Jugendkriminalität in Scharnhorst „Dem ersten hab‘ ich direkt eine Backpfeife gegeben“

Anwohner über Jugendkriminalität in Scharnhorst
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Die Polizei wertet die Festnahme eines 14-Jährigen, der nun in U-Haft sitzt, als Erfolg im Kampf gegen die Jugendkriminalität in Scharnhorst. Wie schätzen Scharnhorster die Lage ein, die direkt bei den Kriminalitäts-Hotspots wohnen? Ein Besuch vor Ort.

Es ist ein grauer Donnerstagmittag im Stadtteil Scharnhorst. An der Stadtbahnhaltestelle Gleiwitzstraße kam es, so die Polizei, in den letzten Wochen und Monaten immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen. Wer hier tagsüber vorbeikommt, kriegt davon wenig mit.

Von Gruppe Jugendlicher bedrängt

So auch Elke Mirau. Die Dortmunderin läuft gerade auf der Gleiwitzstraße am Rewe vorbei. Sie arbeitet in der Nähe bei einer Tagespflege, „da ist alles ruhig“, meint sie. Nur wenige Meter weiter sitzt ein Mann, direkt unter der Brücke, auf der die U42 fährt. Der glatzköpfige Mann ist etwa 50 Jahre alt und raucht eine Zigarette. Seinen Namen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen. Zu erzählen hat er aber trotzdem etwas.

Er merke auf jeden Fall, dass die Kriminellen immer jünger werden, sagt der Mann über die Kriminalität im Stadtteil. Er selbst wohne zwar in Lanstrop, sei aber oft in Scharnhorst unterwegs. „Vor mir stand auch schonmal eine Gruppe Jugendlicher. Die waren so 12 oder 14 Jahre alt und wollten sich aufspielen“, berichtet der Dortmunder. Angeblich, so hätten sie gesagt, habe er einen von ihnen beleidigt. „Die wollten auf mich losgehen. Dem ersten hab’ ich direkt eine Backpfeife gegeben und dann sind alle direkt abgehauen“, erzählt der Mann.

Drogen und Prügeleien

Ein Stück weiter auf der Gleiwitzstraße, irgendwo zwischen der gleichnamigen Haltestelle und dem eks im Scharnhorster Zentrum, berichtet eine junge Frau von den Zuständen „drüben“ in Alt-Scharnhorst. Da würden viele Drogen verkauft. Auch Prügeleien und andere Randale seien keine Seltenheit. Jugendliche, die in solch einem Ausmaß straffällig werden, „sollten alle mal drei Wochen weggesperrt werden. Dann merken sie hoffentlich, wo so etwas enden kann“, meint die Scharnhorsterin.

„Es ist aber schon besser geworden, seitdem die Polizei hier präsenter ist.“ Es müsse was passieren, schließlich könne es nicht sein, dass Drogen in der Nähe von Spielplätzen verkauft und konsumiert würden. Die Frau erinnert dabei an die 13-Jährige aus Altentreptow im Osten Mecklenburg-Vorpommerns, die am Montag nach dem Konsum einer Ecstasy-Tablette verstorben war.

Rund um das eks ist, wie für einen Wochentag üblich, jede Menge los. Menschen gehen im Rewe, DM oder Tedi Einkaufen, verweilen auf einer der Bänke oder warten auf ihren Bus. Jugendliche sind kaum unterwegs. Nur vier Jungs sitzen vor einer Dönerbude. Hier, am eks, soll ebenfalls ein Gewalt-Hotspot sein. Im Mai geriet hier eine 15-Jährige in eine Auseinandersetzung einer rund 40-köpfigen Gruppe.

Die häufigen Auseinandersetzungen sind auch regelmäßig Thema in der lokalen Facebook-Gruppe „Scharnhorster sind die Besten“. Fragen wie „Was war denn gestern im eks los?“ sind keine Seltenheit.

Mehrere Fliesen an der Stadtbahnhaltestelle "Scharnhorst Zentrum" sind augenscheinlich Vandalismus zum Opfer gefallen.
Mehrere Fliesen an der Stadtbahnhaltestelle "Scharnhorst Zentrum" sind augenscheinlich Vandalismus zum Opfer gefallen. © Julien März

Häufige Polizeieinsätze

„Ich wohne gleich da drüben“, sagt Anwohnerin Jolanthe Hoffmann und zeigt auf ein Mehrfamilienhaus schräg gegenüber dem eks. Blaulicht und Sirenen seien hier an der Tagesordnung „Ständig sehe ich Polizeieinsätze und wegrennende Jugendliche“, erzählt sie. Abends höre sie häufig Geschreie oder laute Musik. „Hier ist immer was los“, meint Hoffmann.

Erst vor wenigen Wochen, berichtet die Anwohnerin, hätten Jugendliche die Fliesen an der Treppe zur Stadtbahnhaltestelle Scharnhorst Zentrum beschädigt. „Wahnsinn“ ist das Wort, mit dem Hoffmann die Lage in Scharnhorst immer wieder beschreibt. Wolfühlen würde sie sich in Scharnhorst schon länger nicht mehr. Momentan sei es aber besser. Sie hofft, dass die Polizei weiter Präsenz in dem Stadtteil zeigen wird.

Das hat die Behörde am Mittwoch jedenfalls in einer Pressemitteilung am Mittwoch angekündigt. Die Maßnahmen der Polizei, so auch der Eindruck in Scharnhorst, scheinen Wirkung zu zeigen.

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