„Müssen gucken, dass wir noch Einwanderung bekommen“ Sabine Poschmann (SPD) im Interview

Sabine Poschmann (SPD): „Müssen gucken, dass wir noch Einwanderung bekommen“
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Frau Poschmann, was ist das für Sie drängendste Problem in Dortmund?

Ein wesentliches Thema ist im Moment der Arbeitsplatzabbau in Dortmund. Da geht es um Thyssenkrupp, Wilo, aber auch den Einzelhandel. Die Leute haben Ängste und deshalb müssen wir die Wirtschaft stabilisieren, aber auch für die Zukunft bereit machen. Also auch auf Wasserstoff umstellen, dass sie wieder aktiv am Markt und wettbewerbsfähig sein können. Ich denke, das ist das wesentliche Problem und hier müssen wir stabilisieren, eine Zukunft zu geben.

Zum Thema

Das ist Sabine Poschmann

  • Wahlkreis Dortmund II
  • Alter: 56
  • Wohnort: Aplerbeck
  • Familienstand: verheiratet, ein Kind
  • Beruf: Bundestagsabgeordnete, zuvor in der Strategieabteilung von DEW21 tätig
  • Partei: Beratendes Mitglied im Vorstand der SPD Dortmund
  • Vorherige Kandidaturen: Bundestagswahlen 2013, 2017, 2021

Es wurde viel beschlossen rund die Regulierung von Migration. Was würden Sie an der aktuellen Migrationspolitik ändern?

Wir brauchen Einwanderung, um weiterhin Fachkräfte zu bekommen. Alleine schaffen wir das nicht mit den Inländern. Von daher müssen wir weiter gucken, dass wir aus anderen Ländern noch Einwanderung bekommen. Und wenn wir weiter einen Rechtsruck hier erleben, dann kommen die nicht zu uns, sondern gehen dahin, wo sie auch willkommen sind. Das müssen wir, glaube ich, noch lernen.

Und auf der anderen Seite müssen wir irreguläre Migrationen auch weiter einschränken und vor allen Dingen die Verfahren beschleunigen. Wir müssen mehr auf die europäische Ebene gehen und nicht sagen: „Wir schließen nationale Grenzen.“

Wären Sie eher für mehr Begrenzungen oder würden Sie sagen, das ist so, wie wir es bisher machen, eigentlich ein guter Weg?

Wir haben schon wesentliche Gesetze erlassen und es ist ja auch so, dass wir vergangenes Jahr ein Drittel weniger Asylgesuche hatten in Deutschland. Also das zeigt, es wirkt schon, aber wir müssen da schneller werden, auch den Menschen zu sagen: „Könnt ihr jetzt hier bleiben oder nicht? Könnt ihr eine Ausbildung anfangen oder nicht?“ Ich glaube, das würde uns sehr helfen, wenn wir die Verfahren jetzt noch mal beschleunigen.

Lebensmittel, Miete, Energie - gefühlt und auch tatsächlich wird alles teurer. Was wollen Sie dagegen tun?

Wir wollen, dass man Leben bezahlen kann in Deutschland. Deshalb wollen wir auf der einen Seite die Steuerzahler stärken. Wir wollen 95 Prozent der Steuerzahler entlasten, dass sie sich mehr leisten können. Und auf der anderen Seite wollen wir auch die Preise begrenzen und zum Beispiel im Lebensmittelbereich die Mehrwertsteuer von sieben auf fünf Prozent senken.

Viele Bürger suchen vergebens eine für sie passende Wohnung oder ein Haus. Nennen Sie Ihre Idee für die Lösung dieses Problems.

Ich glaube, da sind drei wesentliche Sachen. Einmal müssen wir mehr in den Neubau gehen, der ist natürlich begrenzt. Auf der anderen Seite müssen wir den Altbau besser nutzen. Und die dritte Sache ist, dass wir auch Mieten begrenzen müssen. Das tun wir im Moment, aber da müssen wir noch stärker ansetzen.

Wir müssen bessere Rahmenbedingungen setzen für die Bauwirtschaft, auch hier Beschleunigung, Systembau schaffen, dass wir da weiterkommen. Aber auch ein Zusammenleben von jung und alt in größeren Räumen erschaffen, junge Menschen unterstützen, dass sie Wohneigentum erwerben können und Ältere sich dann vielleicht eine barrierefreie Wohnung leisten können.

Sabine Poschmann beim Interview mit Ruhr-Nachrichten-Redakteur Thomas Thiel im Videostudio des Medienhauses
Sabine Poschmann beim Interview mit Ruhr-Nachrichten-Redakteur Thomas Thiel im Videostudio des Medienhauses © Stephan Schuetze

Trump, Kickl, Le Pen. In vielen Ländern erleben wir gerade eine Stärken der politischen Extreme. Was wollen Sie dagegen machen?

Ich glaube, wir müssen unsere Politik besser machen. Wir müssen sie besser kommunizieren, damit die Menschen wieder mehr Zuversicht haben. Das haben sie gerade, glaube ich, etwas verloren und von daher ist es einmal die gute Politik, die Kommunikation, aber auch die Prävention, also mehr in Bildung und Informationen stecken, die Leute auch besser zu informieren.

Was ist Ihr wichtigstes Thema für die kommenden vier Jahre in Berlin?

Ich arbeite ja jetzt schon als Abgeordnete in den Bereichen Wirtschaft und Sport. Zur Wirtschaft haben wir gerade schon was gesagt. Da ist es mir wichtig, nicht nur die Industrie zu erhalten, sondern auch den Mittelstand zu stärken. Da geht ja eins ins andere über.

Und auf der anderen Seite aber auch im Sport etwas zu tun zur Stärkung der Vereine, weil sie tragen auch viel zur Demokratie, zum Miteinander bei. Und vor allen Dingen brauchen wir eine stärkere Sanierung von Sportstätten, damit Sport auch wieder in einer guten Umgebung möglich ist.

Zum Abschluss vielleicht noch eine persönliche Frage: Haben Sie so was wie ein politisches Vorbild?

Nicht so, wie man sich das so vorstellt. Mein Vorbild ist mein Vater, der hat auch Politik gemacht und ich erwische mich manchmal, wie ich seine Thesen immer noch vorbringe. Das ist nicht altmodisch, sondern manches ist auch zum Glück geblieben. Ich muss dann ein bisschen lächeln, dass ich das so in Erinnerung habe und eigentlich in die gleiche Richtung gehe.

Wofür stand denn Ihr Vater politisch? Wo sagen Sie: „Das gucke ich mir da ab?“

Also mein Vater hat immer auch schwierige Situationen gemeistert. Er hat immer gesagt, Probleme sind da, bewältigt zu werden und ich glaube, so agiere ich auch. Es gibt nichts, wo man sagen kann: „Das haben wir jetzt alles schon gehabt“, sondern man muss sich auf Neues einrichten und man muss auch manchmal gegen den Strom schwimmen. Und ich habe auch schon Sachen erlebt, wo ich gedacht habe, das ist doch toll, dass man so viel bewirken kann für Dortmund, aber auch in Deutschland.

Frau Poschmann, vielen Dank für das Gespräch.