
© Grafik RN
Autofahren muss teurer und unbequemer werden, um das Parkchaos zu überwinden
Parknot in der Innenstadt
Nur sechs Anwohnerparkzonen gibt es in Dortmund. Dabei wären sie gerade in der Innenstadt das einzig wirksame Mittel gegen das Parkchaos, sagt Verkehrsplaner Winfried Sagolla.
von Tilman Abegg
Dortmund, Kreuzviertel, Saarlandstraßenviertel
, 13.04.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 minIn den vergangenen 23 Jahren wurde gerade mal eine zusätzliche Anwohnerparkzone eingerichtet, 2016 im Gerichtsviertel. 2017 entschied die Politik, 21 weitere Bereiche in der Innenstadt zu Anwohnerparkzonen zu machen.
Bis 2020 sollen die ersten 6 von insgesamt 21 Zonen in der Innenstadt verwirklicht werden. Der Zeitplan droht zu scheitern, denn bisher ist nichts passiert.
Warum sind Anwohnerparkzonen so wichtig?
Weil sie das einzig wirksame Instrument sind, um die gefährliche Parksituation in der Innenstadt zu verbessern, sagt der städtische Verkehrsplaner Winfried Sagolla. Denn solange die Parkplätze frei für jedermann sind, bleibt das wilde Parken viel zu bequem. Anders gesagt: Solange haben die Autofahrer keinen Grund, ihr Parkverhalten zu ändern.
Die bestehenden Anwohnerparkzonen bringen nicht viel, sagen viele Anwohner. Warum soll das bei neuen Zonen anders sein?
Zu dem aktuellen Plan gehört, dass die Kontrollen des Ordnungsamts deutlich erhöht werden. Denn nur, wenn möglichst jeder, der unberechtigt dort parkt, ein Knöllchen erhält, kann das Konzept funktionieren. Die bisherigen 36 Stellen des Ordnungsamts für diese Kontrollen reichen dafür bei Weitem nicht aus. Laut Winfried Sagolla bräuchte es ein Vielfaches: „Stuttgart hat 220 Stellen, Köln hat 240. Um in Dortmund dasselbe Verhältnis von Kontrolleuren und Einwohnern zu haben, bräuchte man etwa 180 Stellen. Und da müssen wir hinkommen.“

© Grafik RN
Was müsste sich noch ändern?
Das Autofahren müsste insgesamt unbequemer und teurer werden, sagt Sagolla, denn in Dortmund genießen Autofahrer vergleichsweise paradiesische Bedingungen. Solange Falschparker kaum kontrolliert werden, ist die Rechnung einfach: Rund ein Strafzettel im Monat ist viel billiger als zum Beispiel ein Stellplatz im Parkhaus. Aber das sei einfach nicht mehr zeitgemäß.
Was muss also konkret passieren?
Winfried Sagolla gibt Beispiele: In Kopenhagen und Amsterdam würden alle Parkplätze mehrmals täglich kontrolliert. „Wenn Sie da länger als zwei, drei Stunden falsch parken, haben Sie garantiert eine Knolle. Und die kostet nicht 15 Euro, sondern richtig Geld. Da wird nicht falsch geparkt.“
Die Autofahrer sollen also noch mehr bezahlen?
Ja. Denn in Wirklichkeit bezahlen sie zu wenig, sagt Sagolla, und das ist das Problem. „Alle Parkplätze in den Innenstadtvierteln sollten kostenpflichtig sein.“ Auch Anwohnerparkplätze sollten deutlich teurer sein als die bisherigen 30,70 Euro im Jahr. „In Litauen zahlen Sie 750 Euro im Jahr. In Kopenhagen im Moment noch 250, aber die wollen das jetzt auf 1350 Euro anheben.“ In Dortmund sind die Parkgebühren seit 26 Jahren nicht erhöht worden, sagt Sagolla. „Das bedeutet: Inflationsbereinigt haben sie sich halbiert.“ In der gleichen Zeit sind die ÖPNV-Gebühren um 150 Prozent gestiegen.
Unterm Strich sollte es günstiger und bequemer sein, kein Auto zu haben. Denn: „Wir haben nicht zu wenig Parkplätze. Wir haben zu viele Autos. Wenn Sie sich ein Auto anschaffen, dann müssen Sie auch dafür sorgen, das legal unterzubringen.“
Was ist mit Carsharing?
Gute Idee, findet Winfried Sagolla: „Es gibt eine neue Gesetzeslage, die es möglich macht, Carsharing-Stellplätze im öffentlichen Raum zu schaffen. Das werden wir dieses Jahr nicht mehr schaffen, aber 2020 wollen wir das hinkriegen. Im Kreuzviertel könnten das jeweils zwei, drei Stellplätze an fünf oder sechs Punkten im Viertel sein. Perspektivisch würde ich sagen: An jedem Straßenabschnitt, von Kreuzung zu Kreuzung, mindestens einen. Ich sehe da eine große Bereitschaft der Politik, das möglich zu machen.“
In Dortmund aufgewachsen, musikalische und kunsthistorische Ausbildung, journalistische Ausbildung bei den Ruhr Nachrichten. Seit 2011 Kulturredakteur für Dortmund. Berichtet über Kunst, Kultur, Kulturpolitik und alles, was man sehen, hören, fühlen, glauben oder verstehen kann.
