Die Zeit rennt davon Walter Heinrich macht Schluss und sucht dringend einen Nachfolger

Walter Heinrich sucht dringend einen Nachfolger für „seinen“ Bücherschrank
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Er hat früh Alarm geschlagen: Bereits Ende August hat Walter Heinrich kund getan, dass er aufhört. Zehn Jahre lang hatte er ein Ehrenamt inne, in der August-Sitzung der Bezirksvertretung Huckarde hat er den Lokalpolitikern angekündigt, dass Ende Dezember Schluss ist. Ab Januar muss jemand anders übernehmen – und sich um einen beliebten Bücherschrank im Stadtbezirk kümmern.

Nur: Bisher haben sich keine Nachfolger gefunden. Bezirksbürgermeister Peter Spineux (CDU) ruft daher noch mal eindringlich auf: Interessenten mögen sich melden. Sonst könnte dem Schrank das Aus drohen.

Wir haben Walter Heinrich schon im September an „seinem“ Bücherschrank besucht. Er hat uns erzählt, was zu tun ist – und warum es wichtig ist, dass sich jemand kümmert. Die Geschichte ist erstmalig am 10. 9. 2023 erschienen, nach dem Paten-Aufruf nun veröffentlichen wir sie nochmals:

Als Walter Heinrich vor mehr als zehn Jahren in Rente gegangen ist, hat er einen Plan gefasst: Damit er fit bleibt, erzählt er, hat er sein Zeitungs-Abo abbestellt – und geht stattdessen jeden Morgen zu Fuß zum nächstgelegenen Kiosk, um sich die Zeitung zu kaufen.

Sein persönliches Fitnessprogramm zieht der mittlerweile 75-jährige Dortmunder bis heute durch. Und momentan kombiniert er seine Laufstrecke noch mit seinem Ehrenamt: Walter Heinrich kümmert sich um den Bücherschrank, der in der Jungferntalstraße steht, unweit der Jungferntal-Grundschule. Es ist einer der ältesten Bücherschränke im Dortmunder Westen.

Kein Bücherleser

Vor gut elf Jahren ist er gebaut worden, erinnert sich Heinrich. Damals auf Initiative eines Lokalpolitikers. Die Idee, wie bei allen Bücherschränken, die in den vergangenen Jahren dazugekommen sind: Bücher, die ausgelesen sind oder nicht mehr gebraucht werden, können in den Schrank gestellt werden – andere können sie mitnehmen und lesen.

Als Paten für den Schrank gesucht wurden, hat Walter Heinrich sich sofort gemeldet. Das Überraschende: „Ich bin leider gar kein Bücherleser“, sagt Heinrich, als wir uns an dem Schrank treffen, aus dem er noch nie ein Buch für sich genommen hat. Seine Frau allerdings liebe es zu lesen. Sie verschlinge zum Beispiel alles, was Nora Roberts schreibt.

Bücherschrank in der Jungfertalstraße in Dortmund
Der Bücherschrank, um den sich Walter Heinrich kümmert, steht in der Jungferntalstraße. © Natascha Jaschinski

Dass er als Nicht-Leser trotzdem Bücherschrank-Kümmerer der ersten Stunde war, darin sieht Heinrich keinen Widerspruch: „Wenn etwas Neues entsteht, braucht man Personal“, sagt er.

Am Anfang waren sie eine kleine Gruppe von sechs bis sieben Ehrenamtlichen, die den Schrank in Ordnung gehalten haben. Die ersten Jahre habe das auch gut geklappt, erinnert sich der 75-Jährige. Doch als der Bücherschrank-Initiator starb, „brach alles nach und nach zusammen“.

Die vergangenen fünf Jahre hat Walter Heinrich sich daher komplett alleine um Schrank und Bücher gekümmert. „Ich bin jeden Tag da“, sagt er – außer sonntags, wenn er nicht zum Kiosk läuft. Dass Heinrich im Dauer-Einsatz ist, sieht man dem Schrank an: Die Bücher stehen so ordentlich wie in einer Buchhandlung.

Zwischen 15 und 30 Minuten verbringt der Dortmunder pro Tag am Schrank. Macht sauber, sortiert Bücher, rückt gerade, räumt auf. Entfernt Dinge, die nicht in die Regale gehören. Spielzeug lag schon drin, auch Lichterketten.

Siegfried Deubner ist Stammkunde am Bücherschrank in der Jungferntalstraße in Dortmund
Der Bücherschrank wird gut genutzt – zum Beispiel von Siegfried Deubner, der regelmäßig kommt, Bücher bringt und sich welche mitnimmt. © Natascha Jaschinski

Trotz seiner täglichen Zeitungs-Fitness-Runde merkt Heinrich, dass er älter wird. Auch am Herzen hat er mittlerweile operiert werden müssen. Daher habe er vor Monaten den Entschluss gefasst: „Ich höre wegen meiner körperlichen Verfassung auf.“ Und das zum Ende des Jahres.

Aus Erfahrung weiß er aber: „Kümmert sich niemand um den Schrank, ist dieser schnell total durcheinander.“ Und dann nicht mehr so attraktiv. Das möchte Heinrich in jedem Fall vermeiden: „Dieser Schrank ist von Anfang an gut angenommen worden und ich wünsche mir, dass weitergemacht wird.“

Daher war Heinrich in der vergangenen Bezirksvertretung (BV) Huckarde, die Ende August zusammengekommen ist und hat seinen Rückzug angekündigt. Dort versprachen die Lokalpolitiker, sich zu kümmern. Heinrich hofft sehr, dass sich Nachfolger finden. Er werde zwar weiterhin seine Runden drehen, aber aufräumen, das möchte er ab Januar nicht mehr.

Walter Heinrich am Bücherschrank in der Jungferntalstraße
Jeden Tag – außer am Sonntag – kommt Walter Heinrich, um am Bücherschrank aufzuräumen. © Natascha Jaschinski

  • Walter Heinrichs Traum ist es, dass sich wieder ein Team von Ehrenamtlichen findet, das sich um den Bücherschrank kümmert. Wer Interesse hat, meldet sich am besten bei der Bezirksverwaltung Huckarde unter Tel. 0231/5028410 oder per Mail an bvst-huckarde@dortmund.de
  • Laut Heinrich ist der Schrank mittlerweile „nicht mehr ganz dicht“. Seit den Starkregen in diesem Jahr dringt an einer Seite Feuchtigkeit ein. Er schlägt vor, einen neuen Schrank aufstellen zu lassen.