Für den heimischen Arbeitsmarkt hätte es im vergangenen Jahr schlimmer kommen können, stellt Heike Bettermann, Chefin der Agentur für Arbeit in Dortmund, in ihrer Jahresbilanz fest. Mehr Beschäftigte, mehr Arbeitslose und mehr offene Stellen wurden 2024 registriert. Man fragt sich, wie passen angesichts der geopolitischen Spannungen, der politischen Unsicherheiten und einer fortschreitenden Deindustrialisierung weiter steigende Beschäftigungszahlen und deutlich mehr gemeldete offene Stellen ins Bild?
„Tatsächlich“, sagt Heike Bettermann, „kommt hier der erfolgreiche Wandel Dortmunds vom Industrie- hin zum Dienstleistungsstandort zum Tragen. Die hiesigen Unternehmen beschäftigten im vergangenen Juni so viele Menschen wie noch nie zum selbigen Zeitpunkt und meldeten wieder deutlich mehr offene Stellen als im Jahr zuvor. Allerdings blieben viele Stellen länger unbesetzt als noch vor Jahresfrist, sei es wegen fehlender passender Bewerber, sei es, weil die Stagnation der Wirtschaft inzwischen auch den Dortmunder Raum erreicht hat. Positiv stimmt uns, dass sowohl die Anmeldungen von Kurzarbeit als auch die Zahl der Insolvenzen bislang keine Auffälligkeiten zeigen.“
Sorgen bereitet, dass die Arbeitslosigkeit konstant auf einem hohen Niveau bleibt. Derzeit liegt die Arbeitslosenquote in Dortmund bei 11,7 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2024 waren 38.320 Menschen arbeitslos. Dies waren 3,3 Prozent oder 1.140 Personen mehr als im Jahr 2023. Herausfordernd daran ist, so Heike Bettermann, dass zwei Drittel der Arbeitslosen ohne eine Berufsausbildung sind: „Es zeigt sich, dass Ausbildung vor Arbeitslosigkeit schützt.“
Erwerbspotenzial nutzen
Markus Weichert, Geschäftsführer des Jobcenters in Dortmund sagt dazu: „Der Arbeitskräftemangel lähmt unsere Wirtschaft. Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter wird in den kommenden Jahren deutlich abnehmen. Daher müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, das inländische Erwerbspotential zu nutzen. Ein Thema, das uns im vorigen Jahr stark beschäftigt hat, war die Integration geflüchteter Menschen. Sprachbarrieren und fehlende Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Ausbildungen und Studienabschlüsse waren und sind große Hemmnisse für eine schnelle und nachhaltige Integration.“

Der Fachkräftebedarf der Dortmunder Unternehmen sei nach wie vor da, stellt Markus Weichert fest. Die überwiegende Anzahl der Arbeitslosen habe jedoch keinen verwertbaren Abschluss. „Durch einen engen Austausch mit den lokalen Unternehmen versuchen wir, unser Qualifizierungsangebot noch stärker an den Bedarfen des Arbeitsmarktes zu orientieren“, so Weichert.
Stellen länger unbesetzt
Dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt durchaus problematisch ist, zeigt sich an dem Zugang offener Stellen. Zwar gab es 2024 gegenüber 2023 einen Anstieg der Stellenneumeldungen, insgesamt ist die Zahl von 8.818 gemeldeten Arbeitsstellen aber eher mager - angesichts von fast 40.000 Arbeitslosen und vor allem mit Blick auf die Jahre 2016 bis 2018 als jeweils rund 20.000 offene Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet wurden.
Zudem bleiben die Stellen heute länger unbesetzt. Im Schnitt dauerte es im vergangenen Jahr 183 Tage bis eine gemeldete Stelle besetzt wurde. „Gründe dafür sind die Unsicherheit bei den Unternehmen und die oft fehlende Qualifikation bei den Arbeitsuchenden“, sagt Heike Bettermann.
Ihr Ausblick auf das Jahr 2025 fällt durchwachsen aus. „Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB nennt steigende Reallöhne und damit eine mögliche Rückkehr der Kauflaune, einen Rückgang der Zinsen, ein potenzielles Ende der Flaute beim Bau sowie ein Anziehen des Weltmarkts als mögliche Erholungsfaktoren für die deutsche Wirtschaft. Allerdings macht mir die Verunsicherung der Unternehmen große Sorgen. Zudem wird der Anforderungsgrad an Arbeitsuchende höher. Das macht das Matching schwieriger. Ich rechne daher nochmal mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit.“