
Es ist ein Problem mit vielen Facetten: Vor allem in der Innenstadt ist an der wachsenden Zahl an Obdachlosen unübersehbar, dass die soziale Not gewachsen ist. Viele Händler der City sehen die Notwendigkeit zu helfen, fürchten aber zugleich, dass das sichtbare Elend Einkäufer abschreckt.
Hilfe tut in jeder Hinsicht Not - sowohl für die Obdachlosen als auch für den City-Handel. Deshalb gilt es, möglichst schnell zu handeln und Hürden für Hilfe abzubauen. Das städtische Rechtsamt tut das Gegenteil: Es baut neue Hürden auf, indem es die Bezirksvertretung Innenstadt-West in Sachen Obdachlosenhilfe für nicht zuständig erklärt.
Angesichts der sozialen Not und der Lage der City ist das ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt mit unsensibel noch sehr vornehm umschrieben. Es ist außerdem völlig realitätsfern. Denn natürlich ist das Problem der Obdachlosigkeit in der City und den angrenzenden Wohnvierteln besonders eklatant - und damit auch Sache der Bezirksvertretung Innenstadt-West.
Dort leistet das „Gast-Haus“ an der Rheinischen Straße wertvolle Hilfe - so wie es die Diakonie überwiegend in der Nordstadt und die Franziskaner in der östlichen Innenstadt tun. Dass sich die hilfesuchenden Obdachlosen nicht in Stadtbezirke einordnen lassen, liegt in der Natur der Sache - sie sind ja nicht sesshaft.
Ermessensspielraum nutzen
Nicht zuletzt stellt die Verwaltung auf Nachfrage selbst fest, dass das Thema Obdachlosigkeit im Stadtbezirk Innenstadt-West besonders präsent und der Bezirk insoweit selbstverständlich betroffen sei. Die Gemeindeordnung, auf die das Rechtsamt verweist, lässt an dieser Stelle reichlich Interpretationsspielraum. Den sollte man im Sinne der Sache und der Menschen nutzen. So viel Fingerspitzengefühl sollten auch Juristen haben.
Nur ein schwacher Trost ist es, dass die Verwaltung als juristischen Winkelzug den Umweg über eine Ratsentscheidung vorschlägt. Die Bezirksvertretung darf also Geld bereitstellen, aber nicht selbst darüber entscheiden. Was ist das für ein Demokratieverständnis? Was soll dieser Eiertanz?
Grundsatzfrage für Bezirk
Tatsächlich geht es um eine Grundsatzfrage. Der Stadtbezirk Innenstadt-West, zu dem auch die City gehört, beherbergt jede Menge Institutionen, die stadtweit wirken. Darf sie sich um solche Vereine nicht kümmern? Was ist mit den weiterführenden Schulen in der Innenstadt, die aufgrund ihrer zentralen Lage und inhaltlichem Schwerpunkt Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Stadt haben?
Das Fass, das die Stadt-Juristen mit dieser engstirnigen Interpretation der Gemeindeordnung aufgemacht hat, kriegen sie so schnell nicht wieder zu. In der Konsequenz würde das bedeuten, dass die Innenstadt-Bezirksvertretungen eines wichtigen Rechts beraubt werden - der Hoheit über den eigenen Haushalt.
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