
DSW21-Verkehrsvorstand Hubert Jung (l.) und Dr. Heinz-Josef Pohlmann, Leiter „Betrieb und Marketing“ bei DSW21 ziehen eine Bilanz zum 9-Euro-Ticket. © Bohnenkamp/Schimmel/DSW21; Montage Westerkamp
9-Euro-Ticket-Bilanz: „Der eine oder andere ist mit Pizza in die Bahn gestiegen“
Busse und Bahnen in Dortmund
Großer Ansturm zu Beginn – und dann? Wie viele Dortmunder haben das 9-Euro-Ticket bis zuletzt genutzt? DSW21 zieht Bilanz – und sagt auch, was manche Fahrgäste in der Hand hatten.
Nach drei Monaten endet die Zeit des 9-Euro-Tickets – und DSW21 zieht eine positive Bilanz. Rund 313.000 Tickets habe das Verkehrsunternehmen insgesamt verkauft. Das sei wirklich eine beachtliche Menge, findet DSW21-Verkehrsvorstand Hubert Jung. Zumal dazu ja noch fast 80.000 Abo-Kunden kämen, die automatisch das 9-Euro-Ticket erhalten haben.
„Wir haben ein wirklich hohes Interesse entfacht. Viele Dortmunderinnen und Dortmunder wurden schnell und spürbar entlastet, insofern wurde ein zentrales Ziel der bundesweiten Rabattaktion erreicht.“
Hohes Interesse auch in den späteren Monaten
Jung: „Viele Leute, die sonst wenig oder gar nicht mit Bus und Bahn fahren, haben dies nun ausprobiert. Sie haben dabei offenkundig im Juni positive Erfahrungen gemacht und sind dann dabeigeblieben. Schließlich verliefen die Verkaufszahlen im Juli und August auf ähnlichem Niveau.“ 106.000 Tickets seien im Juni verkauft worden, 102.000 Exemplare im Juli und 105.000 im August.
Seit dem Start des 9-Euro-Tickets habe DSW21 insgesamt rund elf Prozent mehr Fahrgäste – das seien fast so viele wie vor Corona. Überfüllt seien die DSW21-Fahrzeuge damit allerdings nicht gewesen.
„Viele Fahrgäste haben das 9-Euro-Ticket vor allem für Fahrten im Freizeitbereich genutzt“, unterstreicht Dr. Heinz-Josef Pohlmann, Leiter „Betrieb und Marketing“ bei DSW21. Dafür spreche das hohe Interesse auch in den Ferienmonaten Juli und August. Außerdem seien zu den Zeiten morgens und abends, wo typischerweise durch Berufsverkehr am meisten los sei, jetzt kein Fahrgastzuwachs beobachtet worden.
Auch habe man bemerkt, so Pohlmann, dass einige Leute unterwegs gewesen seien, die sonst wenig oder gar nicht mit Bus und Bahn führen. Das belegt er unter anderem an folgender Beobachtung: „Der ein oder andere ist etwa mit einem Kaffeebecher oder einer Pizza ins Fahrzeug eingestiegen." Was ja nicht erlaubt sei. Nennenswerte Probleme hätten die unwissenden Fahrgäste aber nicht verursacht.
Schade, dass es keine Nachfolge-Lösung gibt
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des 9-Euro-Tickets sei die Einfachheit des Angebots, so Pohlmann. „Für 9 Euro in ganz Deutschland Bus und Bahn zu fahren, das zündet sofort. Das Ticket war nicht nur außergewöhnlich stark rabattiert, sondern vor allem auch für jeden leicht verständlich. Schade, dass keine entsprechend einfache Nachfolge-Lösung auf den Weg gebracht wurde.“
Auch Hubert Jung vermisst ein weiterführendes preiswerteres Ticket: „Unser Branchenverband VDV hatte mit dem 69-Euro-Klimaticket frühzeitig einen konstruktiven Vorschlag unterbreitet und zudem angeregt, im Herbst Gespräche über einen sozialpolitisch motivierten Tarif zu führen und bis Ende 2022 zu einem Ergebnis zu kommen. Diese Vorschläge wurden jedoch nicht aufgegriffen und diskutiert.“
Durch das 9-Euro-Ticket seien die Einnahmen von DSW21 um rund 18 Millionen Euro gesunken. Das entspreche ihre Prognose von 15 bis 20 Millionen Euro, die sie vor Einführung des Tickets aufgestellt hatten. Ausglichen worden sei diese Differenz vom Bund.
„Jetzt müssen wir dringend darüber sprechen, wie die Politik bei den gestiegenen Energie- und Spritkosten, unter denen viele Verkehrsunternehmen ächzen, unter die Arme greifen kann“, so Jung. DSW21 rechne aktuell mit rund fünf Millionen Euro Mehrkosten für Diesel und Strom allein im laufenden Jahr.
Gebürtiger Ostwestfale, jetzt Dortmunder. In der zehnten Klasse mit Journalismus und Fotografie angefangen. Liebt es, mit Sprache zu jonglieren – so sehr, dass er nun schon zwei Bücher übers Jonglieren geschrieben hat.