
© Oliver Schaper
Alles schneller als geplant: So liefen Evakuierung und Bombenentschärfung im Klinikviertel
Mega-Evakuierung
Es ist geschafft: Zwei Bombenblindgänger sind am Sonntag im Klinikviertel entschärft worden. 13.000 Anwohner und Patienten aus drei Krankenhäusern waren dafür in Sicherheit gebracht worden.
Alles war seit drei Monaten generalstabsmäßig geplant worden. Und das zahlte sich aus: Nahezu perfekt lief am Wochenende die Evakuierung von 13.000 Anwohnern in der westlichen Innenstadt - und später auch die Entschärfung von zwei Bombenblindgängern.
Einen großen Anteil hatten dabei neben Entschärfern und Einsatzkräften auch die Anwohner. Denn sie zogen gut mit.
Ausnahmezustand seit Freitagmittag
Schon seit Freitagnachmittag herrschte Ausnahmezustand im Klinikviertel. Denn zunächst mussten in den Straßen rund um die Kliniken alle Autos raus, um Platz zu schaffen für die geplanten Krankentransporte. Das klappte besser als erwartet. Nur 15 Autos mussten am Samstagmorgen an den Abschlepphaken.
Schneller als vorgesehen verlief auch die Räumung der Kliniken und Seniorenheime am Samstag. Weil viele Patienten vorzeitig entlassen worden waren, mussten nur 60 Menschen in andere Krankenhäuser transportiert werden - 20 kleine Patienten aus dem Westfälischen Kinderzentrum und 40 Patienten aus dem Johannes-Hospital.
Im Klinikum Mitte konnten gut 230 Patienten in einem hinteren Teil des Gebäudekomplexes bleiben. 65 Patientinnen und Patienten wurden aus dem Haupthaus an der Beurhausstraße ebenfalls dorthin verlegt. Dabei packten alle mit an, berichtete Klinikum-Sprecher Marc Raschke. „Sogar unser Geschäftsführer und die Chefärzte haben Betten geschoben“, erzählt Raschke. „Es war eine tolle Teamleistung.“

Die Sperrzone rund um die vier Verdachtspunkte gleicht am Sonntagmorgen einer Geisterstadt. Nur die Evakuierungsbusse und Einsatzkräfte sind unterwegs. © Stephan Schütze
Im Johannes-Hospital blieben 16 Intensiv-Patienten - betreut von Ärzten und Pflegekräften, die sich freiwillig zur Verfügung gestellt hatten. Für besonderen Schutz rund um die Kliniken sorgten 5,50 Meter hohe Wände aus Containern.
In ein leer stehendes Altenheim in Herne zogen 129 Bewohnerinnen und Bewohner des Christinenstifts um.
Vor der Mega-Evakuierung wurde eine komplette Logistik nach Herne gebracht
Für zwei Tage musste eine komplette Logistik von Betten über Rollstühle bis Toilettenpapier nach Herne gebracht werden, berichtete Heimleiterin Regina Misiok-Fisch. Im Gepäck waren auch Bier, Wein und Eierlikör - für eine Seniorenparty am Samstagabend. Den Heimbewohnern sollte die Zeit im Ausweichquartier so kurzweilig wie möglich gemacht werden.

Städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter klingelten an allen Türen im Evakuierungsgebiet. © Stephan Schütze
Viele Anwohner des Klinikviertels hatten schon am Samstag ihre Wohnungen verlassen, waren zu Freunden oder Verwandten gezogen oder hatten einen Kurzurlaub gemacht. Entsprechend schnell lief die Evakuierung, die am Sonntagmorgen um 8 Uhr anlief. Mehr als 370 Ordnungskräfte der Stadt schwärmten aus, um an allen Haustüren zu klingeln. Aber sie trafen nur noch wenige Anwohner an.
Wenige hartnäckige Fälle bei Evakuierung
Probleme bereiten wie üblich nur wenige hartnäckige Fälle. Zwei Anwohner weigerten sich, ihre Wohnungen zu verlassen. Mit Hilfe der Polizei wurden sie ins Marien-Hospital in Hombruch gebracht, wo sie von Ärzten begutachtet und schließlich zwangsweise eingewiesen wurden. Die Feuerwehr musste einige Türen öffnen, die Polizei schnappte einen Fahrraddieb im Sperrgebiet.
Am Mittag war der Zugverkehr gestoppt, der Hauptbanhof geräumt worden, wenig später auch der Stadtbahn-Verkehr in der Innenstadt eingestellt. Zuletzt kontrollierte ein Polizeihubschrauber, ob alle Straßen verlassen waren. Gegen 15 Uhr konnten dann die Experten des Kampfmittelräumdienstes endgültig in Aktion treten.
Entwarnung für zwei weitere Verdachtspunkte
Zuvor hatten sie bereits für die Verdachtspunkte im Garten des Johannes-Hospitals und am Westentor Entwarnung gegeben. Hier waren nur alte Gußleitungen im Boden, die bei magnetischen Sondierungen aufgefallen waren, berichtete der technische Einsatzleiter der Kampfmittelräumer, Karl-Friedrich Schröder.
An der Luisenstraße lag in 2,50 Metern Tiefe eine britische 250-Kilo-Bombe, die als erste entschärft wurde. Der ausgebaute Zünder wurde anschließend kontrolliert gesprengt. Im Hof des Deutschen Roten Kreuzes an der Beurhausstraße wurde aus vier Metern Tiefe eine amerikanische 250-Kilo-Bombe zu Tage gefördert. Auch sie bereitete den Experten keine großen Probleme.
Kampfmittelräumer sehr zufrieden
„Wir können alle sehr zufrieden sein“, stellte Karl-Friedrich Schröder nach getaner Arbeit fest. Um 17 Uhr wurden die Sperrungen wieder aufgehoben. Auch der Zugverkehr am Hauptbahnhof und U-Bahn-Verkehr rollten wieder an. Noch am Abend wurden die Containerwände an den Straßen des Klinikviertels wieder abgebaut.
Allerdings gelten im Zentrum des Klinikviertels rund um die Krankenhäuser auch am Montag noch die ausgeschilderten Halteverbote. Dann findet der Rücktransport der Patienten in die Kliniken statt.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
