200 neue Planstellen im Jahr - ist das bescheiden? Bund der Steuerzahler übt harsche Kritik

Städtischer Personalberg wächst und wächst: 200 neue Planstellen im Jahr gilt als bescheiden
Lesezeit

Es war so etwas wie eine Notbremse, als der Verwaltungsvorstand im Frühjahr 2022 eine Obergrenze für den Stellenzuwachs beschloss. Künftig sollten nicht mehr als 200 zusätzliche Stellen im Jahr für die Stadtverwaltung geschaffen werden. Die Politik begrüßte zwar diese Obergrenze, bindend für Entscheidungen des Rates ist sie allerdings nicht. Er kann und sollte sich daran halten, muss es aber nicht.

Auf unsere Frage, ob dieses 200 Posten große Kontingent nicht wie ein Freibrief sei, immer neue Stellen zu schaffen, wiegelt die Stadt ab. Das sei nicht der Fall: „Die Einrichtung neuer Planstellen soll hier keinen Selbstzweck haben.“

Stadthaus Dortmund
Im Stadthaus sind zahlreiche Büros der Stadtverwaltung untergebracht. © schütze

Auch unsere Fragen, ob dank dieses 200-er-Pools nicht mehr so genau geprüft werde, ob etwas wirklich notwendig ist, ob nicht Arbeiten anders organisiert werden könnten und man mit dem bestehenden Personal auskommen könne, verneint die Pressestelle der Stadt in einer schriftlichen Antwort: „Die Obergrenze bedeutet ausdrücklich nicht, dass Stellenmehrbedarfe bis zu dieser Größenordnung ungeprüft durchgewunken werden‘.“

Eine Obergrenze, die in Wahrheit keine ist

Zu beachten ist dabei, dass es sich tatsächlich bei den 200 zusätzlichen Stellen gar nicht um eine echte Obergrenze handelt. Es geht hier ausschließlich um zusätzliche, voll durch die Stadt finanzierte, auf Dauer eingerichtete Stellen, die von der Stadt dann auch auf Dauer finanziert werden müssen. Das hatte Personaldezernent Christian Uhr vor kurzem gegenüber unserer Redaktion erläutert.

Stellen dagegen, die aus Fördertöpfen von Bund, Land, EU oder wem auch immer finanziert werden, können noch zusätzlich zu den 200 Posten eingerichtet werden. Und wenn eine bestehende Planstelle in einem Bereich nicht mehr benötigt wird und eigentlich wegfallen müsste, dann kann man dafür eine neue Stelle mit neuer Aufgabenbeschreibung schaffen, ohne dass diese beim 200er-Pool mitgezählt wird.

„Obergrenze ist in dieser Sache nicht dienlich“

Neben all diesen Hintertürchen, die Obergrenze zu durchbrechen, reicht selbst diese Zuwachs-Größenordnung offenbar dem obersten Chef der Verwaltung nicht aus. Im Juni hatte Oberbürgermeister Thomas Westphal in einem Papier erklärt, dass es immer deutlicher werde, „dass konkrete strategische Zielsetzungen von der Betrachtung ausgenommen werden sollten“. Was nichts anderes bedeutet als: Im Zweifel sollten wir uns nicht an die selbst auferlegte Beschränkung halten.

Der Bund der Steuerzahler NRW betrachtet die 200er-Obergrenze ohnehin generell kritisch: „Aus unserer Perspektive macht eine solche Obergrenze wenig Sinn“, antwortet Joscha Slowik, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik beim Bund der Steuerzahler NRW, auf unsere Anfrage. „Zum einen könnten Anreize entstehen, diese Grenze auch ‚auszureizen‘. Zum anderen sollte sich am wirklichen Bedarf orientiert werden. Eine willkürlich, als absolut gefasste Obergrenze ist in dieser Sache nicht dienlich.“

Sie haben Informationen zu diesem oder einem anderen Thema - wollen aber anonym bleiben? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten: rn.de/briefkasten