An der Ecke Zimmerstraße/Priorstraße in der Nordstadt wurde am Montag (10.10) auf eine Gruppe geschossen. Dabei wurde ein 28-Jähriger zweimal am Bein getroffen. Die Folgen sind auf dem rechten Bild zu sehen.

An der Ecke Zimmerstraße/Priorstraße in der Nordstadt wurde am Montag (10.10) auf eine Gruppe geschossen. Dabei wurde ein 28-Jähriger zweimal am Bein getroffen. Die Folgen sind auf dem rechten Bild zu sehen. © privat/Tim Schulze/Montage RN

28-Jähriger wurde in der Nordstadt angeschossen: „Ich hätte tot sein können“

rnKriminalität

Ein 28-Jähriger wurde am Montagabend (10.10.) in der Nordstadt angeschossen. Er nennt Details zum Tathergang und dem mutmaßlichen Schützen - und sagt, warum er letztlich noch Glück hatte.

Dortmund

, 15.10.2022, 17:20 Uhr / Lesedauer: 3 min

Er sagt, er habe Angst. Davor, dass die Leute, die für seine Schussverletzung verantwortlich sind, ihm oder seiner Familie etwas tun könnten. Deshalb will H. nicht, dass unsere Redaktion seinen Namen oder ein Foto seines Gesichts veröffentlicht.

Der 28-Jährige wurde am Montagabend gegen 20.30 Uhr an der Ecke Zimmerstraße/Priorstraße in der Nordstadt angeschossen. Am Freitagmittag (14.10.) liegt er zugedeckt auf dem Sofa im Wohnzimmer seiner Wohnung in der Nordstadt - nicht weit vom Tatort entfernt. Hier leben H. und seine Frau mit ihren beiden Kindern.

Pflaster auf dem Oberschenkel

H. hat noch immer starke Schmerzen. Auf Nachfrage unseres Reporters schiebt er die Decke beiseite. Auf seinem Oberschenkel kleben zwei große Pflaster. Sie verdecken die Schusswunden, die H. erlitten hat. Warum ihm das passiert sei? „Ich weiß es nicht“, sagt er.

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Der 28-Jährige und seine Frau erzählen, dass sie vor knapp fünf Jahren nach Deutschland gekommen seien. Sie stammen aus der spanischen Enklave Melilla an der nordafrikanischen Mittelmeerküste. Sie seien nach Deutschland ausgewandert, um hier Arbeit zu finden. Aktuell sei er als Staplerfahrer in einem Lager in Bochum beschäftigt, sagt H. Seine Frau arbeite bei einem großen Händler für Sportbedarf.

Mutmaßlicher Schütze ist polizeibekannt

H. betont, dass die Familie ein gesetzestreues Leben führe. Mit Drogen, Waffen oder anderen kriminellen Machenschaften habe er nichts zu tun, beteuert der 28-Jährige. Von dem mutmaßlichen Schützen, den H. kennt, könne man das hingegen nicht behaupten. Dieser mache „immer nur Stress“. Dafür sei der Mann, der nach Polizeiangaben ebenfalls 28 Jahre alt ist, in Dortmunds Nordstadt gut bekannt.

Die Polizei hatte den mutmaßlichen Täter am Dienstag (11.10.) mit Hilfe von Spezialeinsatzkräften in der Wohnung seiner Lebensgefährtin festgenommen. Er war schon zuvor mehrfach wegen Gewalt- und Drogendelikten aufgefallen. Aktuell sitzt er in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm ein versuchtes Tötungsdelikt vor. Bisher habe er sich nicht dazu geäußert, sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Freitagmorgen.

Schüsse aus einer Pistole

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Schütze aus dem geöffneten Fenster eines Autos auf eine Gruppe von Männern gefeuert hat, die sich an der Ecke Zimmerstraße/Priorstraße aufhielt. H. bestätigt das. Er habe dort mit anderen Leuten vor einem kleinen Lebensmittelmarkt gesessen und ein Bier getrunken. Das Auto, das angefahren gekommen war, habe er zunächst nicht wahrgenommen. „Ich habe aufs Handy geguckt“, erzählt H.

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Dann seien die Schüsse aus einer Pistole gefallen. „Bumm, bumm, bumm“, imitiert der 28-Jährige die Geräusche. Das Auto, ein Audi, sei anschließend davongefahren. Er sei unmittelbar nach den Treffern hochgeschnellt, sein Handy sei auf den Boden gefallen. Erst danach habe er bemerkt, dass sein Bein stark blutet. Helfer hätten versucht, die Blutung zu stoppen.

Mehrere Autos in der Nähe getroffen

Ihm sei übel gewesen, sodass er sich habe übergeben müssen, berichtet H. Er sei dann ohnmächtig geworden und erst wieder zu sich gekommen, als er im Krankenwagen lag und ein Arzt ihn behandelte.

Der 28-Jährige erzählt, dass der Schütze nicht gezielt gefeuert, sondern vielmehr herumgeballert habe. Deshalb habe dieser auch mehrere Autos in der Nähe beschädigt. Genauso gut hätten ihn Kugeln in den Kopf oder in die Brust treffen können. „Ich hätte tot sein können“, sagt H. Menschen, die so etwas tun, seien „kaputt im Kopf“.

Gegenüberstellung bei der Polizei

Von Streit mit dem mutmaßlichen Schützen im Vorfeld der Tat wisse er nichts, sagt H. Möglicherweise habe der Angriff einer anderen Person gegolten. Wem und aus welchem Grund - darüber habe er keine Informationen. Den mutmaßlichen Täter habe er jedoch während einer Gegenüberstellung bei der Polizei eindeutig identifizieren können.

H. sagt, in dem Auto hätten noch ein weiterer Mann und eine Frau, die den Audi steuerte, gesessen. Beide seien weiterhin auf freiem Fuß. Insbesondere deshalb habe er Angst, dass ihm oder seiner Familie etwas Schlimmes passieren könnte.

Regelmäßige Arztbesuche

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass die Ermittler eine Frau identifiziert hätten, die am Steuer des Autos saß. Ihr habe man jedoch keine Tatbeteiligung nachweisen können. Auch den von H. genannten Insassen habe man identifiziert, aber auch ihm habe man Tatbeteiligung nachweisen können, sagte die Sprecherin auf Nachfrage am Donnerstag (20.10.).

Seit der Tat geht H., der aktuell nur auf Krücken und unter großer Anstrengung laufen kann, regelmäßig zu einem Arzt, der den Heilungsprozess kontrolliert. H. sagt, er stehe noch immer unter Schock. Er könne keine feste Nahrung zu sich nehmen und habe bereits mehrere Kilo Körpergewicht verloren. Immerhin müsse er sich aber keine Sorgen um seinen Job machen. Sein Chef habe Verständnis für die längere Ausfallzeit.

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