
© Thomas Thiel
60 Seconds to Napoli: Schmeckt die Pizza so wie aus Neapel? – Neapolitanerin macht den Test
Restaurant-Check
Das Restaurant „60 Seconds to Napoli“ rühmt sich damit, original neapolitanische Pizzen zu machen. Doch stimmt das wirklich? Wir haben sie probiert – mit einer waschechten Neapolitanerin.
Wenn es um Pizzen geht, versteht Tiziana Di Matteo-Struwe keinen Spaß. Die 43-jährige Dortmunderin ist im Zentrum von Neapel geboren, der Stadt, in der die Pizza ebenso inbrünstig verehrt wird wie die Heilige Jungfrau Maria oder Diego Maradona.
Schließlich wurde das wahrscheinlich bekannteste Gericht der Welt auch in der süditalienischen Metropole erfunden. Es gibt inzwischen tausende Zubereitungsarten, doch gilt die „Pizza Napoletana“ vielen als die beste der Welt, ganz bestimmt aber allen Neapolitanern. Natürlich sieht das auch Tiziana Di Matteo-Struwe so: „Eine echte Pizza, das ist für mich Heimat“, sagt sie.
Somit ist die Mutter von zwei Kindern die perfekte Testerin des neuen Restaurants „60 Seconds to Napoli“, das Ende Mai an der Kleppingstraße geöffnet hat und von sich behauptet, original neapolitanische Pizzen zu machen. Wir waren mit Tiziana und ihrer acht Jahre alten Tochter Chiara an einem späten Donnerstagnachmittag dort Pizza essen.
Das Essen im „60 Seconds to Napoli“:
Für Tiziana kann es bei der Wahl der Pizza nur eine geben: die Margherita, die Königin unter den Pizzen. „Alles andere lenkt nur vom Originalgeschmack ab“, findet sie.
Wer also die Güte einer neapolitanischen Pizza beurteilen will, für den führt kein Weg vorbei an der klassischen Kombination der Tomatensoße aus San-Marzano-Tomaten, Fior die Latte (Kuhmilch-Mozzarella), Basilikum und Olivenöl. „Nach dem ganz traditionellen Rezept muss es eigentlich sogar Sonnenblumenöl sein, doch das machen selbst in Neapel nur noch einzelne Pizzerien so“, sagt Tiziana.
360-Grad-Bild: Sehen Sie sich im „60 Seconds to Napoli“ um!
Neben der einzig anderen anerkannten neapolitanischen Pizza, der Marinara (eine Margherita ohne Käse, dafür mit Knoblauch), hat das „60 Seconds to Napoli“ aber auch ausgefallenere Pizzen auf der Karte: etwa die Schwarzenegger mit steirischem Bergkäse und Spinat, die Don Diablo mit Chorizo und Chili-Honig oder auch eine etwas wilde Kreation namens „The Real Slim Tuna“ mit Thunfisch-Sashimi, Ingwer und Schmand.
Nichts für Tiziana, sagt sie, aber tolerierbar: „Die Leute wollen halt auch mal was anderes essen, das ist in Italien auch so.“ Und so darf Chiara natürlich auch eine Cowabunga nehmen, mit neapolitanischer Salami drauf. Ihre Mutter und ich bleiben traditionell und bestellen zwei Margherita.
Nach der Bestellung folgt bei mir die erste kleine Enttäuschung. Unbewusst habe ich gehofft, dass die Pizza nach 60 Sekunden dampfend vor mir steht, so wie es der Name des Restaurants suggeriert. Tatsächlich bezieht sich das „60 Seconds“ jedoch auf die Zeit, die die Pizza im 485 Grad heißen Ofen verbringt. Lange warten müssen wir trotzdem nicht: Rund 10 Minuten später kommen die Pizzen (der Laden ist aber zum Zeitpunkt unseres Tests auch nur halb voll).

Die Königin der Pizzen: die Margherita. © Thomas Thiel
Tiziana schließt für ein paar Sekunden die Augen, atmet den Dampf ein, der von der Pizza vor ihr aufsteigt: „Ja, das riecht für mich nach Heimat“, sagt sie lächelnd. Das Mehl, die Tomaten, das Olivenöl – alle Zutaten sollen aus der Region rund um Neapel kommen, versichert „60 Seconds to Napoli“ auf seiner Internetseite. Den Geruchstest hat die Pizza schon einmal bestanden. Doch der viel entscheidendere folgt noch: Schmeckt sie denn auch wie aus Neapel?
Tiziana inspiziert ihre Margherita genau. Für „Pizza Napoletana“ gelten strenge Regeln, erklärt sie: Der Teig muss dünn sein und beim Essen quasi auf der Zunge zergehen. Beim Rand der Pizza, dem „cornicione“, ist Knusprigkeit verpönt, er muss richtig weich sein. In der Mitte der Pizza sollte es hingegen ordentlich suppig zugehen, vom frischen und saftigen Belag.
Auch hier besteht „60 Seconds to Napoli“ den Test mit Bravour: Die gebürtige Neapolitanerin schneidet ein Stück aus der Mitte ihrer Pizza und isst es genüsslich. „Die haben einen echt guten Job gemacht!“, sagt sie beeindruckt. Am Ende des Essens wird sie zum Tresen gehen und dem Pizzabäcker dahinter – wie sich herausstellt ein junger Sizilianer namens Benito – ein „Bravo, Bravo“ zurufen, gefolgt von einem Redeschwall auf italienisch.

Die beiden Pizzabäcker Simo und Abas wechseln sich mit Benito am Steinofen des „60 Seconds to Napoli“ ab. © Oliver Schaper
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Tiziana das auch schon anders erlebt hat. Sie war in den Eröffnungstagen schon einmal bei „60 Seconds to Napoli“, abends, es war proppenvoll, Tiziana musste lange auf die Pizza warten. „Und als sie kam, war sie in der Mitte zu knusprig und trocken“, erzählt sie. Als sie Benito danach fragt, erklärt er ihr, dass sein jetziger Steinofen nicht dem Ansturm gewachsen gewesen sei. Er habe zu viele Pizzen in den Ofen packen müssen, so dass er sie nicht richtig drehen konnte. Außerdem sei die Temperatur des Ofens anfangs falsch eingestellt gewesen.
Tizianas Fazit zur Pizza ist dementsprechend eines mit leichten Abzügen: „Man kann hier beruhigt als Neapolitanerin Pizza essen gehen – abseits der Stoßzeiten.“
Die Preise:
Die Pizzen im „60 Seconds to Napoli“ gehören definitiv zu den teureren Exemplaren ihrer Art in Dortmund: Eine Margherita kostet immerhin 8 Euro, die billigste ist die Marinara mit 7 Euro. Die ausgefalleneren Pizzen gehen bis 15 Euro hoch.
Dennoch: Arm wird man nicht im „60 Seconds to Napoli“. Wir haben alles in allem, mit Getränken und Trinkgeld, 40 Euro für drei Personen bezahlt.
Die Atmosphäre im „60 Seconds to Napoli“:
Ist sehr zurückgenommen-minimalistisch. Man sitzt an Holztischen, die Polster und die Wände sind in schlichtem Grau gehalten, unterhalb der hohen Decken sieht man allerhand Rohre, die Tizianas Tochter Chiaras Fantasie anregen: „Da kann man bestimmt toll durchklettern!“

Das Interieur des „60 Seconds to Napoli“ ist schlicht gehalten. © Oliver Schaper
Ihre Mutter mag persönlich lieber das traditionelle Ambiente von neapolitanischen Pizzerien, meint aber auch: „Das ist halt modern, das mögen die jungen Leute überall so.“
Der Service:
Keinerlei Probleme, sehr freundlich und schnell, was aber auch an der frühen Uhrzeit für das Abendessen liegen könnte.
Familienfreundlichkeit im „60 Seconds to Napoli“:
Eine gesonderte Kinderkarte gibt es nicht, aber hey: hier gibt es Pizza, da sollte etwas für Kinder dabei sein. Und wenn der Hunger nicht so groß ist, bietet das Restaurant eine kleine Margherita für 5 Euro an.

Auch draußen an der Kleppingstraße gibt es bei gutem Wetter Sitzplätze. © Oliver Schaper
Barrierefreiheit:
Der ganze Laden ist ebenerdig, was gut ist für Rollstühle, Rollatoren, aber auch Kinderwagen. Nicht barrierefrei sind hingegen die Toiletten. Sie sind zu eng und verwinkelt.
Anfahrt/Parksituation:
Dank der zentralen Lage in der City ist das „60 Seconds to Napoli“ bestens mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die nächste Stadtbahnstation Reinoldikirche ist weniger als 5 Minuten zu Fuß entfernt.
Auch die Parkhausdichte ist entsprechend hoch. Die nächsten beiden sind die Tiefgaragen der Volksbank an der Viktoriastraße und die des Stadthauses am Friedensplatz.
Restaurant-Infos:
„60 Seconds to Napoli“, Kleppingstraße 22a, 44135 Dortmund; Öffnungszeiten: Mo-So, 12 - 22 Uhr; Reservierungen: Tel. 0231/70097438 oder per Mail; Internetseite: 60secondstonapoli.de.
Wie funktioniert der Restaurant-Check?
Wir gehen ohne Vorankündigung in die jeweiligen Restaurants – als ganz normale Gäste. Wir beschreiben die Läden so, wie wir über sie auch mit Freuden und Bekannten sprechen würden. Mit ihren Schwächen, mit ihren Stärken. Ehrlich.1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
