Draußen wurde demonstriert, drinnen füllte sich der große Saal der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund (IHK) mit zahlreichen Unternehmern, die aus erster Hand die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Dortmunder Bundestagskandidaten hören wollten. Hannah Rosenbaum (Grüne), hatte ihre Teilnahme vorher abgesagt. Der Grund: Zu den Diskutanten gehörte AfD-Kandidat Heiner Garbe. Für die Grünen ist eine Diskussion mit der AfD tabu: Man wolle „keine Normalisierung im Umgang mit der AfD“ – und daher mit dieser Partei auch nicht diskutieren, hieß es.
Eingeladen zu der von Britt Lorenzen und dem Journalisten Ralph Sina moderierten Diskussion hatte die Westfälische Kaufmannsgilde mit weiteren Wirtschaftsverbänden sowie der Auslandsgesellschaft. So erlebten die Zuhörer vier Dortmunder Bundestagskandidaten, die zu vielen verschiedenen Themen ihre Statements gaben. Beispiel Mindestlohn: Soll er tatsächlich von 12,82 Euro auf 15 Euro pro Stunde steigen?
Sie sei für einen höheren Mindestlohn, sagte Sabine Poschmann (SPD). „Wir müssen arbeitenden Menschen einen ausreichenden Lohn gewährleisten“, so die Sozialdemokratin. Andernfalls seien die Menschen auf Aufstockung ihres Lohns durch staatliche Leistungen angewiesen, „die dann letztlich von den Steuerzahlern getragen werden“, gab sie zu bedenken.
Mindestlohn oder Freibeträge?
Für Michael Depenbrock (CDU) hingegen ist „mehr Netto vom Brutto“ der richtige Weg. Seiner Meinung nach dürfe ein Mindestlohn nicht von der Politik festgelegt werden. Nils Mehrer (FDP) hingegen würde den Hebel eher bei steuerlichen Freibeträgen und flexibleren Arbeitszeiten ansetzen. Die Postion von Heiner Garbe (AfD) lautete: „Ich will gar keinen Mindestlohn.“ Es gebe in Deutschland zwischen bestimmten Gruppen so gut wie keinen Lohnabstand mehr, sagte Garbe. Stattdessen warb er (unter Kopfschütteln der anderen Podiumsteilnehmer) für „eine langfristige Rückkehr zur D-Mark“.

Beispiel Steuern: Michael Depenbrock (CDU), von Beruf Steuerberater, plädierte mit Verweis auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit dafür, Unternehmenssteuern grundsätzlich zu senken. Dem Vorschlag von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck, Abgaben auf bestimmte Kapitalerträge einzuführen, erteilte er eine klare Absage.
SPD will Deutschland-Fonds
Während AfD-Mann Garbe lediglich kurz anmerkte, es dürfe eigentlich gar keine Vermögenssteuer geben, verwies Mehrer (FDP) auf das „Vorbild USA“. Dort würden Unternehmenssteuern auf 15 Prozent gesenkt. Anders SPD-Kandidatin Poschmann: „Steuergeschenke sind nicht das Konzept der SPD für die Wirtschaft“, sagte sie. Sie setze vielmehr auf „gezielte Investitionsanreize durch staatliches Kapital“. Dafür solle der „Deutschland-Fonds“ geschaffen werden.

Unterschiede wurden nicht nur in den Sachthemen deutlich. Sie traten auch in den kurzen Statements zutage, als es um das Menschenbild ging. Das „Abstammungsrecht“ müsse immer Vorrang haben, sagte AfD-Vertreter Garbe, der überdies forderte, „das Bürgergeld abzuschaffen“. Depenbrock (CDU) sagte, er pflege „vor dem Hintergrund des Förderns und Forderns ein positives Menschenbild“. Während Poschmann betonte, für sie seien alle Menschen gleich, hob Mehrer (FDP) hervor, er glaube an den „Einzelnen, nicht an das Kollektiv“.