„Ich hasse den Mann von Verena (Name geändert, Anm. d. Redaktion) bis heute. Ich weiß gar nicht mehr, warum“, sagte ich neulich zu einer Freundin. Sie wiederum kennt Verena nur flüchtig, ihren Mann hat sie nie getroffen.
„Weil der Pisser sie sitzen gelassen hat, mit der Begründung, er wolle seine Jugend genießen und danach wieder angekrochen kam“, half mir meine Freundin wie aus der Pistole geschossen auf die Sprünge.
Männer haben diese Erfahrungen nach Trennungen womöglich schon gemacht: Selbst wenn die Ex-Freundin inzwischen mit allem, was in der Beziehung schiefgelaufen ist, ihren Frieden gemacht hat - aus den Augen der Freundinnen sprüht es bis heute Funken der Wut, wenn man sie trifft.
Ein ungeschriebener Pakt unter Frauen
Die Sache zwischen Verena und ihrem Mann ist Jahre her, inzwischen sind wir beide nicht mal mehr besonders eng befreundet. Doch ihren Partner verachte ich bis heute. Obwohl ich inzwischen eine Minute lang darüber nachdenken muss, was damals eigentlich vorgefallen ist, die Wut auf ihn, als Verena wie ein Häufchen Elend vor mir saß und sich fragte, was sie falsch gemacht hatte, um das zu verdienen, hat sich tief in mein Unterbewusstsein gebrannt.
Ich bin wütender auf Verenas Mann als auf einige der Männer, die mir in der Vergangenheit wehgetan haben. Denn hier kommt ein ungeschriebener Pakt zwischen Frauen zum Wirken: Egal, ob meine Freundin ihrem Ex vergeben hat - ich verzeihe niemals.
Dieses Abkommen, das gilt, ohne jemals darüber gesprochen zu haben, erfüllt meiner Meinung nach zwei Funktionen.
Zum einen kommt man als Person, die mies behandelt wurde, in der Regel nicht darum herum, dem Gegenüber irgendwann zu verzeihen. Nicht, weil die Person das unbedingt verdient hätte, sondern weil man es braucht, um weitermachen zu können. Jahrelang Frust und Wut mit sich herumzutragen, ist häufig anstrengender, als irgendwann einen Strich unter die Geschichte zu machen und nach vorne zu schauen.
In anderen Fällen verzeihen Frauen natürlich auch einfach, weil Menschen Fehler machen. Weil sie den Partner nicht verlieren wollen und seine Entschuldigung annehmen - wie etwa im Fall von Verena.
Kommissarische Verwaltung der Wut
Der Pakt ermöglicht, dass man die eigene Wut und Verachtung in diesen Fällen an die Freundinnen delegiert. Sie müssen nicht verzeihen, weil sie die Ungerechtigkeit nicht selbst erlebt haben und somit auch nicht so nah dran sind. Sie müssen auch nicht vergeben, um die Beziehung zu retten. Sie können die Wut gewissermaßen stellvertretend verwalten.
Zum Anderen haben die Wut und die Unerbittlichkeit der Freundinnen auch eine Signalwirkung. Nicht nur an Männer wie den von Verena, die irgendwann ins Leben der Frau - und somit auch in das der Freundinnen - zurückkehren, sondern auch an zukünftige Partner. Sie zeigen: Egal, ob sie dir vergeben hat oder nicht, ich habe ein Auge auf dich. Ich bin zu 100 Prozent loyal mit deiner Partnerin und wenn du ihr wehtust, wirst du es bereuen.
Als ich Verenas Mann das erste Mal nach ihrer Trennung wieder sah, erzählte mir Verena danach, wie verunsichert er war: „Marie war richtig kühl zu mir, so kenne ich sie gar nicht“, soll er gesagt habe. Ich bin keinesfalls ein Mensch, der es genießt, anderen ein schlechtes Gefühl zu geben. Doch damals dachte ich „Gut so. Das ist dir vielleicht eine Lehre bei der nächsten Aktion, die du abziehst.“
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