ernst werden würde. Die 26-Jährige hatte sich schon schlafen gelegt. Sie war im Begriff, die Augen zu schließen, als sich das Smartphone gegen Mitternacht meldete: Warnung! In Dortmund wurde eine Weltkriegsbombe gefunden!
Gänzlich aus dem Nichts kam die Nachricht für Pauline nicht. Sie durchläuft derzeit die Ausbildung zur Redakteurin beim Verlag dieser Redaktion, arbeitet bei der Recklinghäuser Zeitung. Sie hatte die Berichterstattung über den Bombenfund an der B1 auf unserer Webseite www.ruhrnachrichten.de/Dortmund zwischenzeitlich verfolgt und geahnt: Bei einer Evakuierung könnte ihre Wohnung betroffen sein.
Die Warn-App Nina, erzählt Pauline am Mittwochvormittag (31.1.), habe ihr einen Evakuierungsradius angezeigt, bei dem sie ihre Wohnungen knapp außerhalb des Radius wähnte. „Die Informationslage war schwierig“, sagt die 26-Jährige. Ihr Eindruck war: „Niemand wusste, was los ist.“
Decke, Kissen und Tee
Erst als Pauline den Evakuierungsradius sah, den die Stadt Dortmund veröffentlicht hatte, war ihr endgültig klar, dass an Schlaf vorerst nicht zu denken sein würde. Ihre Wohnung befindet sich südlich der Ophoff-Kreuzung - zirka 220 Meter vom Bombenfundort entfernt. Evakuiert werden musste in einem Radius von 250 Metern um den Fundort. Pauline war unter den rund 2000 betroffenen Anwohnern.
Sie beobachtete, wie Nachbarn ihre Fenster geöffnet hatten, um auf die Straße zu sehen und möglicherweise etwas zu entdecken. Pauline hielt die Füße still. „Ich habe es ausgesessen.“ Eine ältere Nachbarin, die sie getroffen habe, habe bis dahin von nichts gewusst. „Begeistert war sie nicht, als sie davon erfuhr“, erinnert sich Pauline an das Gespräch mit der Frau.
Erst zwischen 2 und 2.30 Uhr sei die Feuerwehr mit Lautsprecher-Durchsagen in ihrer Straße gewesen. „Wir sollten uns bereithalten“, gibt Pauline deren Inhalt wieder. Einsatzkräfte kämen auf die Anwohner zu.
Pauline entwickelte einen Schlachtplan. Sie packte Decke und Kopfkissen ein, kochte eine Kanne Tee und machte sich eine Wärmflasche fertig. „Ich wollte damit ins Auto und dort ausharren, bis die Entschärfung erledigt ist“, sagt sie.
Pauline zog es durch, setzte sich ins Auto. „Ich dachte, so lange kann das ja nicht dauern“, erinnert sie sich. Doch da hatte sich die 26-Jährige getäuscht.
Die Zeit verging. „Irgendwann musste ich auf die Toilette“, erzählt sie. Doch zu Freunden oder Bekannten konnte sie nicht, war auf sich gestellt. Ihr Partner war berufsbedingt nicht in Dortmund.
Zu Fuß nach Hörde
Pauline fasste den Entschluss, zur Evakuierungsstelle zu laufen. Diese war im Phoenix-Gymnasium an der Seekante 12 in Hörde eingerichtet worden. Die 26-Jährige sagt, sie habe nicht gewusst, ob sie dort parken könne. Deshalb sei sie nicht mit dem Auto gefahren.

„Die Johanniter haben dort etwas Tolles auf die Beine gestellt“, sagt sie über die Evakuierungsstelle. „Ich hätte gleich dorthin laufen sollen.“ In der Turnhalle der Schule habe es Sitzgelegenheiten, Matten zum Schlafen, Snacks und Getränke gegeben. Und obwohl es sehr laut gewesen sei, habe sie eine Stunde schlafen können. „Keine Ahnung, wie ich das gemacht habe.“ 300 Menschen waren nach Angaben der Stadt in der Halle.
Gegen 5 Uhr, als die Entschärfung geglückt war, wurde Pauline von einem der anderen Gäste in der Evakuierungsstelle mit der freudigen Nachricht geweckt. Sie beschloss, erneut den Fußweg anzutreten.
Gegen 5.30 Uhr war Pauline zu Hause und wollte nur noch ins Bett. Doch bis 6 Uhr habe sie wegen des Lärms von Martinshörnern kein Auge zugetan. Senioren seien mit Krankenwagen von Hörde zu dem evakuierten Seniorenheim an der B1 zurückgebracht worden. „Die Sirenen haben alle gehört. Dabei waren die Straßen doch frei“, wundert sich Pauline. Ihr Fazit der Nacht: „Chaotisch, aber nett.“
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