Wer ist die Person, die seit dem 1. Oktober 2022 als Vorständin die Geschicke der Dortmunder Hafen AG, also die Geschicke von Europas größtem Kanalhafen im Herzen der Innenstadt lenkt? Die Rede ist von Bettina Brennenstuhl. Sie ist 44 Jahre alt, verheiratet und zählt mit einer Körpergröße von 159 Zentimetern in den Führungsetagen des Stadtkonzerns Dortmund sicherlich zu den etwas kleineren Top-Entscheidern. „Dass ich im Job, wie manchmal behauptet wird, nur deshalb Pumps trage, um größer zu wirken, stimmt einfach nicht. Ich habe schlichtweg ein Faible für diese Schuhart.“

Bodenständig, verlässlich
Trotz der hohen Absätze gilt Bettina Brennenstuhl als äußerst bodenständig. Weggefährten beschreiben die in der Hansestadt Breckerfeld (Ennepe-Ruhr-Kreis) geborene und immer noch beheimatete Hundeliebhaberin zudem als sorgfältig, als strukturiert und zielstrebig, als vernünftig sowie sehr verlässlich. Von daher überrascht es nicht, dass es beruflich stetig aufwärts ging. Von ihren Eltern inspiriert und motiviert, der Vater arbeitete in der Ennepetaler Verwaltung, die Mutter in der von Breckerfeld, machte die ehemalige Oberverwaltungsrätin und heutige Hafen-Vorständin nach dem Abitur – „Note 2,6 – Mathe war nie mein Ding“ – zunächst eine duale Ausbildung zur Diplom-Verwaltungsbetriebswirtin. Um anschließend ein nebenberufliches Studium der Betriebswirtschaft mit Fachrichtung Wirtschaftsrecht zu absolvieren.
Berufliche Stationen
An der Uni Kassel legte sie ebenfalls nebenberuflich einen Masterstudiengang nach, wurde „Master of public administration“. Das öffnete ihr die Türen zur Gemeindeprüfungsanstalt NRW (Herne), wo sie von 2009 bis Anfang 2016 arbeitete. Danach ging es bis Ende August 2020 als Kämmerin und Beigeordnete für die Feuerwehr, den Bauhof und das Ordnungsamt nach Schwerte.
Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung landete Bettina Brennenstuhl dann Anfang September 2020 in Lünen. Als Erste Beigeordnete vertrat sie dort bis September 2022 als „allgemeine Vertreterin“ Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns bei dessen Amtsgeschäften, als Kämmerin kümmerte sie sich nach „bestem Wissen und Gewissen“ darum, die desolate Haushaltslage mit einem Schuldenberg von seinerzeit rund 350 Millionen Euro einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Fachkompetenz
Sowohl in Schwerte als auch in Lünen genoss Bettina Brennenstuhl parteiübergreifend höchsten Respekt wegen ihrer Fachkompetenz und ihrer Persönlichkeit. Da gab es niemanden, der öffentlich oder hinter vorgehaltener Hand Kritik oder Zweifel an ihrer Arbeit äußerte oder aufkommen ließ. Das führt die Vielgelobte darauf zurück, dass sie „offen und ehrlich mit den Menschen umgeht. Ich nenne die Dinge beim Namen, auch wenn es manchmal weh tut – eins und eins sind nun mal zwei und nicht zweikommafünf.“
Zudem lege sie größten Wert darauf, jeden Menschen, egal ob Hausmeister oder Vorstandsvorsitzenden, gleichzubehandeln: „Für mich spielt es nicht die geringste Rolle, was jemand gelernt hat oder auf welcher Position er oder sie arbeitet.“ Daran habe sich auch nach dem Wechsel von der Lüner Verwaltungsspitze an die Spitze eines kommunalen Unternehmens nichts geändert. Die Frage, warum sie nicht länger in Lünen geblieben ist, beantwortet Bettina Brennenstuhl so: „Ich bin Anfang des Jahres 2022 von dem Personalunternehmen, das die Stellenbesetzung Vorstand Hafen AG durchgeführt hat, angesprochen worden und habe mich dann in das Bewerbungsverfahren begeben. Und da am Ende alles passte und wir beidseitig zum Ergebnis gekommen sind, dass es gut ist, habe ich den Job angenommen.“
Neuland betreten
Die ehemalige kommunale Spitzenbeamtin Brennenstuhl macht keinen Hehl daraus, dass sie bis zu ihrem Dienstantritt bei der Dortmunder Hafen AG so gut wie keine Ahnung von Logistik und Verkehr hatte, was sich im Laufe der vergangenen zwei Jahre natürlich deutlich geändert habe. „Profitiert habe ich in der täglichen Arbeit bis heute von meinem Finanzwissen, ohne das sich ein Unternehmen betriebswirtschaftlich nicht führen lässt, und den einschlägigen Erfahrungen, wie man die Zusammenarbeit mit einer Verwaltung und der Politik am effektivsten gestaltet. Zum Beispiel, wenn es um Genehmigungsverfahren geht. Das haben mir die entsprechenden Stellen auch so gespiegelt.“
Lobby-Posten
Dass Brennenstuhl mit ihrem Einsatz für die Hafen AG auf dem richtigen Weg ist, dafür dürfte auch ihre Wahl zur Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Häfen NRW Anfang dieses Jahres stehen. Erstmals in der Geschichte dieser Interessengemeinschaft ist der Vorsitz damit weiblich besetzt. Doch damit nicht genug: Die 20 Mitglieder zählende Arbeitsgemeinschaft der Häfen NRW ist Teil des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB, Berlin), dessen Mitglieder haben Brennenstuhl am Dienstag (29. Oktober) in das Präsidium gewählt. Damit besteht dieses Gremium jetzt aus einer Frau und vier Männern. Als Ansprechpartner der Politik stellt sich der BÖB nach eigenen Angaben der Verantwortung, eine Transport- und Verkehrsentwicklung zu unterstützen, die ökonomischen, ökologischen sowie sozialen und regionalen Interessen gleichermaßen gerecht wird. Bettina Brennenstuhl hofft derweil, dass ihre Tätigkeit bei beiden Institutionen auch dazu beiträgt, weitere Frauen für Jobs „in der von Männern dominierten Logistik- und Verkehrsbranche“ gewinnen und begeistern zu können.

Wirtschaftsfaktor Hafen
Was den Dortmunder Hafen angeht, da stellt Brennenstuhl klipp und klar fest, dass es sich bei ihm um einen ganz wichtigen Wirtschaftsfaktor für die Stadt handelt: „Im gesamten Hafengebiet sind etwa 160 Unternehmen angesiedelt, in dessen Kern etwa 60 bis 70 Betriebe. Diese Firmen zahlen unter anderem Gewerbe- und Grundsteuer, es fließen Mieten und Pachten an die Stadt. Davon profitiert der städtische Haushalt Jahr für Jahr.“ Weil es sich bei dem Hafengebiet um Dortmund größtes zusammenhängendes Industriegebiet handele, sagt Bettina Brennenstuhl, „kann hier sieben Tage die Woche rund um die Uhr produziert werden. Neben der vorhandenen Anbindung an den Schienen- und Schiffsverkehr ist das ein weiterer Vorteil im interkommunalen Wettbewerb um die Ansiedlung von produzierendem Gewerbe“.
Dass Anwohner den „quasi in der Stadt gelegenen Hafen“ zum Beispiel wegen des damit verbundenen Lkw-Verkehrs kritisch sehen, dafür zeigt die Hafen-Vorständin Verständnis. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass der Hafen für die Versorgung breiter Bevölkerungsschichten in Dortmund und Umgebung eine wichtige Rolle spielt: „Fakt ist, dass etliche Container, die hier aufschlagen, bis unters Dach mit Ikea-Waren vollgepackt sind. Waren, die in etlichen Wohnungen vor Ort stehen.“

Entwicklung der Speicherstraße
Die von der Politik beschlossene und längst auf den Weg gebrachte Entwicklung des Raumes entlang der Speicherstraße zu einem attraktiven Digital-Quartier mit angeschlossener Gastronomie und diversen Freizeitmöglichkeiten etc. sieht Hafen-Vorständin Bettina Brennenstuhl differenziert. „Ich kann verstehen, dass man sich ‚weit vor meiner Zeit hier‘ dazu entschieden hat, die viele Jahre lang brachliegenden Grundstücke an der Speicherstraße zu aktivieren, sprich zu verkaufen und damit einer anderweitigen Nutzung zuzuführen.“ Dies dürfe aber nicht zu Lasten des bestehenden Industriegebiets Hafen gehen.
Brennenstuhl befürchtet, dass bei aller Euphorie über das auf den Weg gebrachte Hafenquartier Speicherstraße vielfach vergessen wird, was da im Hafen tagtäglich passiert: „Durch das neue Hafenquartier fährt täglich mehrmals ein bis zu 740 Meter langer Zug, meist mit Containern für die KV-Anlagen beladen. Wenn der in zehn Jahren dann an Büros oder Cafés vorbeifährt, könnte der Ärger vorprogrammiert sein.“ Ungeachtet dessen, würden die jetzt der originären Hafennutzung entzogenen Flächen an der Speicherstraße durchaus fehlen. Etwa zur Lagerung von Teilen für Windkraftanlagen, die Bettina Brennenstuhl in naher Zukunft gerne im Hafen umgeschlagen wissen will.
Wie gesagt, Dortmunds neue Hafen-Vorständin nennt die Dinge beim Namen, „auch wenn es manchmal weh tut – eins und eins sind nunmal zwei und nicht zweikommafünf“.
