Zweiter Sozialbericht für Dorsten Überproportionale Benachteiligung in einigen Stadtteilen

Zweiter Sozialbericht: Einige Stadtteile stärker benachteiligt
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Dies ist nur eines von vielen Ergebnissen, die der zweite Sozialbericht der Stadt aufweist. 2020 wurde der erste vorgestellt, der sich auf das Referenzjahr 2018 bezog. Der Neue, der dem Sozialausschuss am Montag (7. April) vorgestellt wird, legt 2023 als Referenzjahr zugrunde.

Auf fast 300 Seiten soll ein „Überblick über die aktuellen sozialen Entwicklungen in unserer Stadt mit ihren elf Stadteilen“ gegeben werden, wie Bürgermeister Tobias Stockhoff im Vorwort schreibt.

Der Bericht soll Herausforderungen und Chancen in den Bereichen Demografie, Integration, Betreuung, Bildung, Erwerbsbeteiligung, Gesundheit, Wohnen und gesellschaftlicher Teilhabe aufzeigen.

Demografie

Die Altersstruktur in den Dorstener Stadtteilen zum Stichtag 31. Dezember 2023 in einer Tabelle
Die Altersstruktur in den Dorstener Stadtteilen zum Stichtag 31. Dezember 2023 © Stadt Dorsten

Ohne die Migration würde Dorsten schrumpfen. In jedem Stadtteil lag die Geburtenrate unter der Todesrate. Insgesamt stieg aber die Zahl der Älteren. Während 2018 noch 5.036 Menschen über 80 Jahre alt waren, wurden zum Stichtag 31. Dezember 2023 5.738 Über-80-Jährige in Dorstener gezählt. Aber auch bei den Minderjährigen gibt es einen Bevölkerungszuwachs. Zwischen 2018 und 2023 stieg die Zahl der Drei- bis Fünfjährigen von 1.913 auf 2.250 und bei den Sechs- bis 14-Jährigen von 5.848 auf 6.302.

Für den zuletzt genannten Effekt ist auch die Migrationsbewegung verantwortlich: „Die Anzahl der Nichtdeutschen ist im Laufe der letzten fünf Jahre (2018: 5.627 Personen) um etwa 40 Prozent beziehungsweise 2.285 Personen gestiegen. Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 10 Prozent“, so der Sozialbericht. Einen Migrationshintergrund haben 19 Prozent in Dorsten.

Der Anteil der nicht deutschen Personen sei in den Altersgruppen zwischen 25 bis 44 Jahren (2.787 Personen) und 45 bis 64 Jahren (1.908 Personen) am größten, so der Sozialbericht.

Der prozentuale Anstieg zwischen den Jahren 2018 und 2023 fiel hingegen bei der Altersgruppe zwischen 10 und 17 Jahren am höchsten aus. Um mehr als 98 Prozent stieg die Zahl nicht deutscher Kinder und Jugendlicher in dieser Altersklasse: von 404 auf 802 zu den Stichtagen.

Geringere Chancen

„Ein direkter Migrationshintergrund, eine traumatische Fluchterfahrung oder keine deutschen Sprachkenntnisse können vor allem Kinder sowie Jugendliche und ihre Aufwachsensbedingungen beeinflussen“, so der Sozialbericht. Kinder aus Familien mit internationaler Herkunft, die in Deutschland geboren oder in sehr jungen Jahren zugewandert sind, hätten oft bessere Chancen auf soziale und ökonomische Integration als kürzlich Geflüchtete.

Der Sozialbericht untersucht auch die Haushaltssituation. „Im Stadtteil Altstadt, dem Stadtteil mit dem höchsten Altenquotienten, ist der Anteil der verwitweten Personen mit 13,9 Prozentpunkten doppelt so hoch wie im gesamtstädtischen Durchschnitt. Hier ist aber auch der Altenquotient besonders hoch und gleichzeitig der Anteil der Frauen mit annähernd 54 Prozent deutlich höher als der Anteil der männlichen Bevölkerung. Mehr als 21 Prozent der weiblichen Bevölkerung im Stadtteil Altstadt ist verwitwet.“

Überdurchschnittlich viele Geschiedene gibt es in der Altstadt, während der Anteil der Personen der Verheirateten im Verhältnis zu anderen Stadtteilen am geringsten sei. „Am höchsten ist der Anteil der Verheirateten in den dörflichen Stadtteilen wie Altendorf-Ulfkotte, Deuten, Östrich, Rhade und Lembeck.“

Beschäftigung

Auch der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in den nördlichen Stadtteilen Lembeck und Rhade mit mehr als 70 Prozent am höchsten, so der Sozialbericht. „In Hervest sowie der Altstadt ist der Prozentsatz hingegen am geringsten. Dort ist der Anteil im Vergleich zu den höchsten Werten um etwa 10 Prozentpunkte niedriger.“

Zwischen Männern und Frauen nähere sich das Ausmaß der Beschäftigung in der Stadt an, so der Bericht. Die niedrigste Beschäftigungsquote bei Frauen gebe es in Barkenberg (42,5 Prozent) sowie in den Stadtteilen Rhade, Altendorf-Ulfkotte und Hervest. Im Stadtteil Hardt liegt die Beschäftigungsquote der Frauen, wie auch in 2018, bei über 48 Prozent. Rückläufig ist insgesamt der Anteil der geringfügig Beschäftigten.

Der überwiegende Anteil an Alleinerziehenden in Dorsten lebt in Wulfen-Barkenberg (27,6 Prozent aller Alleinziehenden-Bedarfsgemeinschaften), in den Stadtteilen Hervest (25,9 Prozent) und Holsterhausen (20,9 Prozent). Es sei kein Geheimnis, dass Alleinerziehende besonders von Armut bedroht seien, so der Sozialbericht.

Um mehr als das doppelte stiegen die Meldungen von Kindeswohlgefährdung von 2018 auf 2023 in Dorsten: von 172 auf 406. Auch die Zahl der Inobhutnahmen stieg von 36 auf 65. Prozentual waren mehr Mädchen (55 Prozent) betroffen.

Sozialräume

Im Bericht wird dafür geworben, nicht nur den Blick auf Stadtteile, sondern auch kleinteiliger auf Sozialräume zu lenken. Als Beispiele werden Altendorf-Ulfkotte mit Tönsholt sowie Wulfen und Barkenberg genannt. Die Gebäude in Tönsholt befänden sich in schlechtem Zustand, es gebe dort keine Nahversorgung und wenig ÖPNV-Angebot.

Auch bei der Herkunft der Menschen gebe es deutliche Unterschiede zwischen Altendorf-Ulfkotte und Tönsholt.

So setzt sich die Bevölkerung in Altendorf-Ulfkotte zusammen. Darin sind enthalten die Zahlen für Tönsholt, die sich deutlich unterscheiden.
So setzt sich die Bevölkerung in Altendorf-Ulfkotte zusammen. Darin sind enthalten die Zahlen für Tönsholt, die sich deutlich unterscheiden. © Stadt Dorsten

Im Vergleich zu Wulfen sei der „Bevölkerungsanteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Barkenberg geringer. Gleichzeitig leben dort deutlich mehr Kinder in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II: mehr als 33 Prozent von allen Kindern im Stadtgebiet“, so der Sozialbericht.

Mehr als 14,5 Prozent aller minderjährigen Kinder und Volljährigen wachsen laut Bericht in Dorsten „in einer Lebenssituation mit familiärer Armut auf. Besonders betroffen sind die Kinder und Jugendlichen, die in den Stadtteilen Wulfen (25,1 Prozent), Altstadt (20,1 Prozent) oder Hervest (18,6 Prozent) aufwachsen“.

Bei Armutsrisiken und besonderen Problemlagen setze sich in den Stadtteilen Wulfen, Altstadt, Hervest und Holsterhausen die „benachteiligte Entwicklung“ fort, die bereits im ersten Sozialbericht erkannt wurde.