Bestsellerautor Michael Nast verrät den Weg zu einem glücklichen Leben „Wer sich nicht öffnet, fühlt auch nichts“

„Wer sich nicht öffnet, fühlt auch nichts“
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Im Publikum sitzen zahlreiche Paare, die vermutlich mehr Ahnung von Beziehungen haben als der Mann auf der Bühne. Denn sie sind ihm in einem wesentlichen Punkt voraus: Sie haben eine laufende Beziehung. Michael Nast, der Mann auf der Bühne, nicht. Und trotzdem ist er ziemlich erfolgreich, was Beziehungsthemen angeht: Er hat mehrere Bestseller darüber geschrieben, unter anderem das mit Frederick Lau auch verfilmte Buch „Generation Beziehungsunfähig“.

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Und auf Instagram, wo er in kurzen Videoclips regelmäßig Liebes- und Lebensweisheiten vermittelt, folgen ihm über 300.000 Leute. Einige davon sitzen am Mittwochabend (28. September) im Dortmunder FZW und hören ihm dabei zu, wie er Texte aus einem Buch von ihm vorliest, das erst im nächsten Februar erscheinen soll. Das FZW ist ausverkauft, einen Folgetermin im April schon angesetzt. Was lässt sich von diesem Mann über Beziehungen und das Leben lernen?

Geld ist nicht das Wichtigste

Zumindest eine Auffrischung an Grundweisheiten. Am Ende des Lebens komme es vor allem auf die Beziehungen zu anderen an, sagt er. Wenn man sich nur um Geld sorge, verliere man außer Augen, worauf es im Leben wirklich ankomme: Freunde, Familie, Liebe.

Unsere Kultur beruht laut Nast sehr auf Äußerlichkeiten. Er erzählt von Bekannten mit der perfekten Oberfläche – die sähen aus wie gecastet. Vieles sei aber nur eine Kulisse, auch bei ihm selbst. „Ich habe versäumt, die Kulissen mit den Dingen zu füllen, auf die es wirklich ankommt. Mit den Dingen, die man nicht kaufen kann.“

Unsere Kultur beruht laut Nast zu sehr auf Oberflächlichkeiten.
Unsere Kultur beruht laut Nast zu sehr auf Oberflächlichkeiten. © Joscha F. Westerkamp

Sein Tipp: immer mal wieder vorstellen, dass man das, was man jetzt mache, zum letzten Mal mache. „Es geht darum, Erinnerungen zu schaffen, an die man sich in 20, 30, 40 Jahre erinnern kann – mit einem Lächeln.“ Im Zuge dessen sollte man sich auch noch mal klarmachen, wie viel Zeit man mit Instagram und Co verschwendet.

Vernunft kann schaden

Außerdem rät er, die Worte „hätte“, „wäre“ und „wenn“ am besten aus seinem Wortschatz zu verdrängen. Man warte sonst nur noch ab und finde immer wieder Gründe, seine Träume aufzuschieben. Es scheine so lange unvernünftig, den Träumen nachzugehen – bis man sie ganz aufgebe.

„Zu vernünftig zu sein, trennt mich von dem Menschen, der ich sein möchte“, sagt Nast. Irgendwann frage man sich, warum man seine Träume so aus den Augen verloren habe. Deshalb solle man sich in Erinnerung rufen, auch wenn es schwerfalle: „Wir können unserem Leben eine neue Richtung geben.“

Altes neu reflektieren

Seine Ratschläge verpackt Nast alle in amüsante autobiografische Erzählungen. So berichtet er auch davon, wie er einmal mit einem Mann Bier trinken war, der nicht nur sein Arbeitskollege, sondern auch der Ex-Freund seiner Ex-Freundin war. Sie habe den Mann damals für Nast verlassen. „Ich beschloss“, erzählt er rückblickend, „sie aus dieser sexlosen Langeweile hinauszukämpfen.“

Doch bei dem Abend mit dem Mann in dem Biergarten habe er, nach einigen Bieren, auch dessen Sichtweise erkannt. Und der Tipp daraus: „Manchmal muss man noch mal zurück in Bereiche, die man für abgeschlossen hielt.“ Und die sollte man dann auch aus anderen Blickwinkeln reflektieren.

Seiner Ängste bewusst werden

Nast erzählt auch von missglückten Beziehungsversuchen: Er habe mal eine andere Autorin gedatet. Die habe ihm erzählt, dass sie in ihrer Freizeit in verschiedensten Buchhandlungen ihre Bücher auf seine legte, quasi ein Konkurrenzkampf. Eine andere Freundin habe ein spezielles „Paarungsverhalten“ gehabt: Während des Geschlechtsverkehrs habe sie ihn ständig psychologisch bewertet. Als er oben gewesen sei, habe sie mit lautem Stöhnen analysiert: „Und jetzt lebst du dein Machtgefühl aus!“

Nachdem er sich darüber mit einem befreundeten Psychoanalytiker unterhalten habe, habe er gelernt: Das Problem gehe auch von ihm aus. Er suche extra nach Fehlern, aus Angst, eine Bindung aufzubauen, durch die er dann wieder verletzt werden könnte. Wegen dieser Angst gehe er mit der Erwartungshaltung in die Dates, dass es nicht klappen werde. „Und das ist oft eine selbsterfüllende Prophezeiung.“

Mit einem Glas Weißweinschorle auf dem Tisch liest Nast seine Texte vor.
Mit einem Glas Weißweinschorle auf dem Tisch liest Nast seine Texte vor. © Joscha F. Westerkamp

Seine Erkenntnis daraus für alle: „‚Ich kann nicht mit dieser Person zusammen sein‘, bedeutet oft: ‚Ich will nicht mit dieser Person zusammen sein.‘“ Wie man da rauskomme? Man müsse die Fehlersuche als Schutzstrategie erkennen, als unbewusste Angst vor Bindung. „Diese Schutzstrategie verhindert wahre Bindung aus der Angst, verletzt zu werden. Aber wer sich nicht öffnet, fühlt auch nichts.“

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