Seit mehreren Jahren schon gibt es eine Karte der ‚bemerkenswertesten Menschen‘, sortiert nach Geburtsort. Angeordnet auf einem virtuellen Planeten, kann man auf einer 3D-Karte schauen, welchen Personen an welchen Orten am bekanntesten sind. Wer bei Deutschland sofort aufploppt? Adolf Hitler, Karl Marx, Martin Luther und natürlich Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Aber wie sieht es in Dortmund aus?
Die Kurzfassung: Zumindest weniger kontrovers. Denn laut der Karte ist der bekannteste Dortmunder der Fußballer Marco Reus (*31. Mai 1989), der lange Zeit eine BVB-Legende war, die nun aber für die US-Mannschaft LA Galaxy aufläuft. Direkt dahinter: Wilhelm Canaris (*1. Januar 1887 in Aplerbeck), ein NS-Doppelagent, der teilweise für den Erfolg von Hitlers Kriegsstrategie verantwortlich war, andererseits aber auch Kontakte zum Widerstand pflegte. An der Stelle hört es aber laut den Erstellern der Karte schon auf mit den sehr bekannten Namen.
Politiker, Pädagogen, Künstler
Die Karte speist ihre Informationen aus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung von 2022. Diese wiederum hat vermeintlich alle ‚bemerkenswerten‘ Personen der Welt zwischen 3500 v. Chr. bis 2018 n. Chr. zusammengetragen und ihren Geburtsorten zugeordnet. Neben den genannten Beispielen handelt es sich in Dortmund vor allem um historisch wichtige Persönlichkeiten, die die Macher für bemerkenswert halten.

Viele davon sind Politiker, meist aus SPD oder NSDAP, die mit ihrem politischen Wirken im Positiven oder Negativen einen Einfluss auf Dortmund und Deutschland um den Zweiten Weltkrieg herum hatten. Ein Beispiel unter vielen ist Kurt Julius Goldstein (*3. November 1914 in Scharnhorst), ein Überlebender des Todesmarsches vom Konzentrationslager Auschwitz nach Buchenwald. Der Dortmunder hat die Zeit in den KZs nicht nur überlebt, sondern danach entschieden, in Schulen und auf Veranstaltungen über sein Schicksal und die dunkelste Phase Deutschlands aufzuklären.
Auch auf der Liste ist Wilhelm Middendorf (*20. September 1793 in Brechten), Pädagoge und Mitbegründer der ersten Kindergärten auf dem heutigen Bundesgebiet, wenn auch nicht in Dortmund direkt. Anders sieht es bei Rudolf Platte aus (*12. Februar 1904 in Hörde), dem sowohl mit einer Straße in Hörde, als auch einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus gedacht wird. Er war bekannter Schauspieler, bekam das Bundesverdienstkreuz und den Ehrenring der Stadt Dortmund.
Auch dabei, und zeitlich näher an Marco Reus als an Middendorf oder Canaris: Alt-Bürgermeister Günter Samtlebe (* 25. Februar 1926 in Schüren), der bekannt war für allerlei markiger Sprüche. Den Dortmunder Hauptbahnhof bezeichnete er etwa mal als „Pommesbude mit Gleisanschluss“, und das Beste am Dortmunder Weinfest sei für ihn immer „datt Pils danach“.

Wo sind die anderen Fußballer?
Viele weitere Namen, die vielen Dortmundern wohl sofort in den Kopf kämen, fehlen allerdings komplett. Der Grund dafür ist die Methode, mit der die Karte erstellt wurde. Je nach Region wurde nämlich immer nur der am meisten bei Wikipedia gesuchte Eintrag ausgewertet. Bei knappen Rennen fallen da einige raus, nach anderen Persönlichkeiten wird möglicherweise einfach selten bei Wikipedia gesucht.
Bekannte Personen, die zum Beispiel für Fußballfans womöglich als unersetzbar gelten, fehlen demnach einfach. Klar, BVB-Fans würden nun eine ganze Reihe Spieler aufzählen, das muss vielleicht nicht sein. Aber zumindest Franz Jacobi (*20. Juli 1888), Mitbegründer des BVB, darf eigentlich ebenso wenig fehlen, wie der Mitbegründer des FC Bayern München, Benno Elkan (*2. Dezember 1877), der ebenfalls ein Dortmunder war und sogar den ersten Dortmunder Fußballverein gründete: den DFC 1895. Gleichzeitig war er Bildhauer und seine Werke lassen sich noch heute beispielsweise als Grabdenkmäler auf dem Ostfriedhof bestaunen.
Eltern des Grundgesetzes
Zudem hatte Dortmund auch bekannte Persönlichkeiten, die nicht in SPD oder NSDAP waren, aber dennoch eine Menge für die heutige Bundesrepublik getan hatten. Lambert Lensing (*14. November 1889), Gründer der immer noch existenten Dortmunder Zeitung ‚Ruhr Nachrichten‘, war nicht nur Verleger, sondern gilt als einer der Väter des Grundgesetzes. Er setzte sich vor allem für die Pressefreiheit in der neu geschaffenen Republik ein.

Und wie könnte es anders sein, als dass Dortmund sogar eine ‚Mutter des Grundgesetzes‘ hatte: Helene Wessel (*6. Juli 1898). Sie setzte sich beim Mitverfassen der Artikel des Grundgesetzes vor allem für Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ein. Zudem war sie die erste weibliche Parteivorsitzende der jungen Bundesrepublik, als sie zur Vorsitzenden der Zentrumspartei gewählt wurde – gleichzeitig war sie Fraktionsvorsitzende im Bundestag.
Der Blick in Funk und Fernsehen
Und auch, was Schauspieler angeht, gibt es einige bekannte Dortmunder, die vielen Bürgern der Stadt etwas sagen dürften. Tatort-Kommissar Dietmar Bär (*5. Februar 1961) zum Beispiel, bekannt in seiner Rolle als Freddy Schenk. Aber auch Dieter Pfaff (*2. Oktober 1947), der in zahlreichen Fernsehproduktionen zu sehen war, aber im Jahr 2013 verstarb. Zuletzt muss man noch Jörg Thadeusz (*10. August 1968) erwähnen, der diverse Showformate in Fernsehen und Radio vorweisen kann – und seit 2003 auch Romane schreibt.
Einen weiteren Dortmunder, der vor allem als Autor bekannt geworden ist – sei es auch nicht für Romane – gibt es ebenso: Friedrich Arnold Brockhaus (*4. Mai 1772), der Begründer der Brockhaus Enzyklopädie.
Wo sind die aktuellen Promis?
Was natürlich auffällt: Die fehlenden Persönlichkeiten auf der Promi-Weltkarte bedienen meist ein kleineres Interesse. Autoren, Schauspieler, Fußballer sind nicht entscheidend für die Weltgeschicke, wie Nazis oder ehemalige Bürgermeister von Dortmund. Doch ist besonders auffällig, dass eine Kategorie lediglich mit Marco Reus vertreten ist: die bekanntesten Leute in der Gegenwart, den 2020er Jahren!
Tatort-Liebhaber werden sofort weiter oben auf Dietmar Bär verweisen, doch ist die beliebte deutsche Kriminalsendung oft eher etwas für Menschen ab 45 Jahren. Das geht aus den Statistiken zur Sendung hervor. Dabei gibt es noch eine Menge Dortmunder Persönlichkeiten, die vor allem oder zumindest in gleichen Teilen bei jüngeren beliebt sind.

Generationsübergreifend beliebt ist vor allem Torsten Sträter (*4. September 1966), der als Comedian sogar häufig auf die Stadt Dortmund zu sprechen kommt. Die Schönheit Dortmunds kommentierte er in einer Nummer beispielsweise so: „Als die Alliierten damals mit ihren Bombern über Dortmund flogen, haben sie herunter geguckt und gesagt: ‚Oh, hier waren wir wohl schon‘.“
Bekannt bei jüngerer Generation
Ebenfalls seit einigen Jahren bekannt, dafür aber inzwischen mit riesiger Reichweite ist der Dortmunder Lottomillionär Chico, (*09. November 1980), mit bürgerlichem Namen Kürsat Yilderim. Mit seinen Auftritten im TV aber auch in sozialen Medien ist er gerade auch jüngeren ein Begriff, wenn es um bekannte Dortmunder geht.

Und wer in Dortmund die Begriffe ‚Soziale Medien‘ und ‚bekannte Personen‘ gemeinsam nennt, darf eigentlich auch Sydney Hoffmann (*2. September 1979) nicht unerwähnt lassen. Der Moderator gründete mit JP Krämer die Five Star Performance GmbH in Dortmund und tritt seit fast 20 Jahren oft mit Krämer im TV auf. JP Krämer jedoch, wenn auch für viele als Dortmunder abgespeichert, wurde eigentlich in Plettenberg geboren.
Und wenn man dann noch einen Schritt weiter geht, kommt man von sozialen Medien ins immer beliebtere Streaming- und Web-Video-Business. Auch da gibt es einen bereits seit vielen Jahren aktiven Dortmunder. Vermutlich werden wenige Fans den 34-jährigen Daniel Hagen (*7. Mai 1990) unter seinem klaren Namen kennen, doch als ‚Dhalucard‘ begeistert er mit Videos über Videospiele Millionen Deutsche zwischen 12 und 40 Jahren.