Ausreichend Grundstücke in Dortmund Doch bauen bald nur noch Reiche, Herr Donschen?

„Es bauen fast nur noch Leute mit großem Eigenkapital“
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Drastisch gestiegene Baukosten, Inflation und steigende Zinsen haben spürbare Auswirkungen auf die Bauwirtschaft. Investoren halten sich zurück. Ein großes Wohnungsunternehmen wie Vonovia legte gleich zu Jahresbeginn alle Neubauvorhaben für 2023 auf Eis. Auch private Häuslebauer haben sich von ihrem Traum vom Eigenheim verabschiedet.

Gleichzeitig ist Wohnraum knapp. Dortmund braucht Wohnungen. Und Dortmund hat auch Platz für den Neubau von Häusern. „Mit Verweis auf das Wohnbauflächenmonitoring kann festgestellt werden“, sagt Stadtsprecherin Karin Pinetzki, „dass das planungsrechtlich gesicherte Baulandpotenzial in Dortmund ausreicht, um rund 7.000 Wohneinheiten zu errichten.“ Die laufende Schaffung von neuen Baurechten durch die Aufstellung von Bebauungsplänen sei in den vergangenen Jahren stets auskömmlich gewesen, um die infolge einer Bebauung wegfallenden Angebote zu kompensieren.

Und dieser Trend setzt sich auch aktuell fort. So wurden zum Beispiel im Jahr 2022 die Planvorhaben „Am Lennhof“ (100 Wohneinheiten) und „Steinsweg“ (130 Wohneinheiten) abgeschlossen. Für die Projekte „westlich Stahlwerkstraße“/ „Karlsquartier“ (800 Wohneinheiten) und „Sommerbergweg“ (35 Wohneinheiten) wurden Anfang 2023 die Bebauungsplanverfahren mit dem Satzungsbeschluss abgeschlossen. „In Bezug auf die tatsächliche Bautätigkeit und die Verkaufsfälle von unbebauten Grundstücken sowie die Zielgrößen des Kommunalen Wohnkonzeptes ist dieses Potenzial als ausreichend zu bewerten“, sagt Katrin Pinetzki.

Wie viele Familien bauen noch?

Grundsätzlich stimmt ihr Dennis Soldmann, Geschäftsführer beim Eigentümerverband Haus & Grund Dortmund, zu. „Bauland gibt es vor allem für den Geschosswohnungsbau. Und das kann man auch verstehen, weil es gilt, so viel Wohnraum wie möglich zu schaffen. Aber es geht zu Lasten der Familien“, sagt er und schränkt sofort ein: „Die Frage ist allerdings berechtigt, wie viele Familien sich aktuell noch ein Einfamilienhaus oder eine Doppelhaushälfte leisten können.“

Dennis Soldmann, Geschäftsführer von Haus & Grund in Dortmund, sieht relativ wenig verfügbares Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser im Stadtgebiet. Er sagt allerdings auch, dass Familien sich den Traum vom Eigenheim derzeit kaum leisten können.
Dennis Soldmann, Geschäftsführer von Haus & Grund in Dortmund, sieht relativ wenig verfügbares Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser im Stadtgebiet. Er sagt allerdings auch, dass Familien sich den Traum vom Eigenheim derzeit kaum leisten können. © Haus&Grund/Schaper

Als Bauträger kann Philipp Donschen diese Frage beantworten. „Wir bauen seit 20 Jahren unter anderem schlüsselfertige Einfamilienhäuser in Dortmund und Umgebung. Mit der Zinsentwicklung spüren wir seit dem vorigen Jahr einen deutlichen Nachfragerückgang“, sagt der 26-jährige Juniorchef vom Familienunternehmen Donschen Hoch- und Tiefbau aus der Nähe von Paderborn.

Wurde während der Corona-Pandemie bei vielen noch der Wunsch nach dem eigenen Häuschen mit viel Platz für das ungestörte Arbeiten im Homeoffice geweckt, haben die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine für Philipp Donschen alles verändert. „Vor der Zinswende konnten die Leute sich ihr Eigenheim voll von der Bank finanzieren lassen. Angesichts der gestiegenen Zinsen fällt diese Klientel nun so gut wie weg“, so der Bauunternehmer.

Diese Skizze zeigt, wie das Wohnhaus mit sechs Wohneinheiten, das die Donschen Hoch- und Tiefbau GmbH an der Höchstener Straße 94 in Dortmund gerade baut, aussehen soll. Drei Wohnungen sind bereits verkauft.
Diese Skizze zeigt, wie das Wohnhaus mit sechs Wohneinheiten, das die Donschen Hoch- und Tiefbau GmbH an der Höchstener Straße 94 gerade baut, aussehen soll. Vier Wohnungen sind bereits verkauft. © Donschen Hoch- und Tiefbau GmbH

Gerade gestartet hat die Donschen Hoch- und Tiefbau GmbH einen Neubau mit sechs hochwertigen Eigentumswohnungen an der Höchstener Straße 94 im tiefsten Dortmunder Süden. Die große Baugrube ist ausgehoben und vier der sechs Wohnungen sind bereits verkauft - bei kalkulierten Baukosten von ca. 4800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Eine 80-Quadratmeter Wohnung kostet hier also 384.000 Euro.

Mit Grundstück oder Vermögen

„Einige Käufer, die wir haben, können das weitgehend aus Eigenmitteln finanzieren. Beim Einfamilienhausbau ist das ähnlich. Es baut fast nur noch, wer ein Grundstück besitzt oder über großes Eigenkapital verfügt“, sagt Philipp Donschen. Übergab seine Firma früher im Raum Dortmund 5 bis 10 schlüsselfertige Einfamilienhäuser pro Jahr, so befinden sich zurzeit „3 Häuser in der Pipeline“. Froh ist er also, in einer Top-Lage mit weitem Blick über Dortmund ein eigenes Bauprojekt umsetzen zu können, das auf jeden Fall gefragt sein wird - auch zu einem satten Preis. „Man kann aus meiner Sicht sagen: Es bauen nur noch die Leute mit den nötigen finanziellen Mitteln“, so Philipp Donschen.

Die Feststellung deckt sich mit Branchen-Berichten, die bundesweit einen „dramatischen Einbruch“ beim Neubau formulieren. Noch wird in Deutschland und auch in Dortmund zwar gebaut, es entstehen Bürogebäude und auch Wohnhäuser. Allerdings, so erklärt der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, handele es sich in der Regel um Bauvorhaben, die auf alte Auftragsbestände zurückgehen.

Laut des Immobiliendienstleisters BNP Paribas Real Estate ist der Markt heute wesentlich kleinteiliger als in den vergangenen Jahren. So wurden durchschnittlich nur rund 37 Millionen Euro je Deal investiert. Ein Grund dafür dürfte sein, dass institutionelle Investoren, die üblicherweise einen großen Teil über Fremdkapital finanzieren, aktuell wenig aktiv sind.

Festgehalten wird auch noch an sozialem Wohnungsbau, der vom Staat gefördert wird, damit sich auch einkommensschwächere Haushalte die Mieten leisten können. So baut mit Verzögerung jetzt auf dem Sportplatz „Im Rauhen Holz“ in Lütgendortmund die Ratinger Wilma Bau- und Entwicklungsgesellschaft einen Mix aus Doppelhaushälften, die für unter 400.000 Euro angeboten werden sollen, und zehn Reihenhäusern mit öffentlich gefördertem Wohnraum zum Vermieten.

Andere Darlehenskonditionen

Für private Haushalte, das haben im vergangenen Jahr sowohl die Sparkasse Dortmund als auch die Dortmunder Volksbank bei ihrem Baufinanzierungsgeschäft gemerkt, hat die in 2022 eingeleitete Zinswende die Verwirklichung ihres Immobilienwunsches erschwert. Innerhalb weniger Monate verdreifachten sich die Darlehenskonditionen. Die deutlich höheren Finanzierungskosten belasten das monatliche Haushaltsbudget so stark, dass viele Interessierte ihren Traum von den eigenen vier Wänden begraben mussten.

Philipp Donschen hat das bei dem Projekt auf dem Höchsten erlebt: „Als wir im Mai 2022 mit der Vermarktung starteten, war die Nachfrage noch groß und wir hatten sofort mehrere Reservierungen. Diese wurden dann teilweise wieder zurückgezogen, nachdem die Interessenten ihre Finanzierung hatten prüfen lassen.“

Ähnliches erfuhren auch Birgit Pohlmann und die Baugemeinschaft eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts, das Im Defdahl 59 in der Innenstadt realisiert werden soll. Gerade junge Familien, so sagte Birgit Pohlmann als Moderatorin und Koordinatorin des Projekts vor einem halben Jahr, mussten feststellen, dass sie sich die gewünschte Wohnung wegen der gestiegenen Zinsen und Baukosten nicht mehr leisten können.

Kompromisse beim Neubau

Das Projekt im Defdahl soll nun den Gegebenheiten angepasst, energetisch optimal und unter bester Ausnutzung von Fördermitteln realisiert werden. Auch sollen neuartige Wohntypen wie Cluster-Wohnungen eventuell stärker angeboten werden. Zwei Personen haben dabei jeweils ein eigenes Bad und Schlafzimmer, teilen sich aber Kochzeile und Wohnzimmer.

Auch Bau-Experte Philipp Donschen kann sich vorstellen, dass der Preisdruck zu Kompromissen beim Neubau führt: „Wir bauen noch Stein auf Stein, aber das serielle Bauen mit Fertigbauteilen wird wohl mehr und mehr kommen. Auch werden Bauherren immer mehr darauf gucken, was bezahlbar ist, und etwa auf die Doppelgarage, das Gästezimmer und das zweite Bad verzichten.“

Dieser Bericht wurde mit Material von dpa erstellt

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