Gut zu erkennen sind die Bruchsteine der alten Ostentor-Mauer, die die Archäologen am Ostwall freigelegt haben. Ganz links sind am Boden die Kiesel des alten Hellwegpflasters zu erkennen.

© Oliver Volmerich

Archäologen entdecken bei Bauarbeiten besonderen Schatz in der Innenstadt

rnHistorischer Fund

Bei Baustellen in Dortmund stößt man immer wieder auf Relikte der Stadtgeschichte. Ganz besondere Fundstücke haben Archäologen jetzt auf einer DEW-Baustelle in der Innenstadt gemacht.

Dortmund

, 03.07.2020, 11:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Selbst der Laie erkennt: Die Bruchsteine in der Baugrube sind eine Besonderheit. Wie eine Mauer ragen sie in die Baustelle hinein. Und sie sind auch eine Mauer - genauer gesagt ein Mauerrest des mittelalterlichen Ostentores. „Für die Stadtgeschichte ist das ein total spannender Fund“, freut sich Stadtarchäologe Ingmar Lutter.

Er und das Team der Firma LQ-Archäologie haben zurzeit viel zu tun. Denn Energierversorger DEW21 gräbt sich für die Installation einer neuen Wärmeversorgung quer durch die City. Und bei fast jedem Meter stoßen die Bauarbeiter auf Stadtgeschichte. Deshalb werden alle Bauarbeiten von Archäologen begleitet.

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Bei der aktuellen Baustelle an der Einmündung der Kaiserstraße auf den Ostwall haben sie ganz einen besonderen Fund gemacht. Direkt unter der geöffneten Straßenoberfläche legten sie ein Teil des alten Ostentores frei. Jenes Tores, nach dem der Bereich heute noch benannt ist.

In zwei Metern sind die Archäologen an der alten Ostentor-Mauer im Einsatz. Vorn links ist das alte Hellweg-Pflaster zu erkennen.

In zwei Metern sind die Archäologen an der alten Ostentor-Mauer im Einsatz. Vorn links ist das alte Hellweg-Pflaster zu erkennen. © Stadt Dortmund

Es war das größte Tor der mittelalterlichen Stadtbefestigung, erklärt der Denkmalpfleger: „1255/56 wurde es erstmals erwähnt, 1810 abgerissen.“ Durch Osten- und Westentor führte der Weg auf der historischen Handelsstraße - dem Westenhellweg.

So hat der Dortmunder Hobbyhistoriker Markus Meeder nach alten Vorlagen das Ostentor virtuell rekonstruiert.

So hat der Dortmunder Hobbyhistoriker Markus Meeder nach alten Vorlagen das Ostentor virtuell rekonstruiert. © Markus Meeder

Als machtvolle Bastion trug das Ostentor zugleich dazu bei, die freie Reichs- und Hansestadt Dortmund über Jahrhunderte uneinnehmbar zu machen. Das Ostentor war 50 Meter lang, hatte ein Vorwerk und ein Haupttor, erläutert Lutter. Das Haupttor wird direkt am Eingang zum Ostenhellweg vermutet. Das Stück, das jetzt am Beginn der Kaiserstraße entdeckt wurde, ist eine Quermauer des Vorwerks.

Stadtarchäologe Ingmar Lutter zeigt vor der Grabungsstelle, welcher Teil des Osterntores freigelegt wurde: eine Quermauer des Vorwerks.

Stadtarchäologe Ingmar Lutter zeigt vor der Grabungsstelle, welcher Teil des Osterntores freigelegt wurde: eine Quermauer des Vorwerks. © Oliver Volmerich

Damit nicht genug: Zu Füßen der Mauer legten die Archäologen ein Teil des historischen Hellweg-Pflasters frei - ein Mosaik aus Schotter und Flusskiesel-Steinen. Sogar die Spuren von Pferdekarren, die sich in das Pflaster eingefurcht haben, sind noch zu erkennen. „Aus archäologischer Sicht ist das ein absoluter Hit“, freut sich Lutter.

Fundstücke im Boden

Bei der Bestimmung des genauen Alters der Relikte sollen jetzt weitere Fundstücke helfen, die im Pflaster aufgespürt wurden. Buntmetall und Keramikscherben werden sorgsam aufbereitet.

Archäologin Dorothea Csitneki zeigt Fundstücke aus der Grabungsstelle am Ostwall.

Archäologin Dorothea Csitneki zeigt Fundstücke aus der Grabungsstelle am Ostwall. © Oliver Volmerich

Mauern und Steine werden mit modernster Technik dokumentiert, bevor die DEW-Bauarbeiten weitergehen können. Die Funde werden aus unterschiedlichen Perspektiven fotografiert und mit einem Laserscanner vermessen.

3D-Modell zur Stadtgeschichte

Am Ende entsteht ein 3D-Modell als digitales Abbild, erklärt Lutter. Sein Wunsch ist, so allen Interessierten später einmal einen virtuellen Rundgang durch die Ausgrabungen und die Dortmunder Stadtgeschichte zu ermöglichen.

Bis dahin wird aber noch weiter Material gesammelt. Denn die Baustellen wandern weiter. Schon vor zwei Jahren waren die Archäologen bei DEW-Arbeiten auf Überreste der Stadtbefestigung im Bereich Westentor und bei der Sanierung der Ostwall-Fahrbahn auf die Überreste der Vormauer der alten Stadtbefestigung gestoßen. Die lag genau im Mittelstreifen des Ostwalls, erklärt Lutter.

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Wenn Anfang nächsten Jahres DEW21 auch in der inneren Nebenfahrbahn des Ostwalls buddeln lässt, könnten Teile der eigentlichen Stadtmauer und des Hauptwerks des Ostentores wieder ans Tageslicht kommen. Zwischen Vormauer und Hauptmauer lag ein 18 bis 20 Meter breiter Wassergraben - etwa dort, wo heute die inneren Fahrbahnen des Ostwalls verlaufen. Was bislang meist nur Vermutung war, wird mit jeder weiteren Ausgrabung nach und nach Gewissheit.

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