Es ist Donnerstagmittag (23.1.2025), als eine Mutter über Snapchat eine Nachricht ihres Sohnes auf ihr Handy bekommt. Er besucht die Reinoldi-Gesamtschule (RGS) in Dortmund-Westerfilde. Dort ist gerade Alarm. Es ist kurz vor seiner Mittagspause, als im Gebäude B eine automatische Lautsprecherdurchsage aktiviert wird.
Anders als beim eingeübten Feueralarm verlassen alle Schülerinnen und Schüler nicht auf schnellstem Weg das Gebäude, sondern bleiben in ihren Klassenräumen, bis es weitere Informationen gibt. Niemand solle sich in der Nähe der Türen aufhalten. Auch das gehört zu der Durchsage, die bei einem Amok-Alarm ausgelöst wird.
Das Notfall-Konzept funktioniert. Die Lehrkräfte schließen sich mit den Kindern ein. Die Alarm-Anlage schließt automatisch die sogenannten „Cluster-Türen“ zwischen Treppenhaus, Fachbereichen und Klassenräumen. Die Türen schützen die Menschen, die sich in dem im Notfall geschlossenen Bereich befinden.
Polizeistreifen vor Ort
Eltern haben unsere Redaktion über den Vorfall an der Westerfilder Gesamtschule informiert. Die Pressestelle der Dortmunder Polizei erklärt auf Anfrage, dass es an der Gesamtschule einen Fehlalarm gegeben habe. Am Freitagvormittag heißt es, um 12.44 Uhr sei der Notruf in der Leitstelle eingegangen. Die Polizei war mit mehreren Streifenwagen vor Ort.
„Für uns war relativ schnell klar, dass es ein Fehlalarm ist“, sagt Polizeisprecher Kay-Christopher Becker. Für die Beamten ist nach einer Rückversicherung bei Schulleiter Christian Pätzold, dass keine Gefahrensituation vorliegt, der Einsatz beendet.
Es ist eine aufregende Mittagszeit im Westerfilder Odemsloh. Nicht nur für Eltern, die – wie die Mutter via Snapchat – über den Alarm an der Reinoldi-Gesamtschule Kenntnis bekommen haben. Offenbar sind es Nachbarn, die die Polizei alarmieren.
Christian Pätzold erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass der Notruf nicht automatisch ausgelöst worden sei. Er terminiert den Beginn der vermeintlichen Gefahrenlage zudem auf 12.30 Uhr. Wahrscheinlich haben sich Anwohner Sorgen gemacht, dass in der Mittagspause der RGS zunächst keine Kinder auf dem Schulhof waren. Stattdessen hörten sie über die Außenlautsprecher auf dem Schulhof die Warndurchsagen.
Während unter Schülern, Lehrern und Erwachsenen die Situation längst geklärt ist, laufen die Durchsagen weiter. Die Alarmanlage lässt sich nicht abstellen. Die Feuerwehr kommt. „Ich habe die Information bekommen, die Feuerwehr muss die Brandmeldeanlage, auf die nur sie Zugriff hat, deaktivieren“, berichtet Christian Pätzold. „Das war aber eine falsche Information.“
Letztlich muss ein Techniker der Firma herauskommen, die die Anlage installiert hat. Nach eineinhalb Stunden verstummt die Dauerschleife im Gebäude und auf dem Schulhof schließlich. Ein technischer Defekt – wie auch das Auslösen des Alarms selbst. Dabei hat die Schule den Neubau erst zu Beginn des laufenden Schuljahres bezogen.

In der Mittagszeit sind Schulleitung und Lehrer auf dem Schulhof, erklären besorgten Eltern und Neugierigen, was los ist. Nachdem die Warnhinweise verstummt sind, spricht Pätzold per Durchsage zu den Schülerinnen und Schülern. Die Aufklärung sei ihm wichtig, betont er im Gespräch.
Nachmittags schreibt der Schulleiter noch einen Rundbrief an Schüler und Eltern. „Es handelte sich dabei heute um einen unbeabsichtigten Fehlalarm“, erklärt er in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. „Da der Amok-Fall nicht geprobt werden darf, wurde diese Durchsage sehr ernst genommen“, berichtet Pätzold. Er sei froh, dass es ein Fehlalarm sei und niemand körperlich zu Schaden gekommen sei. „Doch hat dieser Alarm bei vielen große Ängste ausgelöst.“
Ohne vorherige und eben nicht erlaubte Übung hätten alle Beteiligten eine gefühlte Notsituation erlebt. Die Schule will die Erfahrungen zusammentragen und auswerten. „Wir möchten darauf vorbereitet sein, dass alle Menschen vor Ort und auch deren Angehörigen besonnen reagieren“, schreibt Pätzold in dem Rundbrief. „Wir möchten in einer echten Gefahrensituation alle Menschen in der Schule bestmöglich schützen.“