Christina Borowski in ihrer Pommesbude "Mahlzeit".

Christina Borowski ist die Chefin der Pommesbude "Mahlzeit" und möchte Miss Germany werden. © Kevin Kindel

Alleinerziehende Gastronomin: Christina (36) aus Dortmund will Miss Germany werden

rnWettbewerb

Gegen knapp 15.000 andere Bewerberinnen hat sich Christina Borowski schon durchgesetzt. Sie ist in der „Top 80“ beim Wettbewerb Miss Germany. Hier erzählt sie von ihrer klaren Mission.

Dortmund

, 17.09.2022, 05:32 Uhr

Der Sohn ist versorgt und in der Grundschule, der Großeinkauf in der Metro erledigt, ein Catering-Auftrag organisiert, das Auto ist gewaschen. Dabei ist es gerade mal 10 Uhr, als Christina Borowski ein Instagram-Video aus der Kantine hochlädt, die sie betreibt. Eine Stunde später betritt sie schwungvoll ihren zweiten von drei Gastro-Betrieben.

In der Pommesbude „Mahlzeit“ zwischen Dorstfeld und Marten ist es noch ruhig vor dem mittäglichen Andrang. Aber als die Chefin reinkommt, schwirrt es im Raum vor Geschäftigkeit - auch wenn die Angestellte gar nichts anders macht als zuvor.

Nervös ist die Inhaberin nicht, auch nicht hektisch, aber man merkt, dass sie es gewohnt ist, zackig den Tag zu bestreiten. Ein schnelles Telefonat über Gasflaschen wird noch erledigt, eine Vorbestellung für Mittagessen wird weitergegeben - und möchte der Reporter auch etwas essen oder trinken? So, jetzt kurz durchatmen.

„Ich bin Chrissi, ich bin 36, ich hab ‘ne Pommesbude und mittlerweile zwei Kantinen“, stellt sie sich vor, als sie mit einer Tasse Kaffee schließlich am Tisch sitzt: „Ich hab mich bei Miss Germany beworben und bin jetzt unter den Top 80.“

Man denkt schnell ans Wort „Powerfrau“

Der Begriff „Powerfrau“ klingt abgedroschen, aber man muss Christina Borowski nicht lange erleben, um an dieses Wort zu denken. Vor acht Jahren kam ihr Sohn Mats zur Welt - fürs Kind haben sich die Eltern bewusst entschieden, wie sie betont. „Ich hab mich getrennt, da war Mats zweieinhalb“, erzählt sie nun. Und da veränderte sich ihr Leben ziemlich einschneidend.

„Ich bin eigentlich Flugbegleiterin, im ersten Leben“, sagt die 36-Jährige. Als Alleinerziehende konnte sie aber nicht so viel von zu Hause weg sein, auch das Gehalt hätte nicht gereicht. Ihre Lösung, die nicht viele Menschen wagen würden: Selbstständigkeit in der Gastronomie.

Christina Borowski in ihrer Pommesbude "Mahlzeit".

Neben dem Essen vor Ort versorgt Christina Borowski Firmen-Events mit Catering und bietet die Pommesbude zur Vermietung an. © Kevin Kindel

Nach der Pommesbude „Mahlzeit“ an der Planetenfeldstraße kamen in den vergangenen Jahren noch die Kantinen in der „International School of Management“ und im „Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung“, beide am Uni-Campus, dazu.

Doch das sind offenbar nicht genug Projekte für die Dortmunderin: Die Bewerbung zur Miss Germany kam jetzt hinzu. „Ich würde gerne Frauen Mut machen und sagen: ‚Geht euren Weg!‘“ Sehr spannend finde sie, wie sich der Wettbewerb in den vergangenen Jahren verändert hat. Denn es handele sich dabei nicht mehr nur um einen oberflächlichen Schönheitsvergleich.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

„Jede Frau hat ein Thema, das sie gerne voranbringen möchte“, erklärt Borowski: „Ich würde gerne alleinerziehende Frauen unterstützen und prinzipiell so ein bisschen laut werden für Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Weiterhin sei das eine große Baustelle für die Gesellschaft.

Ihrer Beobachtung nach seien es im Corona-Lockdown vor allem Frauen gewesen, die für die Kinderbetreuung zu Hause geblieben sind. Aufgabenteilung zu gleichen Teilen sei noch nicht erreicht.

Das kann auch Auswirkungen aufs Thema Armut haben. „Es gibt immer noch viel zu wenig Frauen, die sich wirklich darüber Gedanken machen“, findet Borowski. Für den Fall einer Trennung müsse man „Herr der eigenen Finanzen“ bleiben, wie sie sagt.

Unschöne Erlebnisse habe sie beispielsweise bei einer Bank gemacht, als der Kauf der Pommesbude anstand. „Die haben mich eigentlich ausgelacht und gedacht: ‚Was hat die Frau denn vor?‘“ Aber, ganz im Ruhrpott-Jargon: „Aufgeben is’ nich‘, irgendeinen Weg gibt's immer.“

Doch wie kriegt die Mutter eines Achtjährigen das alles so hin? Ja, ein Workaholic sei sie schon. Aber: „Man muss sich Hilfe suchen“, sagt sie: „Das schafft man nicht alleine.“ Doch wenn sie sich unsicher ist, ob etwas klappt, sage sie sich selbst: „Mach einfach mal!“

Ihr berufliches Team habe sie inzwischen so aufgebaut, dass die Chefin in der Regel um 14 Uhr Feierabend machen kann, um den Nachmittag mit dem Sohn zu verbringen. Aus der Familie und von ihrem neuen Partner gebe es auch viel Unterstützung.

Top 80 stellen sich in Hamburg vor

Gegen rund 15.000 Bewerberinnen hat sich die Dortmunderin auf dem Weg zur Miss Germany schon durchgesetzt, die Top 80 werden nun nach Hamburg eingeladen, um sich vorzustellen. Christina Borowski freut sich vor allem darauf, die anderen Kandidatinnen kennenzulernen und ihre inspirierenden Geschichten zu hören. Das große Finale findet im März 2023 statt.

Zum Ende des Gespräches muss dann auch doch noch eine Frage zum klassischen Schönheitswettbewerb sein. Was einen Menschen für sie „schön“ mache, fragen wir. „Schönheit kommt wirklich von innen“, sagt sie: „Ich glaube, dass man eine andere Ausstrahlung hat, wenn man mit sich zufrieden ist. Wenn man mit anderen Leuten gut umgeht. Wenn man Gutes tut, Gutes bewegt, dann erfährt man auch Gutes - und das strahlt man auch aus.“

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