
Romy, Johanna, Frieda und Laura stehen an "ihrer" Bushaltestelle. Doch um zur Schule zu kommen, müssen sie wegen einer Großbaustelle zu einer Haltestelle laufen, die viel weiter weg ist. © Martina Niehaus
Baustelle Overgünne: Ersatzverkehr fährt - aber nicht für Schulkinder
Schulbus-Ärger
Die Bauarbeiten an der Overgünne sorgen bei vielen Familien für Stress auf dem Schulweg. Die DSW21 haben für ausfallende Busse ein Sammeltaxi organisiert. Doch Schulkinder haben wenig davon.
Wegen der Haltestelle an der Overgünne in Berghofen fahren die Busse zurzeit nicht alle Bushaltestellen an. Doris Lange und Johanna Musiol ärgern sich darüber, dass ihre Töchter Antonia und Frieda sowie deren Freundinnen Romy und Laura deshalb nur mit großen Umständen zur Schule kommen.
Betroffen sind die Haltestellen am Lohbach, Haseloffstraße und Kleiberweg. Diese werden von den Bussen der Linie 438 momentan nicht angefahren. Die Mädchen haben zwei andere Haltestellen zur Auswahl - die eine ist einen Kilometer entfernt, die andere 1,2 Kilometer.
Um viertel vor sieben geht es los
Die zwölfjährige Romy nimmt den längeren Weg zu ihrer Bushaltestelle notgedrungen in Kauf. „Meine Mama kann mich nicht fahren, deshalb laufe ich.“ Aber der Bus kommt schon um 7:14 Uhr. Da heißt es: Früh raus.
Auch die anderen Mädchen machen sich spätestens um viertel vor sieben auf den Weg. Die zehnjährige Antonia läuft dann zusammen mit ihrem Papa, „weil es jetzt im Herbst schon ziemlich dunkel ist.“ Laura und Frieda, ebenfalls zehn Jahre alt, fahren eine andere Haltestelle mit dem Fahrrad an. „Meine Mama muss selbst schon um 6:30 Uhr auf der Arbeit sein. Ich will auch eigentlich nicht herumkutschiert werden“, sagt Frieda.
Eigentlich gibt es ein Sammeltaxi
Was die Eltern der Mädchen ärgert, ist nicht unbedingt der weitere Weg zu einer anderen Haltestelle. Sondern die Tatsache, dass die nahegelegene Haltestelle „Am Lohbach“ aktuell von einem Sammeltaxi des Dortmunder Fahrservice bedient wird. Das fährt im Auftrag der DSW21 und könnte die Kinder mitnehmen. Was eine gute Lösung wäre, wie die Mütter finden.

Das Sammeltaxi des Dortmunder Fahrservice nimmt auch Kinder mit, wenn sie an der Haltestelle stehen. Doch die Fahrten beginnen erst ab 8 Uhr morgens. Das ist für die Schülerinnen zu spät. © Martina Niehaus
Dieses Großraumtaxi mit Platz für acht Personen fährt aber erst ab acht Uhr morgens - zu spät also für die erste Schulstunde. Daher hat Doris Lange bereits vor den Herbstferien bei der DSW21 angerufen. Und gefragt, ob es möglich sei, das Taxi eine Stunde eher einzusetzen. „Ein Mitarbeiter hat mir dort allen Ernstes gesagt, dass die Sammeltaxis absichtlich erst so spät eingesetzt würden, damit sie nicht voller Schulkinder sind.“
Auch Johanna Musiol (39) hat es bei der DSW21 probiert. Und bekam nach mehreren Anrufen, langen Warteschleifen und diversen Mails die schriftliche Antwort, es könne „nicht auf alle Wünsche eingegangen werden“. Diese Aussage empört die Mütter. Doris Lange sagt: „Das ist ein Unding, schließlich zahlen wir ja auch das Schokoticket!“
Mütter sagen: Vier Kinder nehmen niemandem den Platz weg
Mitarbeiter Noor Chaudhry vom Dortmunder Fahrservice bestätigt auf Anfrage, dass das Sammeltaxi bevorzugt für ältere Menschen eingesetzt werde. „Viele Senioren nehmen das Angebot gern wahr, wenn sie zum Beispiel zum Arzt wollen“, sagt er. „Aber wenn wir noch Plätze frei haben, nehmen wir natürlich auch alle anderen mit, die an der Haltestelle stehen.“

Johanna Musiol (l.) und Doris Lange fragen sich, warum die DSW21 das Sammeltaxi nicht eine Stunde früher eingesetzt werden kann. "Wir zahlen das Schokoticket", sagen die Mütter. © Martina Niehaus
Beide Mütter können verstehen, dass Senioren morgens Arzttermine haben, einkaufen möchten und deshalb einen Platz im Sammeltaxi benötigen. „Auch für Senioren würde es aber Sinn machen, wenn das Taxi grundsätzlich früher käme. Manche Arzttermine sind ja schon um sieben oder halb acht“, sagt Doris Lange. „Ich sehe öfter Senioren schon um sieben Uhr an der Haltestelle. Die wundern sich dann, dass das Taxi noch nicht kommt.“
Die Dortmunderin glaubt auch nicht, dass drei oder vier zusätzliche Schulkinder älteren Menschen den Platz im Taxi streitig machen würden. „Insgesamt haben wir einfach das Gefühl, dass Kinder in solchen Situationen immer das Nachsehen haben.“
DSW21: „Längere Fußwege lassen sich nicht verhindern“
Die DSW21 sagen auf Anfrage, dass man die Einschränkungen bedauere. „Bei Bauarbeiten, die Umleitungen nach sich ziehen, sind DSW21 und damit auch unsere Fahrgäste Betroffene.“ Im Rahmen der vor Ort umsetzbaren Möglichkeiten könne man in der Regel akzeptable Alternativen anbieten, jedoch nicht immer das Angebot 1:1 abbilden. „Einschränkungen wie die Verlegung oder der Ausfall von Haltestellen und damit vielleicht auch zeitweise längere Fußwege lassen sich von unserer Seite nicht immer verhindern“, so Sprecherin Britta Heydenbluth.

Das Großraumtaxi ist, so die DSW21, vor allem für Menschen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen. © Martina Niehaus
Bei den Taxi-Zeiten gebe es keine Alternative. „In diesem wie in anderen Fällen organisieren wir auf unsere Kosten Ersatzverkehre für in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen, d.h. ältere oder gehbehinderte Menschen.“ Die Uhrzeiten dieser Sonderfahrten seien an deren Bedürfnisse angepasst. „Individuelle Wünsche einzelner Fahrgäste, die über dieses Angebot hinaus gehen, können wir an dieser Stelle leider nicht berücksichtigen“, erklärt die Pressesprecherin.
Komplettausfall: Kinder fahren mit dem Auto
Doris Lange ärgert sich über diese Antwort. „Es geht nur um eine Stunde eher, die auch älteren Menschen helfen würde.“ Und Johanna Musiol erzählt am Donnerstag (20.10.) resigniert: „Mit so einer Antwort habe ich fast gerechnet. Heute ist übrigens die Linie 438 komplett ausgefallen.“ An mehreren Bushaltestellen hätten verwirrte Kinder gestanden und ihre Eltern angerufen. „Ich habe also heute drei Kinder mit dem Auto zum GADSA gebracht.“
Inzwischen fährt auch Doris Lange ihr Kind manchmal mit dem Auto zur Schule. „Das können zeitlich nicht alle, und außerdem heißt es dann, wir seien Helikopter-Eltern. Niemand mag Elterntaxi-Alarm vor der Schule“, sagt sie. Gerade deshalb würden die Mädchen lieber mit dem Bus fahren. Oder dem Sammeltaxi.
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
