Das Schreiben von Rechtsanwalt Michael Hochstrat an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ist auf einen Tag vor Weihnachten datiert.
Der Inhalt: Mit einer Klage und einem Eilrechtsschutzantrag soll eine neue Ausgangslage für den 32-jährigen tadschikischen Staatsbürger Abdullohi S. hergestellt werden, der seit dem 12. Dezember in Abschiebehaft sitzt.
Das zuständige Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigt am Dienstag (27.12.) den Eingang der beiden asylrechtlichen Vorgänge. „Eine Entscheidung im Eilverfahren wird zeitnah erfolgen“, sagt Verwaltungsgerichtssprecherin Dr. Katharina Kolok.
Unterlagen fehlen noch
Am Dienstag oder Mittwoch sei damit aber noch nicht zu rechnen, da laut Kolok noch erforderliche Unterlagen aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fehlen. „Diese sind Grundlage der gerichtlichen Entscheidung“, sagt die Gerichtssprecherin.
Der Eilrechtsschutzantrag ist für Personen, die abgeschoben werden sollen, wichtig, damit die aufschiebende Wirkung wirksam wird und sie nicht während des Klageverfahrens abgeschoben werden können.
Laut der Klagebegründung von Rechtsanwalt Michael Hochstrat sei der Bescheid über die Abschiebung „aufzuheben“. Es liegen aus seiner Sicht „Abschiebungsverbote“ nach Tadschikistan vor.
Zudem solle es der Ausländerbehörde Dortmund bis zur Rechtskraft der Klage untersagt sein, „aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten“.
Verfolgung droht
Die Stadt Dortmund hatte die Abschiebung des Mannes damit begründet, dass er über mehrere Jahre unter einer Alias-Identität gelebt habe. Zudem sind zwei Straftaten aus den Jahren 2012 und 2014 registriert.
In dem Schreiben des Essener Rechtsanwalts ist eine Reihe von Details aufgeführt, die untermauern sollen, dass Abdullohi S. in Tadschikistan aufgrund seiner politischen Gesinnung Verfolgung droht.
S. ist Mitglied der Islamischen Partei der Wiedergeburt Tadschikistans. Diese war bis zu ihrem Verbot 2015 stärkste Oppositionspartei. Die Regierung wirft der Partei der muslimischen Minderheit Unterstützung von Terrorismus vor - laut Anwalt Hochstrat „unter Vorwänden“ und auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage.
Schikane, Gewalt und Tod
„In Tadschikistan sind Oppositionsmitglieder seit Jahren zusehends mit Schikanen, Gewalt und dem Tode bedroht, sowohl in Tadschikistan selbst, als auch im Exil“, schreibt der Anwalt von S. Als ehemaliger Wahlhelfer und Mitarbeiter der Partei bestehe eine „maßgebliche Wahrscheinlichkeit“, dass S. verfolgt werde.
Mit Verweis auf Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung heißt es. „In den letzten fünf Jahren hat sich die autoritäre Entwicklung verschärft und verfestigt. Opposition wird in Tadschikistan nicht geduldet.“
Unterstützer eingeschüchtert
Angehörige der Partei, Familienangehörige, Rechtsanwälte und Unterstützer würden „massiv eingeschüchtert“.
Weiter führt der Rechtsanwalt aus: „Einige oppositionelle Aktivisten sowie jene, denen religiöser Extremismus unterstellt wird, wurden aus mehreren ex-sowjetischen Republiken entführt und unter Zwang nach Tadschikistan gebracht. Anwälte, die oppositionelle Aktivisten vertreten, riskieren Schikanen, Drohungen und Haft.“
Verwandte mit Kontakten
Der Vater von Abdullohi S. gehört ebenfalls der Partei an und hat in Deutschland politisches Asyl erhalten. Die Ehefrau von S. ist die Nichte eines ebenfalls im Exil lebenden hochrangigen Parteifunktionärs.
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass S. über eine Möglichkeit verfüge, sich in Tadschikistan in einer anderen Region niederzulassen. „Dieser komplexe Sachverhalt kann genau wie auch die Glaubwürdigkeit des Klägers nur im Klageverfahren geklärt werden“, so Rechtsanwalt Hochstrat.
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