Es surrt, klickert etwas und es blinkt. Ein Karton wird über eine der insgesamt zehn in Reihe stehenden Förderbänder transportiert. Es gibt zwar eine ständige Geräuschkulisse in der 12 Meter hohen Halle, aber längst keinen ohrenbetäubenden Lärm. Es ist auch nicht so wuselig oder hektisch, wie man es sich in einem Warenverteilzentrum von Amazon vielleicht vorstellt.
„Unsere Aufgabe ist es, die von den Händlern ankommende Ware zu sortieren und auf Amazon-Logistikzentren in Deutschland und Europa umzuverteilen, um dann für den Kunden bestellbar zu sein. Logistische Systeme mit KI-Elementen helfen uns dabei, die Waren genau dahin umzuverteilen, wo sie potenziell benötigt werden“, sagt Andreas Rohe, der Standortleiter auf der Westfalenhütte. Seit mehr als 14 Jahren ist der Familienvater bei Amazon, seit viereinhalb Jahren ist er der Chef in Dortmund.
Die Sortier- und Verladearbeit erfordert ein perfekt ordnendes System. „Im Jahr 2024 kamen beispielsweise 632 Millionen Artikel im Wareneingang bei uns an, die wir dann umverteilt haben“, sagt Andreas Rohe. Um der Warenflut Herr zu werden, operiert Amazon seit der Eröffnung des Umverteilzentrums im Jahr 2017 in fünf Hallen. Sie bedecken eine Fläche von sieben Fußballfeldern. Amazon ist heute einer der größten Arbeitgeber in Dortmund.
Europaweite Verteilung
Der eingangs erwähnte Karton wurde auf seinem Weg zum Warenausgangslager inzwischen geöffnet und das darin enthaltene Katzenstreu neu verpackt und mit einem Barcode versehen. So gekennzeichnet, lässt sich jede Ware wieder finden, um sie dann auf 32 Standorte in ganz Europa zu verteilen. „Wenn ich eine klare Warenbezeichnung habe, kann ich jeden der bei uns eingegangenen Artikel innerhalb weniger Minuten finden“, sagt Andreas Rohe.

In den Aufbau, die Ausweitung und die Perfektionierung seines Logistiknetzwerks hat Amazon nach eigenen Angaben seit 2010 in Deutschland mehr als 77 Milliarden Euro investiert. Man erinnert sich kaum noch daran, dass das moderne Wirtschaftsmärchen des Firmengründers Jeff Bezos vor fast 30 Jahren als reiner Versandbuchhandel mit einem Angebot von rund 900.000 Büchern begann.

Rasend schnell wurde daraus ein Online-Handel für Millionen von verschiedensten Produkten. Welch gigantischen Aufstieg Amazon genommen hat, zeigt sich auch in Dortmund. Das 2017 schräg gegenüber vom Wasserturm des Bahnbetriebswerks an der Brackeler Straße eröffnete Verteilzentrum ist zu einer zentralen Drehscheibe im Warenverkehr auf dem europäischen Festland geworden. „Knapp ein Drittel des Wareneingangs von Amazon in Europa wird hier abgewickelt und auf dem ganzen Kontinent verteilt“, sagt Standortchef Andreas Rohe und ergänzt: „Dortmund ist auf der Europakarte sehr verkehrsgünstig gelegen. Wir nutzen den Hafen, aber auch die Schiene intensiv und sind logistisch optimal mit unseren Standorten in Europa verbunden.“
Beschäftigtenzahl verdoppelt
Mit einem Umsatz von inzwischen über 500 Milliarden Dollar und 1,5 Millionen Mitarbeitenden ist Amazon eines der größten Unternehmen der Welt geworden. In Deutschland beschäftigt der US-Konzern aktuell rund 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Dortmund hat Amazon in den vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten nahezu verdoppelt. Das Verteilzentrum hat sich als Jobmotor erwiesen. Vor allem seit 2022, als man von einem Zwei-Schicht- auf einen Drei-Schicht-Betrieb umstellte und eine permanente Nachtschicht einführte. Bis zu 2800 Menschen aus 83 Nationen arbeiten heute auf der Westfalenhütte. Rund 80 Prozent haben einen unbefristeten Vertrag.
Und in Deutschland ist Amazon weiter auf Erfolgskurs. Das Deutschlandgeschäft ist im vergangenen Jahr ähnlich stark gewachsen wie im Jahr zuvor: Wie der US-Konzern in einer Börsen-Pflichtmitteilung schreibt, sind die Umsätze hierzulande währungsbereinigt um rund 8,6 Prozent auf 37,75 Milliarden Euro gestiegen. Nach einem Plus von 8,8 Prozent im Jahr 2023.

Mit den genannten Wachstumsraten, so stellt das Branchenmagazin „TextilWirtschaft“ fest, entwickelte sich Amazon Deutschland deutlich besser als der gesamte deutsche interaktive Handel, der neben dem E-Commerce mit Waren auch digitale Dienstleistungen umfasst und dem Branchenverband BEVH (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland) zufolge 2024 um 1,5 Prozent zugelegt hat. Zudem habe die Deutschlandsparte von Amazon ihre Position als größter Auslandsmarkt des in Seattle ansässigen E-Commerce-Giganten verteidigt - vor Großbritannien und Japan.
Amazon investiert 12 Mio. Euro
Um sich weiter auf dem also immens wichtigen deutschen Markt zu behaupten, wird ständig in die Verbesserung der Logistik investiert. „In Dortmund wurden im vergangenen Jahr 6,86 Millionen Euro investiert, um die Verladung im Warenausgang zu optimieren. Die LKW-Füllrate ist ein großes Thema. Wir haben in Dortmund erreicht, dass wir mit jedem LKW nicht mehr 24 bis 25 Prozent, sondern nur noch 1 bis 2 Prozent Luft verschicken“, sagt Andreas Rohe. Für dieses und nächstes Jahr seien weitere Investitionen in Höhe von rund 12 Millionen Euro geplant.
„Es geht darum“, ergänzt Amazon-Sprecher Thorsten Schwindhammer, „für eine schnelle und damit auch nachhaltige Lieferung die Produkte in Logistikzentren nahe der Kunden zu lagern. Dafür wird in Technologien investiert, welche die Arbeit für die Mitarbeitenden auch einfacher machen.“

Eröffnet wurde das Warenverteilzentrum in Dortmund, weil Amazon damals im Jahr 2017 die Waren schneller und direkter zu den Kunden bringen wollte. Dazu wurde das erste „Inbound Cross Dock“-Umverteilungszentrum Europas errichtet. Im Unterschied zu den normalen Zentren werden von der Westfalenhütte keine Pakete an den Endkunden versendet. Die Artikel kommen hier direkt von den Lieferanten, um innerhalb von 24 Stunden auf andere Logistikzentren verteilt zu werden. „Durch ein solches Umverteilungszentrum, wie wir es in Dortmund geschaffen haben, gestalten wir unsere Logistik effizienter, indem wir die Verteilung von Artikeln bündeln und somit auch Verkehr einsparen“, so Thorsten Schwindhammer.
Amazon startet bei 15 Euro
„In Dortmund“, so sagt Standortleiter Andreas Rohe, „hat Amazon gute Voraussetzungen gefunden. Wir sind in einem Industriegebiet, das gut angeschlossen ist. Über die Hälfte der Mitarbeiter kommt mit dem Bus. Und es gibt hier im Ballungsraum ein gutes Arbeitskräfteangebot – das wir ja für unser Wachstum brauchen.“

Amazon rühmt sich damit, feste Arbeitsplätze zu schaffen und „ein bedeutender Arbeitgeber in Deutschland“ zu sein. Im Gegensatz zur Gewerkschaft Verdi, die jüngst im Zusammenhang mit der Entlassung eines Betriebsrats, den Umgang mit Beschäftigten in Dortmund kritisierte, betont Amazon die „attraktiven Arbeitsbedingungen“. „Dazu zählen“, so sagt die Personalleiterin Nicole Mainda, ein Einstiegslohn ab 15 Euro brutto aufwärts pro Stunde sowie zahlreiche Zusatzleistungen wie ein kostenloses Deutschlandticket, eine betriebliche Altersvorsorge sowie umfangreiche Weiterbildungsmöglichkeiten und Familienboni.“
Optimistisch blickt man auf 2025 und will weitere Arbeitsplätze schaffen. „Trotz Arbeitskräftemangels bekommen wir bislang alle Stellen gut besetzt. Das liegt sicher auch daran, dass wir gut zahlen“, so Thorsten Schwindhammer.