Drei-Zimmer-Wohnungen in alten Klassenräumen Dortmunds ungewöhnlichstes Wohn-Projekt bald fertig

Endspurt für Dortmunds ungewöhnlichstes Wohnprojekt „Wohnen in der Schule“
Lesezeit

Eine Delegation von Bundestagsabgeordneten aus dem Ausschuss für Wohnen und Städtebau war bereits da, zuletzt kamen Bau-Fachjournalisten aus ganz Deutschland. Das Interesse an Dortmunds wohl ungewöhnlichstem Wohnungsbau-Projekt ist groß - und bald sicherlich auch bei potenziellen Mieterinnen und Mietern. Denn die Vermarktung der Wohnungen soll in Kürze starten.

Vielleicht findet sich ja künftig sogar ein Mieter, der in einer der Wohnungen selbst einmal die Schulbank gedrückt hat. „Wohnen in der Schule“ ist der Titel des Projekts. Denn die Wohnungen entstehen zum großen Teil in den ehemaligen Klassenräumen der früheren Abendrealschule an der Adlerstraße mitten im Unionviertel.

Immer wieder führt Architekt Sven Grüne Besuchergruppen über die Baustelle im früheren Schulgebäude an der Adlerstraße.
Immer wieder führt Architekt Sven Grüne Besuchergruppen über die Baustelle im früheren Schulgebäude an der Adlerstraße. © Oliver Volmerich

Und das ist nicht das einzig Ungewöhnliche an dem Bauprojekt. Denn das alte Schulgebäude, das zuletzt auch als Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde, steht noch dazu unter Denkmalschutz. Denn es ist ein typisches Beispiel für den frühen Schulbau der 1950er-Jahre, der sich bewusst abgrenzt von Bauten der Kaiser- und NS-Zeit in früheren Jahrzehnten. Licht, Luft und viel Grün war das Motto, das die sogenannten „Fredeburger Richtlinien“ für den Schulbau vorgaben.

In einem Punkt steht der Schulbau an der Adlerstraße dazu allerdings eher im Widerspruch, erklärt Denkmalpfleger Ralf Herbrecht. Denn viel Platz für Grün gab es für den Schulbau nicht. Er entstand 1954 auf dem Grund eines früheren Schulgebäudes von 1896 im Innenhof des Wohnblocks zwischen Heinrichstraße und Paulinenstraße.

Bestand des Spar- und Bauvereins

Viele Wohnhäuser in diesem Block gehören dem Spar- und Bauverein. Da lag es nahe, dass die Genossenschaft auch das Wohnprojekt im alten Schulgebäude übernahm. „Für uns ist das eine Arrondierung. Es liegt mitten in unserem historischen Bestand“, erklärt Franz-Bernd Große-Wilde als Vorstandsvorsitzender des Spar- und Bauvereins. Gemeinsam mit dem Dortmunder Architekturbüro Post + Welters entwickelte die Wohnungsbau-Genossenschaft ein Konzept, das Denkmalschutz und moderne Wohnkonzepte unter einen Hut bringt.

Für eine Investitionssumme von rund 9 Millionen Euro entstanden insgesamt 22 Wohnungen in dem alten Schulkomplex. Aus den früheren Klassenzimmern wurden Drei-Zimmer-Wohnungen. Die Küchenzeilen entstanden als Einbauten in die breiten Schulflure - mit kleinen Fenstern als Ausblick.

Im früheren Sanitärbereich an der Nordseite entstanden kleine Maisonette-Wohnungen mit Schlafempore über zwei Ebenen. „Es gab keine Idealmaße, aber gerade das macht den Reiz aus“, erklärt Architekt Sven Grüne vom Büro Post + Welters. Im Südtrakt sind jeweils drei Apartments zu WG-Einheiten mit einem großen gemeinsamen Wohnraum zusammengefasst - sogenannte „Cluster-Wohnungen“.

Im Treppenhaus ist die alte Schulatmosphäre noch besonders gut spürbar.
Im Treppenhaus ist die alte Schulatmosphäre noch besonders gut spürbar. © Oliver Volmerich

Die städtischen Denkmalschützer zeigten sich dazu sehr kompromissbereit. So konnten Balkone angebaut werden. „Denkmalpflege ist für uns kein Hinderungsgrund, etwas zu verändern“, betont Ralf Herbrich. Wichtig ist: Die grundsätzliche strenge Fensterstruktur, die schon zu Schulzeiten für viel Licht sorgte, bleibt erhalten. Die Fassadenbänder, die das Betonskelett andeuten, werden wieder aufgemalt. „Die historischen Spuren sind nicht weggebaut, sondern eingearbeitet worden“, erklärt Sven Grüne als Projektleiter.

Treppenhaus als Herzstück

Das gilt besonders für das großzügige Treppenhaus mit seinen Stahlfenstern. Hier lebt die alte Schulatmosphäre besonders auf. Auch die Pausenhalle mit Vogelvoliere im Stil der 50er Jahre bleibt erhalten, ebenso wie Kunst am Bau-Elemente wie das Relief von Horst Heckemüller, dem früheren Leiter des Dortmunder Künstlerbundes. „Es soll kein nüchternes Wohngebäude werden. Man soll sehen, dass es einmal eine Schule war“, verspricht Grüne.

Viel Wert auf Details aus der Entstehungszeit legt Denkmalpfleger Ralf Herbrich - wie etwa auf das Kunstwerk von Horst Heckemüller von 1954.
Viel Wert auf Details aus der Entstehungszeit legt Denkmalpfleger Ralf Herbrich - wie etwa auf das Kunstwerk von Horst Heckemüller von 1954. © Oliver Volmerich

Beim Spar- und Bauverein rechnet man mit entsprechend großem Interesse von Mietinteressenten. Der Quadratmeter-Preis für eine Wohnung in der Schule wird wohl bei 12 bis 13 Euro liegen, deutet Franz-Bernd Große-Wilde an. Im April 2025 sollen die ersten Wohnungen bezogen werden.