Wellensteyn am Westenhellweg
15-Jähriger wurde nicht in Modegeschäft gelassen
Es ist Winter, da ist eine wärmende Jacke hilfreich. Allzu viel Wärme schlug Dogukan Ayyildiz am Dienstag nach eigener Aussage aber nicht entgegen, als er sich bei Wellensteyn am Westenhellweg nach einer Jacke umsehen wollte. Er ist gar nicht erst hineingelassen worden. Aber warum?
Im Getränkemarkt von Dogukan Ayyildiz‘ Eltern sind alle Kunden willkommen. Dogukan fühlte sich als Kunde bei Wellensteyn unwillkommen.
Der 15-jährige Dortmunder, der mit einem Freund unterwegs war, war völlig baff. „Ein Mann hat mir gesagt, dass mein Budget eh nicht ausreicht.“ Das sei ihm und seinem Freund peinlich gewesen. „Wir sind dann gegangen.“ Dogukan wollte sich eine Jacke aussuchen – gemeinsam mit seinen Eltern wollte er sie am Samstag kaufen.
Seine Mutter Güven Ayyildiz findet es „unverschämt“, dass ihr Sohn mit dem Verweis auf fehlendes Budget nicht in den Laden durfte. Sie und ihr Mann betreiben einen Getränkemarkt. „Kunde ist Kunde“, sagt sie, „man kann doch niemandem ansehen, ob er Geld im Portemonnaie hat oder nicht.“ Und im Laden umsehen dürfe sich ja wohl jeder.
Store Manager gab sich ahnungslos
Besuch bei Wellensteyn, gestern Vormittag. Der Store Manager gibt sich ahnungslos, will keine Kenntnis von dem Vorfall haben. Da müsse er seine Mitarbeiter fragen. Bei einem Anruf am Nachmittag erinnert sich der Store Manager dann plötzlich doch: Er selbst habe rauchend vor dem Laden gestanden und mit dem 15-Jährigen gesprochen. Der habe gefragt, ob er eine Jacke kaufen dürfe; als er angab, 15 zu sein, habe er, der Store Manager, das verneint. Der Junge dürfe ohne seine Eltern keine Jacke kaufen.
Die Schilderung des Jungen, er sei mit Verweis auf nicht vorhandenes Budget nicht hineingelassen worden, bestreitet der Store Manager. „So etwas machen wir nicht.“
Güven Ayyildiz glaubt das nicht, sie vertraut ihrem Sohn, der völlig niedergeschlagen nach Hause gekommen sei. Sie will die Sache nicht auf sich beruhen lassen und nachfragen, „warum mein Sohn da abserviert worden ist“. Eine Jacke werde man dort nicht mehr kaufen.
"Taschengeldparagraph"
Bei Wellensteyn, wo die meisten Modelle zwischen 200 und 300 Euro kosten, erklärt der Store Manager, sei es gang und gäbe, dass Minderjährige alleine – ohne Erziehungsberechtigte – keine teure Jacke kaufen dürfen. Man wolle zumindest mit den Eltern telefonieren, oder bitte die Jugendlichen, mit ihren Eltern wiederzukommen. Denn in mehreren Fällen, wo man teure Käufe doch erlaubt habe, seien hinterher, Wochen später, Eltern erschienen und hätten die Rücknahme der Jacke gefordert: Denn sie hätten dem Kauf niemals zugestimmt.
Als Händler bleibe man dann auf der getragenen Jacke sitzen, so der Wellensteyn-Store-Manager. Daher halte man sich an den „Taschengeldparagraph“ (§ 110 Bürgerliches Gesetzbuch), der im Prinzip besagt: Ohne Zustimmung der Eltern dürfen Minderjährige etwas von dem Geld kaufen, was ihnen ihre Eltern für diesen Zweck oder zur freien Verfügung überlassen haben (Taschengeld).
"Da sollte ein Händler vorsichtig sein"
„Alles was den üblichen Rahmen des monatlichen Taschengeldes übersteigt – da sollte ein Händler vorsichtig sein“, sagt Thomas Schäfer, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW Westfalen-Münsterland. Das Problem: Im BGB steht nicht, wie viel Taschengeld üblich ist, und das variiert auch in der Praxis stark. Dass viele Händler Minderjährigen ohne Begleitung keine teuren Produkte verkaufen, „kann man einem Händler nicht vorwerfen – da muss er sich absichern“, so Schäfer.
Auch Helene Schulte-Bories von der Verbraucherzentrale Dortmund sagt, Händler seien gut beraten, zu wissen, dass Minderjährige nur beschränkt geschäftsfähig sind.