Mann (70) bei Polizeieinsatz getötet Nachbarschaft unter Schock: „Träume jede Nacht davon“

70-Jähriger bei Polizeieinsatz getötet: „träume jede Nacht davon“
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Was als normaler Freitag begann, endete in Tränen, Trauer und Fassungslosigkeit. Im Wambeler Holz, einer etwas verschlafenen Straße in Dortmund-Scharnhorst, schoss die Polizei vergangenen Freitag (14.3.) auf einen Mann. Noch vor Ort verstarb der 70-Jährige in einem Rettungswagen. Wenige Tage später sitzt der Schock noch immer tief - und die Ratlosigkeit nimmt zu. Ein Besuch.

Die Straße Wambeler Holz in Dortmund.
Wenige Tage nach dem tödlichen Polizeieinsatz ist auf den ersten Blick wieder Normalität in dem Straßenzug eingekehrt - doch der Schein trügt. © Julius Obhues

„Der liebste Mensch auf dieser Welt“

Blickt man an diesem Montagmittag an den Ort des Geschehens, wirkt es fast so, als sei nichts gewesen. Hier reiht sich Reihenhaus an Reihenhaus. Es ist ruhig, die Vögel zwitschern. Die Gegend ist umgeben von viel Grün. Für viele hier eine Idylle am Rande der Stadt. Von dem riesigen Polizeiaufgebot von letztem Freitag ist nichts geblieben. Dort, wo der 70-Jährige von einer Kugel einer Polizeipistole getroffen wurde, steht jetzt ein Auto. Die Absperrungen sind weg, doch für viele geht das Leben nicht einfach weiter, wie eine Augenzeugin erzählt.

„Das war der liebste Mensch auf dieser Welt“, erinnert sich die Anwohnerin. Er habe mit ihren Kindern gespielt, war leidenschaftlicher Motorradfahrer. „Ich träume jede Nacht davon.“ Die Bilder des zunächst schwer verletzten Mannes kann sie nicht vergessen. Das Geräusch des Schusses bleibt wie ein Ohrwurm in ihrem Kopf. Was sie vor einigen Tagen erlebt hat, ist traumatisch. Und sie ist bei Weitem nicht die Einzige.

Rund 50 Meter von dem Tatort entfernt weht ein Banner an einem Zaun. „Ruhe in Frieden! Wieder wurde die Polizei gerufen, zurück bleiben Trauernde und ein geliebter Mensch weniger“ steht darauf. Davor liegen Blumen und Grabkerzen. Es vergehen nur wenige Augenblicke, in denen niemand stehen bleibt und innehält. Der Tod des Mannes löst eine kollektive Fassungslosigkeit aus - über die Grenzen des Wambeler Holzes hinweg.

Und es gibt noch etwas, was an den Mann erinnert: Nur wenige Meter von seiner Haustür entfernt steht ein Motorrad. Verpackt in einer Faltgarage, parkt die Harley-Davidson am Straßenrand. Als warte sie nur darauf, bei dem anstehenden guten Wetter ausgefahren zu werden.

Das Motorrad des Verstorbenen steht noch immer in der Straße.
Das Motorrad des Verstorbenen steht noch immer in der Straße. © Philipp Pohl

Alles „viel zu schnell“ gegangen

Ein Nachbar steht in einer Seitenstraße und raucht. Die Stimmung seit dem Vorfall sei „ängstlich“, berichtet der noch recht junge Mann. Alles sei „viel zu schnell“ gegangen. Er fragt sich: „Warum haben die nicht einfach ins Bein geschossen? Oder den Taser benutzt?“ Er ascht ab und sagt: „Das ist alles nicht richtig.“

Ein beliebter Nachbar sei er gewesen, berichtet ein weiterer Anwohner. Ein Eindruck, der sich durch Nachrichten an unsere Redaktion bestätigt. „Auf manchen Seiten wird er als Terrorist dargestellt, aber das stimmt nicht! Er war ein anständiger Mensch, der niemandem etwas zuleide getan hat“, erklärt ein Mann, der nach eigenen Angaben Zeuge ist.

„Der Mann, der erschossen worden ist, war 15 Jahre lang ein enger Freund meiner Familie“, schreibt uns ein anderer Mann. Der 70-Jährige habe sich nach einem medizinischen Vorfall gewehrt, mit ins Krankenhaus zu fahren - er wollte nicht. „Daraufhin kam die Polizei und das Drama nahm seinen Lauf.“

Freunde des 70-Jährigen wollten dem Getöteten noch das Messer wegnehmen, seien aber von der Polizei weggeschickt worden. „Die Polizei hat jeden Passanten angeschrien, dass diese nicht zu ihm hingehen dürfen.“ Der direkte Anwohner habe die tödlichen Schüsse dann von seinem Fenster aus mit ansehen müssen.

Einige zeigen aber auch Verständnis für das Handeln der Polizeibeamten. „Es war einfach scheiße, dass er ein Messer in der Hand hatte. Für die Beamten war das eine schwierige Situation. Sie kannten ihn ja nicht.“

Angehörige, Freunde, Bekannte und Anwohner legen Kerzen und Blumen nieder - nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt.
Angehörige, Freunde, Bekannte und Anwohner legen Kerzen und Blumen nieder - nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt. © Philipp Pohl

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. März 2025.