Besser eine schlechte Beziehung als ein gutes Singleleben? Charlotte Schuster über toxische Romantik

Besser eine schlechte Beziehung als ein gutes Singleleben?: Charlotte Schuster über toxische Romantisierung
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Vergangenen Samstag war ich bei meiner Freundin Lina zu einem Glas Wein eingeladen. Im Laufe des Abends stoß auch ihr Partner Max (Namen geändert) dazu – leider. Wie sonst auch ritt er nur auf Lina herum. Sie würde nur studieren, weil sie zu faul sei, einem „richtigen“ Job nachzugehen. In ihrer übermäßigen Freizeit könne sie sich ruhig mal sportlich betätigen. Das würde ihrer Figur sicherlich guttun. Und sowieso solle sie sich mal Gedanken darüber machen, welche Signale ein bauchfreies Top anderen Männern sende.

Lina hat die vielen Anspielungen weggelächelt. Das ist schon seit über fünf Jahren ihre Strategie, mit dem Verhalten von Max ihr gegenüber zurechtzukommen. Dabei weiß ich genau, dass ihr die Kommentare wehtun. Von ihm trennen wolle sie sich deshalb allerdings nicht. Schließlich seien sie jetzt schon so lange zusammen und ein Leben ohne ihn könne sie sich gar nicht mehr vorstellen. Ich finde das total absurd. Wie kann sie freiwillig mit einem Typen zusammenbleiben, der sie respektlos und herablassend behandelt?

Wenn ich Paare im Umgang miteinander beobachte, frage ich mich häufig, ob ich diese Beziehung auch gerne führen würde. In 99 Prozent der Fälle ist die Antwort Nein. Bei manchen denke ich mir sogar: „Ach du scheiße, Gott sei Dank bin ich Single!" Ein Problem unserer Gesellschaft ist allerdings, dass selbst eine miserable Beziehung besser angesehen wird als ein gutes Singleleben.

Romantisierung von Beziehungen

Zahlreiche Liebesdramen vermitteln uns mit Bravour ein abstruses Bild von Beziehungen: Da ist der attraktive Unternehmer, der seine Freundin Anastasia sowohl körperlich als auch seelisch verletzt. Doch durch sie findet er einen Weg, seine inneren Dämonen zu besiegen und sie zu lieben. Da ist der klassische Herzensbrecher, der die unschuldige Studentin Tessa ständig kontrolliert, natürlich unter dem Deckmantel des fürsorglichen Beschützers. Da ist das Biest, das sich narzisstisch und impulsiv verhält. Doch Belle gelingt es, ihn zu verändern und ihn wahre Liebe spüren zu lassen.

Eines haben diese Geschichten gemeinsam: Sie romantisieren toxische Beziehungen. Trotz heftiger Auseinandersetzungen und Demütigungen trennen die Frauen sich nicht von ihren Männern. Und dafür werden sie letztendlich mit dem schönsten Geschenk belohnt: der Liebe. Da wundert es mich nicht, dass viele Menschen im realen Leben trotz toxischer Beziehungen bei ihren Partnern bleiben, in der Hoffnung, sie irgendwie doch noch verändern zu können. Das funktioniert in den Liebesdramen schließlich auch.

In den Filmen werden allerdings wichtige Details ausgelassen: Toxische Verhaltensweisen gehören nicht in eine Beziehung. Es ist weder zweckmäßig noch möglich, den Partner um 180 Grad zu verändern. Und die beste Reaktion auf eine toxische Beziehung ist die Trennung.

Und vertraut mir: Es ist viel besser, ein glückliches Singleleben zu führen, als in einer aussichtslosen Beziehung festzustecken.

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