Es waren nur ein paar Kleinigkeiten, die Daniel Rehbein an diesem Samstagnachmittag (24.6.) im Baumarkt kaufen wollte. Die waren auch schnell erledigt. Und so stieg er nach wenigen Minuten wieder an der Haltestelle Brunnenstraße in die U42 in Richtung Hombruch.
Im Wagen der Stadtbahn war es sehr heiß, die Luft stickig. Und dann bemerkte Rehbein auch noch zwei Jugendliche, die ihre Turnschuhe auf das Sitzpolster ablegten. Sie wirkten laut und aggressiv. Eine junge Frau habe sich daraufhin von den beiden weggesetzt. Ein weiterer Fahrgast blickte zu den Teenies. Offenbar zu lange.
Denn laut Rehbein könnte es der Anlass gewesen sein für das, was er daraufhin sah: Plötzlich schlugen die beiden Jugendlichen auf den Fahrgast ein. Warum? Sein erster Gedanke: „Ich hatte erst angenommen, es wäre eine Schlägerei unter Bekannten, aber es war wohl ein Angriff von Jugendlichen auf einen Unbeteiligten“, meint Rehbein am Montag darauf. „Vielleicht hatte die dritte Person lediglich hingeguckt und ist deshalb angegriffen worden.“
„Ich war wie gelähmt.“
Andere Fahrgäste seien jedenfalls hinzugekommen und versuchten, die Angreifer von der Gewalt abzuhalten. „Ich selbst war aber wie gelähmt“, verrät Rehbein „Man denkt immer darüber nach, was man in solchen Fällen macht und ob man Zivilcourage zeigt.“
Letztendlich drückte Rehbein auf den Knopf für einen Fahrerruf, vier bis fünf Mal. Er schildert es so: „Ich habe den Notrufknopf gedrückt, jedoch kam vom Fahrer keinerlei Reaktion. Es leuchtete zunächst eine gelbe Lampe auf, nach einiger Zeit ging diese aus. Ich habe mehrfach erneut gedrückt, es war jedes Mal dasselbe Verhalten.“
Das regt ihn noch zwei Tage später auf: „Es ärgert mich, dass nicht auf den Notfall reagiert wurde“, sagt Rehbein, und meint damit auch weitere Fahrgäste: „Wir waren irritiert, dass niemand reagierte.“ Dabei sei es auch geblieben. Bis die beiden Angreifer schließlich an der Haltestelle Brüggmannplatz herausgerannt seien, wo der Bahnwagen Rehbein zufolge eine Weile mit offenen Türen anhielt.
Rehbein stellt Fahrer zur Rede
Zurück blieb „ein junger Mann mit hochrotem Kopf“, so Rehbein. „Wunden konnte er nicht erkennen. „Aber er wird vermutlich ein paar blaue Flecken davongetragen haben.“
Rehbein selbst stieg am Stadtgarten aus, wo auch der Fahrer die U-Bahn verließ – vermutlich wegen eines Personalwechsels. Jedenfalls stellte er ihn zur Rede, „warum trotz mehrmaligen Drückens des Notruf-Knopfes keine Reaktion erfolgt sei“, so Rehbein. Der Fahrer antwortete ihm, dass er den Bahnwagen zu steuern habe und währenddessen nicht sprechen könne. Rehbein hält dagegen: „Es war eine Lüge, der Zug stand mit offenen Türen“, wirft er dem Fahrer vor. „Er hatte einfach keine Lust, sich darum zu kümmern.“
Interne Prüfung bei DSW21
Bei der Polizei Dortmund ging der Vorfall nicht ein, heißt es von der Pressestelle. Dort verweist man auf die interne Aufarbeitung von DSW21, die nach einer redaktionellen Anfrage auf den Vorfall einging: „Der Fahrer der Stadtbahn, ein sehr erfahrener Kollege, hat bestätigt, dass während der Fahrt von der Haltestelle Brügmannplatz zur Haltestelle Stadtgarten dreimal ein Sprechwunsch bei ihm einging“, heißt es von Frank Fligge, Leiter der Unternehmenskommunikation von DSW21. „Er habe auch jeweils darauf reagiert – es habe aber aus dem Fahrgastraum heraus niemand etwas gesagt.“
Dass beide Schilderungen „in diesem Punkt nicht komplett deckungsgleich sind, können wir letztlich nicht auflösen und nur eine technische Ursache vermuten“, so Fligge. Was wiederum mit Rehbeins Darstellung übereinstimmt: Der Fahrer bestätigte, dass ein Fahrgast mit der Information einer handgreiflichen Auseinandersetzung auf ihn zukam. Fligge: „Daraufhin hat der Fahrer, das ist geprüft und belegt, die Leitstelle informiert. An der Haltestelle Stadtgarten standen dann Servicemitarbeiter am Gleis.“ Die Angreifer stiegen bereits früher aus.
Gar kein "Notrufknopf"?
Grundsätzlich weist Fligge darauf hin, dass das Führen einer Stadtbahn ein Höchstmaß an Konzentration und Aufmerksamkeit erfordere. „Gerade im signalgesteuerten Tunnelbereich ist die Beachtung der Anzeigen von größter Bedeutung“, so Fligge. „Die Reaktion durch das Fahrpersonal kann daher erst erfolgen, wenn die Fahrtsituation es zulässt; sie sollte spätestens an der nächsten Haltestelle erfolgen.“
Und während Rehbein von einem „Notrufknopf“ spricht, betont DSW21 den Begriff der „Fahrgast-Sprechwunschstellen“. Diese werde oftmals betätigt, um Anschlusswünsche zu sichern oder ein Taxi zur Endstelle zu bestellen.
Das rät die Polizei
Sollte das Fahrpersonal über diese Sprechanlage „eine bedrohliche Situation feststellen, wird natürlich ebenfalls direkt reagiert und über die Leitstelle Hilfe angefordert“, erläutert Fligge. „Das Fahrpersonal kann jedoch ohne eigene Beobachtung die Dringlichkeit des Sprechwunsches nicht einschätzen.“ Er betont, dass Fahrgäste mit ihren Mobiltelefonen jederzeit die Polizei benachrichtigen können. Zudem finden sich an den Bahnsteigen Notrufeinrichtungen.
Die Polizei rät dazu, sie über solche Zwischenfälle zu informieren, sobald dies möglich sei. Von Polizeisprecherin Nina Kupferschmidt heißt es hierzu: „Wichtig ist es dann zudem, sich den eintreffenden Beamten auch als Zeuge zur Verfügung zu stellen – und möglicherweise auch weitere Personen, die Zeuge der Straftat geworden sind, zu bitten, dies ebenfalls zu tun.“


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