
Das muss ein Ende haben. Das seit Jahren ungebremste Aufblähen des städtischen Verwaltungsapparats ist verantwortungslos und muss gestoppt werden. Das gilt umso mehr, als das Tempo des Personalwachstums steigt.
In den fünf Jahren zwischen 2014 und 2019 hat die Stadt 678,53 zusätzliche Planstellen geschaffen. Das waren im Schnitt 135,7 Stellen pro Jahr.
In den sechs Folgejahren zwischen 2019 und 2025 (hier gilt die Zahl aus dem Haushaltsplan) waren es 1.387,5 Planstellen, also 231,3 neue Planstellen pro Jahr. Das entspricht einem Anstieg von 70,5 Prozent. Wo soll das hinführen? Man muss kein Mathegenie sein, um zu erkennen, dass das eigentlich nur in einem finanziellen Desaster enden kann.
An dieser Stelle daher sechs Argumente für ein radikales Umdenken in der Dortmunder Finanzpolitik:
1. „Deckel“ bewirkt das Gegenteil
1. Der von der Stadt quasi als Ausdruck bürokratischer Askese gefeierte „Deckel“ von maximal 200 zusätzlichen Stellen (in Wahrheit dürfen es noch viel mehr sein) ist ein Witz und geradezu schizophren. Er vermittelt den Eindruck, dass ein Anstieg um 200 Stellen pro Jahr in Ordnung sei. Das ist er aber ganz und gar nicht.
So ein Deckel lädt vielmehr die Abteilungs-, Amtsleiter und sonstigen Köpfe im Rathaus geradezu ein, immer neues, zusätzliches Personal zu fordern. Das Ergebnis: Für den Etat 2025/26 haben sie den Bedarf für 880 zusätzliche Planstellen angemeldet.
Mich überrascht so ein Wahnsinn nicht: Wer als Vorgesetzter sagt, dass er mit seinem Personal gut auskommt, dürfte als Depp unter Kollegen dastehen – wo es doch mindestens 200 Stellen zu verteilen gibt. Da muss man doch auch ein Stück vom Kuchen abhaben!
Fazit: Der Deckel gehört in die Tonne. Stattdessen muss die Maxime gelten: Es gibt nicht eine einzige neue Stelle! Wenn es neue Aufgaben gibt, wird anderes gestrichen, wo das geht, ansonsten umgeschichtet und die verbleibende Mehrarbeit verteilt. Das funktioniert bei rund 11.000 Beschäftigten und etwas gutem Willen mit Sicherheit.
2. Gefährliches Spiel mit „geschenkten“ Stellen
2. Das Spielchen mit „geschenkten Stellen“, die nicht die Stadt selbst bezahlen muss, sondern die aus Töpfen der EU, des Bundes oder von wem auch immer bezahlt werden, ist in dreierlei Hinsicht gefährlich.
Erstens verleitet es dazu, Stellen zu schaffen, die man eigentlich gar nicht benötigt: Wenn‘s für uns umsonst ist, warum nicht? So vergeudet man Zeit und Geld für das Bewerbungsprocedere.
Zweitens sind solche Stellen immer befristet, wie jetzt die 40 zusätzlichen Posten für den öffentlichen Gesundheitsdienst, denen keine neuen, zusätzlichen Aufgaben zugeordnet sind. Das heißt: Die gleiche Arbeit wird nur auf mehr Schultern verteilt. Glaubt irgendjemand, dass nach dem Ende der Projektphase diese Stellen ohne Murren und Theater wieder abgebaut werden? Ich nicht. Dann aber gehen sie aller Wahrscheinlichkeit nach voll zu Lasten des städtischen Haushalts.
Drittens: Egal, ob Stellen von der EU, vom Bund, vom Land oder von der Stadt bezahlt werden, eines steht fest: Es ist immer und grundsätzlich das Geld der Steuerzahler. Deshalb sollten auch bei der Stadt beschäftigte Menschen sehr, sehr sorgsam mit dem Geld anderer Leute, das aus anderen Töpfen kommt, umgehen.
3. Die „Innere Verwaltung“ und die Selbstorganisation
3. Es ist unbegreiflich, wieso gerade die „Innere Verwaltung“ besonders hohe Zuwächse beim Personal und bei den Gesamtkosten hat. Letztlich geht es bei der „Inneren Verwaltung“ doch zum ganz überwiegenden Teil um die Selbstorganisation der Verwaltung. Das muss doch hinzukriegen sein, ohne permanent neue Schreibtische in neue Büros zu stellen.
Wenn dann die Stadt als Argument für zusätzlichen Personalbedarf in der Inneren Verwaltung unter anderem „mehr Planstellen“ anführt, um die man sich in der Personalverwaltung kümmern müsse, könnte ich schreien, so abstrus ist das. Umgekehrt heißt das aber auch: Schraubt man die Zahl der Planstellen insgesamt nach unten, sind weniger Leute in der Inneren Verwaltung nötig.
4. Schaffen die Bürokraten immer neue Bürokratie?
4. Ich habe es versucht, aber ich bekomme einen bösen Gedanken einfach nicht aus meinem Kopf: Kann es sein, dass eine Verwaltungsbürokratie grundsätzlich die Tendenz hat, sich selbst den Arbeitsplatz zu sichern, indem immer neue Aufgaben, neue Bürokratie-Pirouetten geschaffen werden?
Die ausufernden Personalzahlen sind ja kein Exklusiv-Phänomen der Stadt Dortmund, sondern die lassen sich in allen öffentlichen Verwaltungen auf allen Ebenen feststellen. Oder kennen Sie einen Fall, wo eine mit Steuergeldern finanzierte Verwaltung freiwillig Stellen abgebaut hat? Ich nicht.
Dass andere ebenso freigiebig immer neue Stellen schaffen, ist allerdings keine Rechtfertigung für die Stadt Dortmund, ihnen nachzueifern.
5. Die Pommesbude und Wilo in einem Boot
5. Die Stadtverwaltung ist kein Wirtschaftsbetrieb. Sie muss ihre Position nie am Markt gegen Mitbewerber behaupten. Die Stadtverwaltung hat keine Konkurrenz und keinen Kostendruck, wie jeder beliebige Wirtschaftsbetrieb ihn kennt – egal, ob eine Pommesbude in Scharnhorst oder ein Weltkonzern wie Wilo im Dortmunder Süden.
Fehlende Konkurrenz und fehlender echter Kostendruck (eine Stadt geht nie in die Insolvenz, bei der alle Beschäftigten ihren Job verlieren), fördert mit Sicherheit einen eher sorglosen Umgang mit den Ressourcen, auch was das Personal angeht.
6. Wer stiehlt wem die Fachkräfte?
6. Ein letzter Punkt: Die Stadtverwaltung kostet nur Geld, erwirtschaftet selbst aber nichts. Ja, natürlich zahlen auch die dort Beschäftigten Steuern. Die aber werden wieder aus Steuern bezahlt. Linke Tasche, rechte Tasche.
So betrachtet, ist jeder öffentliche Verwaltungs-Job für die Gesamtwirtschaft unter steuerlichen Aspekten unproduktiv. Wenn die Stadt steigenden Personalbedarf in der Inneren Verwaltung unter anderem mit dem Fachkräftemangel begründet, ist das daher ein Eigentor. Es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet die „unproduktive“ Verwaltung den Wirtschaftsbetrieben, in denen die Gelder für alle öffentlichen Haushalte erwirtschaftet werden, die Fachkräfte wegnimmt.
Es bleibt dabei: Die Stellenexplosion muss ein Ende haben. Oder wie es der Experte vom Bund der Steuerzahler sagt: Es muss für Dortmund eher darum gehen, Stellen ab- als aufzubauen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
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