Besonderes Café im Brückviertel eröffnet Die Mitarbeiter sollen hier „fit werden für den Arbeitsmarkt“

„Was Menschen heute brauchen, ist gesundes und nachhaltiges Essen“
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Was in den Körben liegt, heißt nicht „Brötchen“. Nein, das ist eine kulinarische Kreuzung, wie Café-Chef Oliver Bülskämper erklärt: Er habe die Rezepte von englischem Scone und französischem Baguette gemischt - und in der Tat sind das Süßliche und das Krosse deutlich zu schmecken.

So hat das Gebäck - pur, mit Sonnenblumenkernen oder mit Rosmarin und Thymian - auch einen neuen Namen: „Scagget“. Und das gebe es nur hier bei ihm, sagt der 37-Jährige. Im „Café Bäumchen“ unweit der Brückstraße, das vor wenigen Wochen an der Ecke Reinoldistraße/Bischofsgasse eröffnet hat.

Eine berufliche Chance für viele

Eine neue Mischung - das passt auch zum Laden. Hier arbeiten viele, die anderswo kaum eine Chance hätten, Arbeit zu finden. Oder kaum eine Chance.

Menschen mit und ohne Behinderungen gehören in Küche und Service zum „Bäumchen“-Team. Der gelernte Koch Bülskämper will auch denen eine Chance geben, die in ihrer Suchtgeschichte abgerutscht sind und die es schwer haben, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

Bäumchen will Menschen „auffangen“

„Bei uns steht der Mitarbeiter im Fokus. Es ist das Ziel, die Menschen aufzubauen, dass sie sich Kenntnisse aneignen können, um möglicherweise irgendwann fit zu sein für den ersten Arbeitsmarkt.“

Bülskämper spricht von Menschen, die „eigentlich zu fit“ seien für eine Beschäftigung in einer Behindertenwerkstatt. Aber: „Sie schaffen den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt nicht. Wie ganz viele Menschen sind sie in einer Nische. Diese Menschen will das Bäumchen auffangen.“

Im neuen Café an der Ecke Reinoldistraße/Bischofsgasse steht tatsächlich ein Baum, wenn auch kein echter.
Im neuen Café an der Ecke Reinoldistraße/Bischofsgasse steht tatsächlich ein Baum, wenn auch kein echter. © Althoff

„Sozialer Auftrag für Dortmund“

„Die Menschen sollen Früchte tragen“, fährt Bülskämper fort. 15 Mitarbeiter habe er derzeit, darunter auch drei Azubis zum Beikoch im dritten Lehrjahr, die man auf dem Weg zur Abschlussprüfung vorbereite. Es gebe Kooperationen, unter anderem mit dem CJD und der Handwerkskammer.

Später wolle er auch einen Ausbildungsplatz anbieten, „für Menschen mit und ohne Handicap“, betont Bülskämper. Die Warteliste mit möglichen Mitarbeitern sei lang. „Wir sind nicht einfach ein Café, wir haben auch einen sozialen Auftrag für Dortmund.“ Der Genuss ist dem Chef dennoch wichtig - auch das macht er deutlich.

Englisches Scone? Ein Stück französisches Baguette? Nein, das hier ist eine Kreuzung daraus. "Café Bäumchen"-Chef Oliver Bülskämper hat sie "Scagget" genannt.
Englisches Scone? Ein Stück französisches Baguette? Nein, das hier ist eine Kreuzung daraus. "Café Bäumchen"-Chef Oliver Bülskämper hat sie "Scagget" genannt. © Althoff

Von Currywurst bis Fallafel-Bowl

Da sind nicht nur die „Scaggets“, sondern auch viele Bowls von der Frühstücks-Variante über Hähnchen-Curry und Pulled Beef bis zu vegetarischen Versionen wie Kartoffelstampf oder Mixsalat mit Fallafel und Rote-Bete-Hummus.

Auf der Mittagskarte stehen auch Schnitzel, Currywurst und Rinderroulade. Hinzu kommen wöchentlich wechselnde Angebote. „Ich finde, was die Menschen heute brauchen, ist gesundes Essen, ist nachhaltiges Essen“, sagt Bülskämper: „Jeder sollte ein bisschen Rücksicht nehmen auf Gesundheit und Umwelt.“

Milch kommt in Glasflaschen

Die Milch beziehe er in Glasflaschen vom Bauern. Vieles erhalte er geliefert aus der Region. Wer Essen oder Getränke mitnehme - auch das sei ja möglich - bekomme kein Plastik-Geschirr oder Alu-Verpackungen, sondern Miet-Geschirr.

Derzeit hat das Café Bäumchen montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr geöffnet. Doch Bülskämper plant weiter: Abendveranstaltungen wie Krimi- oder Comedy-Dinner solle es ab 2024 geben. Außerdem sollen die Standbeine Catering und Seminarräume ausgebaut werden. Allein schon für die finanzielle Sicherheit.

Langfristig auf eigenen Beinen

Das „Café Bäumchen“ hat zwar eine Anschubfinanzierung bekommen. Aktion Mensch oder der Landschaftsverband Westfalen-Lippe unterstützen dieses Konzept, das es laut Bülskämper „ansonsten nirgendwo in Deutschland gibt“, höchstens in den USA oder den Niederlanden.

Doch längerfristig müsse das Bäumchen so stabile Wurzeln haben, das es sich selbst trage. „Es läuft gut an, es gibt eine rege Nachfrage“, sagt Bülskämper nach den ersten Wochen. Wenn er nach dem Winter auch die Genehmigung für die Außengastronomie gebe, werde man sicherlich auch noch präsenter hier ein paar Meter entfernt vom Platz von Leeds.

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