
© Kevin Kindel
Angstraum Bahnhof Hörde: Wo dubiose Männer Frauen auffordern, ins Auto zu steigen
Sicherheit
Dunkle Wege, dubiose Gestalten. Das Bahnhofsumfeld in Hörde verunsichert viele Dortmunder. Die Polizei sieht den Bereich aber mit anderen Augen.
Der Bahnhof Hörde ist ein Treffpunkt verschiedenster Menschen: Oben an der Rolltreppe zur U-Bahn sitzen Jugendliche auf dem Geländer und schlagen Zeit tot. Drei Meter weiter lehnen ältere Männer an einer Mauer und trinken Bier.
Richtig viel ist hier los, wenn in der Warsteiner Music Hall Konzerte stattfinden. Dann treffen sich jede Menge gut gelaunte Musikfans am Hörder Bahnhof, um Getränke zu kaufen und gemeinsam zum Phoenix-Gelände zu laufen. Das passiert wegen des Konzertprogramms in diesem Winter aber nur ein- bis zweimal pro Monat.
Nach der Nordstadt ist der Bahnhof Hörde Angstraum Nummer zwei
An den meisten anderen Abenden ist es hier weniger stark bevölkert. Facebook-Nutzer haben auf einen Aufruf unserer Redaktion ihre persönlichen „Angsträume“ in Dortmund benannt. Nach der Nordstadt wurde der Bahnhof Hörde am zweithäufigsten genannt.
Für Lisa Marie Remmert ist das Umfeld des Bahnhofs Hörde definitiv ein Angstraum. Für den Arbeitsweg steigt sie jeden Tag hier in die Bahn ein und aus ihr aus. „Tagsüber ist das kein Problem“, sagt sie: „Nur: Wenn ich abends hier mal lang muss, fühle ich mich als Frau sehr unbehaglich.“
Schon einige Male sei sie von fremden Männern „sehr direkt“ angesprochen worden, wie sie sagt. Als sie betont vorbeigehen wollte, hielten sie mit ihr Schritt, teilweise auch mit mehreren Männern. „Beim letzten Vorfall fuhr ein Wagen neben mir her und ich wurde recht aufdringlich gebeten, doch einzusteigen“, erzählt Remmert.
Zum Glück sei kurz darauf ein Streifenwagen der Polizei entgegengekommen: „Da trat der Herr aufs Gaspedal. Ich denke, diese Reaktion spricht auch ein wenig für sich.“

Auf der Brücke, die über die Hörder Bahnhofstraße führt, ist es trotz Laternen abends sehr dunkel. © Kevin Kindel
Im Idealfall solle die Polizei oder ein Sicherheitsdienst zu Fuß rund um den Bahnhof präsent sein, meint Remmert. Außerdem seien einige Wege sehr schlecht beleuchtet. Wie unsere Umfrage zeigte, ist Remmert mit ihrer Wahrnehmung nicht allein.
„Erst einmal ist zu sagen, dass Dortmund keine Stadt ist, in der man sich vor lauter Kriminalität nicht mehr auf die Straße wagen darf“, sagt Polizeisprecherin Cornelia Weigandt. Grundsätzlich sei es aber sicherlich nicht verkehrt, Wege, die man ungern alleine geht, mit anderen Personen gemeinsam zu passieren.
Wer sich unsicher fühlt, kann jederzeit 110 anrufen
„Personen, die einem verdächtig erscheinen, können auch von der Polizei überprüft werden“, sagt Weigandt. Wer sich unsicher fühlt, könne jederzeit den Notruf 110 anrufen. „Die Polizei kennt in vielen Fällen diejenigen Menschen“, so die Polizei-Sprecherin. Ihnen wolle man signalisieren: „Wir haben dich im Auge.“
Aus Sicht der Polizei ist der Bahnhof Hörde kein Kriminalitätsschwerpunkt. „Insbesondere wegen des Tötungsdelikts 2018 geriet er verstärkt in das Visier der Öffentlichkeit“, so Weigandt. Eine 17-Jährige hatte eine 15-Jährige in einem Parkhaus erstochen. Allerdings habe es danach durchaus ein verstärktes Präsenzkonzept gegeben.

Im kleinen Park an der Hörder Bahnhofstraße ist es abends relativ dunkel. © Kevin Kindel
Genau wie in der Nordstadt „driften die subjektive Kriminalitätsfurcht und die tatsächliche Lage signifikant auseinander“, so die Polizei. Für den gesamten Zuständigkeitsbereich der Polizeiwache Hörde sind für Januar bis September dieses Jahres rund 2400 Straftaten verzeichnet.
In Huckarde waren es zum Beispiel knapp 3200, in der Nordstadt fast 7900. Seit dem Jahr 2013 gibt es in Hörde der Polizei zufolge 35 Prozent weniger Straftaten.
Im Zuge unserer Facebook-Umfrage ergreift Anja Korioth Partei für das Bahnhofsumfeld: Im ersten Augenblick habe sie sich beim letzten Besuch dort durchaus sehr unwohl gefühlt.
„Da hing halt nicht so die Elite saufend und gröhlend ab - und es wirkte, als wären sie quasi da eingezogen.“ Sie sagt aber auch: „Keiner hat mir einen blöden Spruch gedrückt oder Sonstiges. Oftmals ist es nicht so, wie es scheint. Zum Glück!“
Angsträume in Dortmund
Unsere Redaktion hat über ihre Facebook-Seite knapp 50.000 Abonnenten gefragt, welche Orte in Dortmund sie als „Angstraum“ bezeichnen. In einer Serie widmen wir uns den vier am häufigsten genannten Orten, machen Ängste transparent, prüfen das Empfinden und spüren dem nach, was dort für die Sicherheit getan wird. Neben dem Bahnhof Hörde sind das die Nordstadt, der Wilhelmplatz in Dorstfeld und das Brückstraßenviertel.Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
