31-Jähriger stürzt in den Tod Der Bungee-Unfall am Florianturm ist bis heute einmalig

Der Bungee-Unfall am Florianturm ist bis heute einmalig
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Im Jahr 2003 passiert in Dortmund ein Unglück, das bis ins Jahr 2024 einzigartig bleiben sollte. Ein 31-jähriger Mann stürzt beim Bungeesprung vom Florianturm im Westfalenpark in den Tod, als das Bungeeseil nach über 100 erfolgreichen Sprüngen reißt. Ein Grund für dieses Unglück ist bis heute nicht gefunden.

Doch der Schock sitzt immer noch tief. Und der Unfall wirkt bis heute nach.

Der Florianturm im Westfalenpark in Dortmund im Jahr 2003. Daran baumelt ein gerissenes Bungeeseil.
Das gerissene Seil am Florianturm (Archivbild). © Archiv

Jochen Schweizer, bekannt als Unternehmer, Stuntman, Autor und eben Betreiber der im Jahr 2000 in Betrieb genommenen Bungee-Anlage, holte das Unglück erst im Oktober 2024 wieder an die Oberfläche. In einem Zeitungsinterview zu seinem neuesten Buch sagte er, dass dieser Vorfall sein Leben aus den Angeln gehoben habe: Am liebsten wäre er damals selbst gestorben, sagt er.

Die ungeklärte Schuldfrage

Eine Schuld von Schweizer an dem Tod des Springers konnte bis heute nicht eindeutig geklärt oder widerlegt werden. Schweitzer musste sich nichtsdestotrotz bis 2011 vor Gericht dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung stellen. Den juristischen folgten private Konsequenzen. Durch diesen Vorfall sei sein Unternehmen beinahe in die Insolvenz gerutscht. Das habe er nur knapp verhindern können.

Auch wurden alle seine Anlagen in Deutschland nach dem Unglück zumindest zeitweise geschlossen. 2011 hat das Dortmunder Amtsgericht das Verfahren überraschend eingestellt – gegen Geldzahlungen. Zuvor hatte Schweizer sich bereiterklärt, der Familie 40.000 Euro und dem Kinderhospiz Balthasar in Olpe 15.000 Euro zukommen zu lassen.

So tief ist der Mainzer in den Tod gestürzt (Archivbild).
So tief ist der Mainzer in den Tod gestürzt (Archivbild). © Archiv

Offene Fragen, die Gutachter klären wollten, blieben dadurch ungeklärt. War das Seil geeignet für das Gewicht des Mannes? War es für die heißen Julitemperaturen von über 35 Grad geeignet? Hätte es für weniger als die erlaubten 200 Sprünge genutzt werden sollen? Viele Fragen, keine Antworten, jedoch hätten auch Letztere den Verunglückten nicht ins Leben zurückgeholt. Was es schlimmer macht: Die Umstände des Unfalls sind erschreckend unauffällig.

Der Sprung ins Unglück

Rückblende: Drei Jahre nachdem die Bungee-Anlage von der Firma Schweizer in Betrieb genommen worden ist, kommt der 31-jährige Mainzer zusammen mit seiner Freundin in den Westfalenpark, um dort vom Florianturm zu springen.

Dieser Nervenkitzel kostet rund 100 Euro und gilt als sehr sicher – das gilt bis heute. An diesem 20. Juli, einem Sonntag, sind es etwa 35 Grad. Als der Mainzer die Aussichtsplattform des Florianturms betritt, ist es nach 16.30 Uhr. Er bekommt wegen seines Gewichtes von etwa 100 Kilogramm ein extra robustes Seil. Für alle Beteiligten ist alles wie immer. Und schon 102 Leute sind mit dem Seil vor ihm den Turm hinuntergesprungen. Insgesamt sprangen über 2000 Menschen - ohne Zwischenfall.

Florianturm in Dortmund in Schwarzweiß
Der Florianturm am Unglückstag. Die Feuerwehr war zu dem Zeitpunkt noch vor Ort (Archivbild). © Archiv

Doch als der 31-Jährige springt, geschieht das Undenkbare. Einmal zieht ihn das elastische Seil wieder nach oben, doch dann reißt es mit einem Knall. Der Mainzer fällt in die Tiefe. Das Auffangkissen kann ihn nicht retten. Er stirbt sofort. Und: Unten wartet seine Freundin.

Sie erleidet einen Schock, ein Mitarbeiter der Anlage ebenfalls. Ein weiterer Mitarbeiter, oben auf der Plattform, bekommt das zurückschnellende Seil gegen den Kopf und wird dadurch verletzt. Diverse Menschen werden Zeuge dieses Unglücks. Einer hat sich danach gegenüber unserer Redaktion geäußert:

Großes mediales Echo

„Man hat einen lauten Knall gehört“. Mit diesem Zitat leitet unser Redakteur Oliver Volmerich 2003 den Zeugenbericht von Denny Hotzer aus Recklinghausen ein. Und weiter: „Ein älterer Mann mit Kamera sagte noch: ‚Jetzt springt er‘. Das Bungeeseil mit dem Mann sprang noch einmal hoch, dann ist es gerissen.“ Zwei Stunden nach dem Unfall war Hotzer sichtlich geschockt.

Weitere Reaktionen kamen damals beispielsweise vom Stadtdezernenten Jörg Stüdemann: „Das ist schrecklich – besonders für die Angehörigen“, sagte Stüdemann etwa eine Stunde nach dem Sprung. Gleichzeitig mit ihm erschien Annette Kulozik, die Parkleiterin des Westfalenparks, die ihr Beileid ausdrückte.

Jochen Schweizer im Jahr 2003.
Jochen Schweizer im Jahr 2003. Er war für die Anlage in Dortmund verantwortlich (Archiv). © Archiv

Die Polizei nahm damals die Ermittlungen sofort auf, sperrte weite Teile um den Turm ab, befragte Augenzeugen, sicherte Speicherkarten von Kameras und befragte die verletzten beziehungsweise geschockten Mitarbeiter der Schweizer-Anlage.

Der 31-Jährige sollte der erste Bungee-Tote in Deutschland sein. Und er ist bis heute ein tragischer Einzelfall.

In den Jahren danach gab es keinen vergleichbaren Fall. Möglicherweise haben verstärkte Sicherheitsmaßnahmen nach dem Unglück aus Dortmund dazu beigetragen.