
© Lydia Heuser
Zu viele Anrufer überlasten Leitungen der Hausarztpraxis
Coronavirus
Hohes Anrufaufkommen seit Corona: Allgemeinmediziner Markus Finke hat zu drastischen Maßnahmen gegriffen, weil die Telefonanlage seiner Gemeinschaftspraxis drohte zusammenzubrechen.
Corona hat alles verändert, auch den Besuch beim Arzt. Wer quälenden Husten und eine verstopfte Nase hatte, ging vor dem Lockdown zu seinem Hausarzt, ließ sich eine Krankenmeldung geben und Medikamente verschreiben. Im Notfall haben die wenigsten Patienten vorab angerufen, um einen Termin zu vereinbaren.
Patienten überlasten Telefonanlage
Jetzt zeichnet sich ein anderes Bild ab: Da jeder Patient mit Erkältungssymptomen ein potenzieller Covid-19-Patient sein könnte, lassen Ärzte Vorsicht walten und bitten um telefonische Absprache. „Seit dem Lockdown geht bei uns alles telefonisch, wir haben die Patienten aktiv aus der Praxis rausgehalten“, erklärt Markus Finke, der eine Gemeinschaftspraxis mit Jan-Gerrit Voigt führt.
Wenngleich der Allgemeinmediziner das Verhalten der Patienten lobenswert findet, bringe es doch auch Nachteile mit sich. „Unsere Telefonanlage ist völlig überlastet“, gibt er zu. Anrufer müssen Geduld mitbringen. Etwa 200 Anrufe täglich gingen in der Praxis ein, schätzt er.
Durch den Beginn der Grippesaison sei das Aufkommen noch mal gestiegen. Markus Finke stellt einen „irren Anstieg der Nachfrage“ nach dem Grippeimpfstoff fest. „Die Nachfrage hat sich verdoppelt im Vergleich zu den Vorjahren.“
Die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) appelliert an Patienten mit Symptomen, die auf einen Infekt hindeuten, vorher in der Hausarztpraxis anzurufen. „Wenn es Corona sein könnte, sollte man nicht einfach in die Praxis gehen“, so Pressesprecherin Vanessa Pudlo. Dass Praxisbesucher grundsätzlich vorab anrufen, sei jedoch unnötig.
Ansagentext ist ausgeschaltet
Die Östricher Praxis an der Hardtstraße fordert ihre Patienten auf ihrer Homepage ausdrücklich auf, bei „akuten anderweitigen Erkrankungen“ wie gewohnt „direkt in die Praxis“ zu kommen. Dass stattdessen sogar Rezeptwünsche telefonisch ablaufen, beansprucht die Telefonanlage zusätzlich.
Den Ansagetext mit Auswahlmenü, der entweder zur Terminvereinbarung führte oder auf einen Anrufbeantworter, auf den man sein Rezept vorbestellen konnte, hat das Praxisteam von Voigt und Finke vor etwa zehn Tagen auf Anraten eines EDV-Experten ausgeschaltet. „Auf vier Leitungen gingen sechs Anrufe gleichzeitig ein“, schildert Finke die Situation.

Im Backoffice kümmert sich Waltraud Klein um die eingehenden Anrufe. © Lydia Heuser
Rezepte per E-Mail vorbestellen
„Die Ideallösung ist das natürlich nicht“, weiß er. Markus Finke sah aber keine andere Möglichkeit: „Die Patienten kamen ja gar nicht mehr zu uns durch.“ Jetzt fallen der Ansagetext und das Auswahlmenü weg.
Beschwerden wegen schlechter telefonischer Erreichbarkeit seien vor Corona deutlich seltener gewesen. Einige hätten sogar den E-Mail-Weg gewählt, um Rezepte vorzubestellen. „Die arbeiten wir auch noch ab“, wenngleich die E-Mail-Adresse der Praxis nicht offiziell für solche Anliegen gedacht ist. „Vielleicht richten wir noch eine Rezept-Mail-Adresse ein“, überlegt der Allgemeinmediziner.
Andere Praxen bieten diesen Service laut ihrer Webseiten schon an. Die Gemeinschaftspraxis Dr. Giek und Schattka im Ärztehaus La Vie beispielsweise stellt ein Kontaktformular für Rezepte und Überweisungen bereit, das online ausgefüllt werden kann. Die Papiere würden dann zur Abholung vorbereitet.
Zwei Mitarbeiter fürs Telefon
In der Praxis Finke/Voigt kümmert sich eine Mitarbeiterin ausschließlich um die eingehenden Anrufe. Waltraud Klein hat dafür einen kleinen, separierten Raum hinter der Anmeldung. Mit Headset auf dem Kopf und Blick auf den Terminkalender kann sie die Anrufe zügig bearbeiten.
Wenn genügend Personal vorhanden ist, nimmt zusätzlich eine zweite Mitarbeiterin die Telefonate entgegen. „Eigentlich bräuchten wir immer zwei Mitarbeiter am Telefon“, schätzt Finke. Zu leisten sei das aber nicht.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
