
© Dagmar Dörnbach
Ausflugsschiff am Hengsteysee ist zum Stillstand verdammt
Hengsteysee
Dieses Frühjahr hätte dem Ausflugsschiff MS Freiherr vom Stein auf dem Hengsteysee einen super Saisonstart beschert. Zum Leidwesen vieler Dortmunder ist wegen Corona auch der Tretbootverleih dicht.
Das Deck ist geschrubbt, der Kühlschrank gefüllt. Trotzdem geht nichts auf der MS „Freiherr vom Stein“. Die Corona-Krise hat auch auf dem Hengsteysee zugeschlagen und das beliebte blau-weiße Ausflugsschiff vorläufig stillgelegt. „Und das bei allerfeinstem Osterwetter“, bedauert Kapitan Jürgen Dörnbach, der gemeinsam mit Ehefrau Dagmar seit Jahrzehnten den Hengsteysee befährt.
Die gelb-blau-weißen Wimpel flattern im frühlingshaften Wind, das Deck strahlt mit dem blauen Himmel um die Wette. „Wir sind startklar, aber der Start ist nicht klar“, schreibt Dagmar Dörnbach an Freunde und Stammkunden. Den Humor hat sie offenbar nicht verloren, etwas Traurigkeit und Sorge klingen aber trotzdem mit.

Dagmar und Jürgen Dörnbach befahren den Hengsteysee seit mehr als 30 Jahren. © Dörnbach
Denn normalerweise startet ihre Saison am Karfreitag und geht – je nach Wetterlage – bis Mitte Oktober. Täglich macht die MS Freiherr vom Stein ihre Runde zu fünf Anlegestellen am Hensteysee. Fahrgäste können am Schiffwinkel, Am Freibad Hengsteysee, an der Hohensyburg Insel und an der Lennemündung an und von Bord gehen. Bei Bedarf legt das Schiff auch am Seeschlösschen an.
Insgesamt passen 250 Passagiere auf das 25 Meter lange Schiff, 150 davon können die Fahrt auf dem Sonnendeck genießen.

Die Dörnbachs betreiben auch den Tret- und Ruderbootverleih. © Dieter Menne (A)
Maschinenbautechniker Jürgen Dörnbach übernahm den Betrieb auf dem Hengsteysee von seinem Vater, der dort seit 1954 Passagiere über das Wasser transportierte. Die Passagierschifffahrt ist noch immer ein Familienbetrieb. Ehefrau Dagmar kümmert sich um Büroangelegenheiten und den Ausschank, und auch der Sohn arbeitet nebenbei mit.
Ausfälle nur schwer wieder aufzuholen
Das Fahrverbot durch die coronabedingten Beschränkungen hat sie kalt erwischt, sagt Dagmar Dörnbach. Ein ausgefallener Saisonstart mit Osterfeiertagen bei bestem Wetter ist schwer wieder aufzuholen. Auch die bereits gebuchten Gruppenfahrten und Feiern an Bord, die jetzt ausfallen, reißen ein tiefes Loch in die Kasse.
Und ihr zweites Standbein, der Ruder- und Tretbootverleih unterhalb der Syburg, ist ebenfalls geschlossen. Zum Leidwesen vieler Ausflügler, die gern über den See schippern würden und sich vorab vorsichtshalber bei den Bootsanbietern erkundigen. Bei bestem Wetter und ungeahnt langen Schulferien klingelt bei den Dörnbachs deshalb ständig das Telefon. Alle Anrufer werden vertröstet. „Aber Gesundheit geht eben vor.“

Schiff und Besatzung sind bereit für den verspäteten Saisonstart. © Dörnbach
Die staatliche Soforthilfe hält die Schiffseigner buchstäblich eine Zeit lang über Wasser. „Das ist aber nur eine Überbrückung. Wir hängen total in der Luft.“ Auch wenn auf dem Schiff mit dem Baujahr 1969 immer etwas zu tun ist, hoffen alle, dass es bald wieder losgeht. „Sobald wir dürfen, fahren wir“, sagt Dagmar Dörnbach. Darauf warten auch die vielen Stammkunden, die regelmäßig zu Fuß ihre Tour am See machen und mit dem Schiff zurückfahren.
Dass sie und ihr Mann vorzeitig die Leinen losmachen, sieht Dagmar Dörnbach nicht. „Wir können den Mindestabstand nicht halten“, sagt sie. Allein am Eingang sei es zu eng, und im Salon könnten die Passagiere nicht so großzügig sitzen, dass es passt. „Dann müssten wir mit 20 Leuten fahren, das lohnt sich für uns nicht.“ An Deck sei es ähnlich. So warten die Schiffseigner also auf grünes Licht aus Berlin. Und hoffen auf gute Zeiten für die Ausflugsschifffahrt.
Das Industriedenkmal Koepchenwerk in Herdecke könnte dazu beitragen, wenn Besichtigungen des 1927-30 erbauten Pumpspeicherkraftwerks weiter ausgebaut würden. Auf Hagener Seite wird das Freibad Hengsteysee zum Beach-Club umgebaut, auch das wird die Attraktivität des Ausflugsziels Hengsteysee stärken. 2021 soll die neue Anlage rund um das Strandhaus mit Beachvolleyball-Feld und Promenade eröffnen.
Jürgen und Dagmar Dörnbach jedenfalls sehen optimistisch in die Zukunft. „Wir machen das seit 33 Jahren. Es hat immer gute und schlechte Sommer gegeben. Wir denken positiv.“
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
