Es ist Donnerstagmorgen gegen kurz nach 9 Uhr, als bei Marco Kremer zum ersten Mal an diesem Tag eine Meldung auf dem Bordcomputer seines gelben Ford S-Max aufploppt: Ein Autofahrer aus Bergkamen hat den Pannendienst des ADAC gerufen, weil sein Auto nicht anspringt. „Vermutlich ist es die Batterie“, sagt Kremer, der sich sofort auf den Weg von Kamen in die Nachbarstadt macht. Seine schnelle Einschätzung für die zu erwartende Problematik verdankt der 41-Jährige dabei nicht nur den Infos zum Auto und dem Sachverhalt, die er digital angezeigt bekommt, sondern auch seiner Berufserfahrung. Denn der Dortmunder hat viele Jahre in einer Werkstatt gearbeitet, eher er Kfz-Meister wurde und sich vor zehn Jahren dem ADAC als Pannenhelfer anschloss.
Anders als in einer Werkstatt ist der Aplerbecker beim Automobilclub aber nicht nur am Reparieren, sondern hat aufgrund der wechselnden Einsatzorte auch Zeit im Auto. Der Job sei zwar meist körperlich weniger anstrengend als die Arbeit in einer Werkstatt, dafür sei sie vom Kopf her anspruchsvoller. „Es ist das Drumherum und es ist viel Verantwortung“, erklärt Kremer. So müsse er auf sich, aber auch auf die Leute vor Ort achten, damit nichts passiert – beispielsweise dann, wenn die Panne an einer vielbefahrenen Stelle ist. Aufmerksamkeit ist daher enorm wichtig. Einmal sei ein Mann, dem er Starthilfe gegeben habe, dann plötzlich losgefahren – während Krämer noch vor dem Auto stand. Der Pannenhelfer hatte aber Glück im Unglück.
Leere Batterien sind häufiger Einsatzgrund
Apropos Starthilfe: Die muss er auch leisten, als er in Bergkamen bei seinem ersten Einsatz des Tages ankommt. Der Golf-Fahrer wartet schon an seinem Auto und erzählt Kremer gleich den Grund für seinen Anruf beim ADAC: Das Licht brannte im Auto über Nacht, die Batterie sei wahrscheinlich leer. Ein Blick von Marco Kremer unter die Motorhaube und eine Messung zeigen es schließlich: Ja, die Batterie ist leer. Nach wenigen Handgriffen ist die Autobatterie „überbrückt“ und der Motor läuft wieder – und Marcus Schlüter freut sich. „Juhu“, jubelt er und atmet erleichtert durch. Nach dem Ausfüllen eines Pannenberichts und dem Tipp, den Motor nicht sofort wieder auszumachen, damit die Batterie laden kann, verabschiedet sich Kremer.
Dabei seien leere Batterien morgens ohnehin der häufigste Grund für Einsätze, weiß Marco Kremer – und das bekommt er auch gleich beim nächsten Termin zu spüren. In Hamm, das neben Kamen, Bergkamen, Unna und dem Dortmunder Airport zu seinem Einsatzgebiet gehört, geht es erneut um eine leere Batterie. „Fahren Sie oft Kurzstrecke?“, fragt Marco Kremer den Mann. Er nickt. „Ich gebe Ihnen einen Tipp: Die Batterie ist schwach, laden Sie sie am besten über Nacht oder fahren Sie mal eine längere Strecke“, gibt der Pannenhelfer dem Autofahrer mit auf den Weg.

Groß ist auch die Freude, als er am Vormittag bei einem Ehepaar in Hamm-Pelkum eintrifft. Das Problem hier ist das Ergebnis einer unglücklichen Verkettung: Das Auto lässt sich weder mit der Fernbedienung noch manuell öffnen. Für den Pannenhelfer ist der Einsatz zwar etwas „tricky“, aber letztlich auch kein Problem: Denn mit speziellem Werkzeug und einer cleveren Technik schafft es der 41-Jährige, erst das Fenster zu öffnen, dann ins Auto zu klettern und schließlich alle Türen zu öffnen. „Gott sei Dank“, meint der Autobesitzer, der selbst schon alles probiert habe. Für ihn sei es dabei nicht das erste Mal, dass er den Pannenservice des ADAC nutzt. „Die haben mir schon mehrfach geholfen“, sagt der Mann. Die Mitgliedschaft lohne sich auf jeden Fall, meint er.
Dabei hilft der ADAC-Pannendienst nicht ausschließlich Mitgliedern. „Helfen hat viele Seiten“, sagt Marco Kremer. Etwa, wenn ein Auto an einer gefährlichen Stelle im Verkehr liegen bleibt, schleppen er und seine Kollegen das Fahrzeug aus der Gefahrenlage ab. So ähnlich ist es auch, als Marco Kremer zwischen seinen Einsätzen an diesem Tag auf dem Weg ins Kamener Kreuz ist. Dort wartet er oft auf seine Einsätze, weil die Lage zentral im Einsatzgebiet liegt und zudem viele Pannen am Kamener Kreuz passieren. „Ich schaue mir das mal an“, sagt Kremer, als er ein auf der Gegenfahrbahn am Seitenstreifen stehendes Fahrzeug mit eingeschaltetem Warnblinklicht sieht und schließlich dorthin fährt – auch ohne Auftrag. Der Fahrer eines SUV ist rangefahren, nachdem eine Warnleuchte aufblinkte. Das Problem hat Marco Kremer schnell entdeckt. „Der Stecker vom Turboversteller saß nicht richtig, dadurch ging die Leistung zurück“, sagt er. Also setzt er den Stecker richtig drauf und löscht die Fehlermeldung. So könne der Fahrer weiterfahren, sagt Kremer, empfiehlt ihm aber, eine Werkstatt anzusteuern.

Nach dem Einsatz fährt Marco Kremer mitten durchs Kamener Kreuz. Hier liege auch der gefährlichste Punkt seines Einsatzgebietes: Genau dort, wo es von Hamm aus kommend von der A2 auf die A1 geht und die Autofahrer eine kurze Unterführung passieren. Das Problem: sie liegt in einer nicht-einsehbaren Kurve, zudem gibt es keinen Randbereich. Einmal habe er genau hier Hilfe leisten müssen, erzählt der 41-Jährige. Dabei zeigt dieser Punkt, wie wichtig es ist, im Pannenfall die Stelle abzusichern, um sich selbst zu schützen, aber auch die anderen Verkehrsteilnehmer. Kremer stellt deshalb die warnenden Pylone immer weit vor die Pannenstelle – aus gutem Grund, wie sich an den Hütchen zeigt. Denn die Reifenspuren daran zeugen davon, dass manch Verkehrsteilnehmer sogar noch auf die Pannenstelle zufährt statt ihr auszuweichen. „Ich habe Respekt, aber keine Angst“, sagt Marco Kremer dazu. Durch das viele Autofahren wisse er, „wie schnell es vorbei sein kann. Man schätzt das Leben mehr.“
Acht bis zehn Einsätze täglich für den Pannenhelfer
Wie an anderen Tagen auch, kommt Marco Kremer auch an diesem Tag auf etliche Einsätze. Durchschnittlich fahre er acht bis zehn pro Tag. Seit einiger Zeit gehören zu den Einsätzen aber nicht mehr nur Autopannen, denn auch bei Fahrrädern bietet der ADAC seinen Mitgliedern Hilfe im Pannenfall an – ganz im Sinne der Verkehrswende.
Mittlerweile ist es an diesem Donnerstag Mittag und Kremer ist wieder im Kamener Kreuz an seinem gewohnten Haltepunkt angekommen, bereit für den nächsten Einsatz. Zeit für ein Fazit: Alle Einsätze dieses Tages liefen gut, der „Gelbe Engel“ war erfolgreich – so, wie fast immer. „Die Erfolgsquote ist hoch“, erklärt Kremer und vergleicht die Pannenhelfer mit einem Notarzt beim Menschen: Denn auch bei ihm gehe es darum, die wichtigsten Maßnahmen vor Ort zu ergreifen, um etwas wieder ans Laufen zu bringen – in dem Fall das Auto. Das sei daher auch einer der schönsten Aspekte an seinem Job: „Die Leute freuen sich, wenn wir kommen“, sagt Marco Kremer.
ADAC zieht Pannenbilanz 2024
Die Zahl der Fahrzeugpannen auf den Straßen und Autobahnen in Nordrhein-Westfalen ist 2024 gestiegen. Im Schnitt hilft der ADAC in NRW 2644-mal pro Tag. Das geht aus der ADAC-Pannenhilfe-Bilanz für 2024 hervor. Die „Gelben Engel“ absolvierten in NRW fast 965.000 Einsätze. Das sind etwa 36.000 Pannenhilfen und damit knapp vier Prozent mehr als im Vorjahr. In Westfalen gab es 338.000 Pannenhilfe-Einsätze; im Raum Hamm, Unna, Kamen, Werl, Arnsberg, Hochsauerlandkreis 47.984 Einsätze und im Raum Dortmund 55.005 Einsätze.



Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel über den ADAC-Pannenhelfer erschien zuerst am 24. April 2023. Wir haben ihn aktualisiert und um die Pannenbilanz 2024 des ADAC ergänzt.