Was ist aus Ihrer Sicht in Dortmund das drängendste Problem und wie wollen Sie es lösen?
In Dortmund wie in ganz Deutschland gibt es viele Menschen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten. Es geht um Arbeitsplatzabbau in der Industrie und das sehe ich als drängendes Problem an. Und dann natürlich steigende Mieten und die hohen Preise. Diese drei Themen: Arbeitsplätze, Mieten, Preise.
Das ist Jan Siebert
- Wahlkreis: Dortmund I
- Alter: 39
- Wohnort: Dortmund
- Familienstand: verheiratet, zwei Kinder
- Beruf: Volkswirt, arbeitet in der Kommunalstatistik der Stadt Hagen
- Partei: Kreisschatzmeister und Vorstandsmitglieder der Linken Dortmund
- Vorherige Kandidaturen: keine
Was müsste sich aus Ihrer Sicht an der Migrationspolitik ändern?
Dass Politikerinnen und Politiker so tun, als ob man an der Migration viel verändern könnte, weckt den falschen Eindruck. Die Migration ist ein Fakt, die muss man erst mal so hinnehmen. Und als Linke sagen wir ganz klar: Mit uns gibt es keine Einschränkung vom Recht auf Asyl. Wir werden das Recht auf Asyl verteidigen. Ansonsten hat es auch viel mit der Ausstattung der Kommunen zu tun: Gibt es vernünftige Gelder vor Ort? Sind die Gelder da? Dann kann man auch Migration ordentlich organisieren.
Was wollen Sie also ändern?
Als Linke wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden. Wenn das so weit ist, kann man auch bei dem Thema Migration viel mehr machen. Ein anderes Thema sind auch die Mieten. Wenn viele migrieren, hat man auch Probleme mit den Mieten auf dem Markt und da muss die Politik mehr machen. Deswegen schlagen wir einen Mietendeckel vor, damit die Mieten nicht immer weiter steigen.
Erklären Sie das mal ausführlicher.
So wie es ist, kann es nicht weitergehen. Die Mieten sind extrem gestiegen, gerade auch im Ruhrgebiet, wo die Mieten traditionell noch nicht so hoch waren, auch in Dortmund. Der Markt ist angespannt. Die Leute finden keine Wohnung mehr. Deswegen wollen wir einen Mietenstopp. Ein Deckel auf die Mieten, dass man sagt: Ab Tag X gibt es keine Erhöhungen mehr. Das ist besonders wichtig, um die Menschen zu entlasten.
Ein weiteres Thema ist de Preissteigerung bei Lebensmitteln und bei der Energie. Was ist da Ihr Ansatz?
Die Preise sind nicht nur aus Angebotsgründen gestiegen, sondern weil sich auch Konzerne die Taschen voll gemacht haben. Die Gewinne sind stark gestiegen und so kann das nicht weitergehen. Als erste Maßnahme wollen wir die Abschaffung der Mehrwertsteuer für die Grundbedarfe, also für das Alltägliche, zum Beispiel für Brot. Da soll gar keine Mehrwertsteuer mehr drauf. Das soll dann auch zwingend weitergegeben werden an die Kundinnen und Kunden. Das würde schonmal eine große Entlastung bringen. Es ist für uns wichtig, dass die Menschen wieder ein bisschen Luft zum Atmen haben und sich den Wocheneinkauf wieder leisten können.

Wir haben politisch ein Erstarken der Extremen auf beiden Seiten erlebt. Wie möchten Sie eine weitere Stärkung verhindern?
Das hat viel damit zu tun, dass die Probleme der Menschen lange nicht gelöst wurden. Es wurde immer wieder versprochen, dass mehr Wohnungen gebaut werden, das ist über Jahre nicht passiert. Genauso bei den steigenden Preisen. In der Industrie fürchten jetzt viele Menschen um ihre Arbeitsplätze, aber die alte Bundesregierung hat nicht investiert. Ob das die zukünftige wird, sei mal dahingestellt. Wenn Leute Angst um ihren Arbeitsplatz haben und merken, dass sie sich das, was sie sich vorher leisten konnten, nicht mehr leisten können, führt das zu Unzufriedenheit. Das darf keine Entschuldigung sein für Rassismus und Rechtsextremismus. Aber natürlich kann eine gute Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik dem ganzen den Nährboden entziehen. Ich denke, wir haben da ein gutes Programm.
Welches Thema wollen Sie im Bundestag als Schwerpunkt haben?
Ich finde schon bedrohlich, dass es gerade sehr viele bedrohte Arbeitsplätze gibt. Und das, weil die Bundesregierung einfach gesagt hat: „Wir müssen besonders viel sparen und wir sparen uns die Investitionen in die Infrastruktur und in die Industrie.“ Den Umbau der Industrie zur Klimaneutralität schaffen wir nicht ohne Investitionen. Wir müssten auch in die Mobilität und in das Bildungssystem investieren. Wenn man das ordentlich macht, rettet man auch die Arbeitsplätze. Das ist mir besonders wichtig.
Wer ist Ihr politisches Vorbild?
Das ist eine interessante Frage, weil man von seinem Vorbild auch enttäuscht werden kann. Am Anfang fand ich Gerhard Schröder interessant, als er sich hier im Ruhrgebiet vor 30 Jahren für die Arbeitsplätze der Bergleute eingesetzt hat. Dann bin ich aber bitter enttäuscht worden. Heute finde ich zum Beispiel Bernie Sanders eine sehr inspirierende Persönlichkeit. Aber eigentlich muss man Politik ohne Ansehen von Personen machen, es muss immer um die Sache gehen.
Vielen Dank für das Gespräch.