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Keine Bettler vor dem Ballett? Am Dortmunder Theater passt ein Sicherheitsdienst auf
Betteln am Theater
Auf dem Platz der Alten Synagoge vor dem Opernhaus stehen weniger Bettler als früher. Sie fühlen sich von einem Sicherheitsdienst vertrieben. Eine Besucherin ist verärgert.
Die beiden Männer, die an diesem verregneten Dezember-Nachmittag vom Vorplatz des Opernhauses in Richtung Innenstadt gehen, fragen ganz nett und höflich. „Entschuldigen Sie bitte, haben Sie eventuell ein wenig Kleingeld für einen Obdachlosen?“
Der Mann, der fragt, hat eine Flasche Bier in der Hand und einen Hund mit Maulkorb an der Leine. Der Mann neben ihm friert; er hat die Schultern hochgezogen und die Hände in den Taschen.
Ihre Namen sagen sie nicht, der Hund heißt „Buddy“. Sie schnorren regelmäßig Passanten um Kleingeld an, auch abends auf dem Theaterplatz. „Um diese Zeit sind die meisten Leute unterwegs, und auf dem Weg zum Parkautomaten haben auch viele Kleingeld dabei“, erzählt der Obdachlose mit der Bierflasche.
Die beiden haben in letzter Zeit die Erfahrung gemacht, dass verstärkt Security-Mitarbeiter unterwegs sind. „Dann geh ich auch meistens weg“, sagt der Hundebesitzer.
Schickt ein Sicherheitsdienst die Leute weg?
Damit bestätigen sie, was Opern-Besucherin Petra Griewel berichtet. Die Lünerin, die regelmäßig in Theatervorstellungen geht, hat immer Kleingeld dabei. Auch wenn sie mit ihrer Enkeltochter zusammen ins Theater geht. Zur Weihnachtszeit steckt sie den Obdachlosen sogar Kekse oder warme Socken zu. „Viele stehen einfach mit einem Becher da, die meisten sind nett und höflich“, sagt die 62-Jährige.

Petra Griewel (62) sagt: „Die Bettler stören mich nicht.“ © Martina Niehaus
Seit einigen Wochen habe sie beobachtet, dass ein Sicherheitsdienst die Leute wegschicke. „Ein Bettler hat mir erzählt, dass er nicht mehr dort stehen dürfe“, sagt sie. Griewel, die sozial engagiert ist, tickt vielleicht ein wenig anders als andere, die sich unwohl fühlen, wenn sie angeschnorrt werden. Aber ist das Betteln vor der Theatervorstellung verboten?
„Die Leute ansprechen, das kann ich nicht so gut“
„Zum aggressiven Betteln an den Eingängen zum Schauspielhaus und zum Opernhaus abends kurz vor den Vorstellungen liegen der Stadt Dortmund derzeit weder eigene Erkenntnisse vor, noch gibt es hierzu bisher Hinweise oder Beschwerden“, teilt Maximilian Löchter von der Pressestelle der Stadt auf Anfrage mit.
Er weist auf einen Unterschied hin: „Das aggressive Betteln ist nach der ordnungsbehördlichen Verordnung verboten, das stille Betteln nicht.“ „Aggressiv“: Das beinhaltet laut Paragraf 7 der sogenannten OBVO unter anderem auch „durch Ansprechen“ und „insbesondere unter Mitführung eines Hundes“.
Wobei der Obdachlose alles andere als einen aggressiven Eindruck gemacht hat. Sein Kollege erzählt, dass er sowieso nie gerne Leute anspricht. „Ich steh meistens nur mit meinem Becher da. Leute ansprechen, das kann ich nicht so gut“, sagt er.
„Manchmal müssen wir einen Rettungswagen rufen“
Wie sich während der Recherche ergibt, ist für die Bestellung des Security-Dienstes die DoPark GmbH verantwortlich, die die Theater-Tiefgarage betreut – und der Grund sind nicht die Bettler. „Leute, die betteln, werden von unseren Kunden nicht als Belästigung empfunden. Und die verjagen wir auch nicht“, sagt Geschäftsführer Simon Kinz auf Anfrage.

Die Treppenaufgänge zum Theaterplatz werden oft von Drogenkonsumenten benutzt. Deshalb setzt die DoPark GmbH einen Security-Service ein. © Martina Niehaus
Das Problem: In den sechs Treppenhäusern, die zur Tiefgarage führen, sind oft Drogenabhängige. „Die Leute sitzen da und setzen sich eine Spritze. Sie sind friedlich, aber manche werden dann auch bewusstlos“, beschreibt Kinz. „Manchmal müssen wir einen Rettungswagen rufen. Das erschreckt unsere Kunden.“
Der Sicherheitsdienst sei nicht zu regelmäßigen Zeiten unterwegs, „um auch unberechenbar zu sein“, Bettlern gegenüber sei die DoPark GmbH sehr liberal eingestellt. „Wenn es regnet, dürfen die sich auch unterstellen.“
Auch Maximilian Löchter bestätigt das Problem: „Dass sich Betäubungsmittelkonsumenten teilweise auch im Parkhaus aufhalten, ist bekannt.“ Deshalb sei dort auch die Stadt mit dem Kommunalen Ordnungsdienst regelmäßig präsent.
- Es ist untersagt, auf Straßen und in Anlagen durch unmittelbares Einwirken von Person zu Person aggressiv zu betteln, insbesondere unter Mitführung eines Hundes, durch in den Weg stellen, ansprechen oder anfassen sowie das Betteln durch Kinder oder unter Beteiligung von Kindern
- Ebenfalls untersagt sind ständig wiederkehrende ortsfeste Ansammlungen von Personen, von denen regelmäßige Störungen ausgehen, wie z. B. Verunreinigungen, Störungen der Nachtruhe, Belästigungen von Passanten bei übermäßigem Genuss von Alkohol oder anderen Rauschmitteln und aggressives Betteln
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
