Wahlstatistik: Die stärkste Kraft in Dorsten ist gar nicht so stark

© Grafik: Leonie Sauerland

Wahlstatistik: Die stärkste Kraft in Dorsten ist gar nicht so stark

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Die Wahlbeteiligung sinkt bei den Kommunalwahlen. Nicht-Wähler lassen ihre Macht ungenutzt, um das Ergebnis zu beeinflussen. Ist die CDU tatsächlich die stärkste Kraft?

Dorsten

, 31.08.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Fünf Kreuzchen dürfen die Wähler bei der kommenden Kommunalwahl machen. Etwa 63.000 Bürger sind am 13. September unter anderem aufgerufen, über die Sitzplatzverteilung im Stadtrat zu entscheiden, dafür gibt es den gelben Stimmzettel.

Die Wahlbeteiligung sinkt – bundesweit

Doch nicht jeder, der wählen darf – jeder, der seit 16 Tagen in Dorsten gemeldet und 16 Jahre alt ist – nutzt die Chance gelebter Demokratie. Die Zahl der Nicht-Wähler wächst, die Beteiligung sinkt sukzessive. Ab den 1980er-Jahren schwand das Interesse bundesweit und sank von 77 Prozent auf 71 Prozent. In der ersten Dekade der 2000er-Jahre ging nur noch knapp die Hälfte (52 Prozent) zur Urne, um Bürgermeister und Stadtrat zu wählen.

In Dorsten lag die Wahlbeteiligung der vergangenen vier Wahlen bei rund 53 Prozent, zuletzt 2014 nur bei 51 Prozent. 1994 lag sie bei beachtlichen 81 Prozent. In diesem Jahr wurde aber auch der Bundestag gewählt, vermutlich zog das mehr Menschen in die Wahlkabine, denn auch die drei vorherigen Wahlen zogen „nur“ knapp über 60 Prozent der Wähler an die Urne (vgl. Grafik 1). Seit 1999 werden Bürgermeister und Landräte direkt gewählt.

Im Zeitraum von 1994 bis 1999 konnten allerdings die Räte erstmalig hauptamtliche (Ober-)Bürgermeister und Landräte wählen. So auch in Dorsten, als 1995 Dr. Karl-Christian Zahn (ehem. Stadtdirektor, CDU) durch den Rat zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister Dorstens gewählt wurde.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Wahlbeteiligung im Verhältnis zu den Wahlberechtigten.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Wahlbeteiligung im Verhältnis zu den Wahlberechtigten. © IT NRW

Das große Potenzial der Nichtwähler-Gruppe

Wie groß das Potenzial der Gruppe der Nichtwähler sein kann, zeigte sich zuletzt bei der Wahl des US-Präsidenten. Nur 27 Prozent der US-Wahlbevölkerung haben Trump ins Amt gewählt. Wie viele Menschen stehen denn hinter der Wahlsieger-Partei der vergangenen Wahlen in Dorsten?

2014 holte die CDU 14.865 von 32.084 gültigen Stimmen - das sind auf den ersten Blick beachtliche 46,3 Prozent. Legt man aber die 63.675 wahlberechtigten Dorstener zugrunde, haben nur 23,3 Prozent die Union gewählt. Obwohl weniger als jeder Vierte statistisch betrachtet hinter der CDU steht, ist im Stadtrat fast jeder zweite Platz mit einem CDU-Politiker besetzt (21 zu 23 Sitzen der anderen Parteien).

1994 standen hinter der SPD, die damals stärkste Kraft im Rat war, 44,9 Prozent der Stimmen erhielt sie. Mehr Menschen gingen damals an die Urne, weshalb mehr Dorstener hinter der Siegerpartei standen.

2004 ging jede zweite Stimme an die CDU (51,1 Prozent bzw. 17.026 Stimmen). Nur rund 53 Prozent gingen damals zur Wahl. Deshalb kommt es auch hier zu einer starken Verzerrung des Ergebnisses, wenn man als Grundlage die 64.752 Wahlberechtigten nimmt. Dann nämlich stehen nur 26,3 Prozent hinter der CDU.

Wie groß ist die „Partei der Nichtwähler“ im Gegensatz zur führenden Kraft?

So verteilten sich die Stimmen bei der Kommunalwahl 2009.

So verteilten sich die Stimmen bei der Kommunalwahl 2009. © IT NRW

2009 lag die Wahlbeteiligung bei 53 Prozent. Die Partei der Nichtwähler stark und liegt bei 47 Prozent.

2009 lag die Wahlbeteiligung bei 53 Prozent. Die Partei der Nichtwähler stark und liegt bei 47 Prozent. © IT NRW

Die blaue Säule verdeutlicht das Verhältnis der Wahlberechtigten Dorstener zu den vier [grün (gültige Stimmen insgesamt), hellblau (CDU), rot (SPD), orange (FDP)] meistgewählten Parteien bei der Kommunalwahl 2009.

Die blaue Säule verdeutlicht das Verhältnis der Wahlberechtigten Dorstener zu den vier [grün (gültige Stimmen insgesamt), hellblau (CDU), rot (SPD), orange (FDP)] meistgewählten Parteien bei der Kommunalwahl 2009. © IT NRW

Ein zweiter Vergleich verdeutlicht zusätzlich das ungenutzte Potenzial, das hinter der „Partei der Nichtwähler“ steht. 2004 gingen 47,1 Prozent der Menschen nicht zur Wahl, die CDU erreichte 51,1 Prozent.

2009 erreichte die Union 45,3 Prozent (vgl. Tortengrafik), die Partei der Nichtwähler 47 Prozent. Das Säulendiagramm verdeutlicht die Diskrepanz zwischen möglichen Wählern (blaue Säule) und den Stimmen, die tatsächlich abgegeben wurden (orangefarbene Säule). Es gingen mehr Menschen nicht zur Wahl, als die stärkste Kraft Stimmen auf sich vereinen konnte. Die letzte Grafik zeigt dies deutlich: Die grüne Säule steht für die gültigen Stimmen insgesamt. Die äußere dunkelblaue Säule stellt den krassen Gegensatz dar:

Fast 65.000 Dorstener hätten eine Stimme gehabt, um das Wahlergebnis zu beeinflussen. Die drei Säulen in der Mitte stellen die drei stärksten Parteien (CDU, SPD und die Grünen) dar. Nur rund 28.000 Stimmen stehen hinter diesen Parteien bzw. bloß 43 Prozent der Wahlberechtigten.