Wenn er eines seiner Motive fotografiert hat, ist es kurze Zeit später oft schon Vergangenheit. „Rote Liste“ nennt Walter G. Breuer folglich sein spannendes Langzeit-Kunstprojekt. Es geht ihm dabei aber nicht um die Dokumentation von vom Aussterben bedrohter Tier- oder Pflanzenarten, sondern um ein ganz besonderes Sozio- und Biotop - um das langsame Verschwinden von inhabergeführten Geschäften.
27 solcher Beispiele stellt der Foto-Künstler vom 3. November (Freitag) bis 12. November im Dorstener Kulturraum „franz*“ (Lippestraße 5, Franziskanerpassage). Initiatorin Doris Gerhard vom Kunstverein „Virtuell-Visuell“ freut sich, die Werke ihres langjährigen künstlerischen Weggefährten aus dem Bochumer IBKK-Kunstinstituts in der Lippestadt präsentieren zu dürfen. „Die Ausstellung ist vor allem auch für diejenigen sehr interessant, die sich sonst nicht für Kunst interessieren“, sagt sie. „Beim Betrachten der Bilder kann die Besucher wunderbar in Erinnerungen schwelgen.“
Denn die Bilder dieser Serie erzählen von der untergehenden Kultur kleiner Läden und Handwerksbetriebe, die es so in allen Städten gibt und gegeben hat. „Viele Betriebe existieren zum Teil seit Jahrzehnten, manche werden in der zweiten, dritten oder gar vierten Generation betrieben“, erzählt Walter Breuer. Doch durch Handelsketten, Einkaufszentren auf der „Grünen Wiese“ oder durch das Internet werden sie nach und nach verdrängt.

Der Fotograf lebt in Hamm, viele seiner inzwischen 200 Motive hat er unterwegs in Städten rund um seiner Heimatstadt gefunden. Doch sie könnten genauso gut auch in Dorsten aufgenommen worden sein, denn auch hier hat es solche Geschäfte gegeben. Den verschwundenen kleinen Bäcker um die Ecke, die ehemalige Fleischerei mit den besonders leckeren Würsten, von denen noch alle schwärmen und sicher auch den Schmuckhändler mit seiner kleinen Werkstatt oder die Modistin, die noch selbst die Hüte hergestellt hat.
„In vielen Läden war es schwierig zu fotografieren“, so Breuer, „weil es so eng war und die Lichtverhältnisse schwierig waren.“ Aber immer schaffte er es, die drohende „Endzeitstimmung“ atmosphärisch auf den Punkt zu bringen. Menschen sind nicht zu sehen, nur die Einrichtungsgegenstände und Waren - im Tante-Emma-Laden ebenso wie im längst geschlossenen City-Kaufhaus, in dem es früher fast alles gab, im Reifenhandel eines Vulkaniseurs ebenso wie im Fachgeschäft, in dem der 78-jährige Künstler einst mit seinen Kindern Schuhe kaufte.
Die ersten Bilder entstanden 2012, für seine Diplom-Arbeit am IBBK-Institut. Die aktuellsten Fotos sind aus diesem Jahr, „und ich habe schon die nächsten Läden auf dem Schirm“. Denn die Veränderungen in der traditionellen Geschäftswelt gehen weiter. Auf einem seiner Bilder ist ein Ruhrgebiets-Kiosk zu sehen. „Auch die gehören mehr und mehr der Vergangenheit an“, sagt Walter Breuer.
Öffnungszeiten
Die Ausstellung „Rote Liste“ wird offiziell am Samstag (4. November) um 11 Uhr eröffnet, am Samstag (11.11.) um 14 Uhr gibt es ein Künstlergespräch, geöffnet ist die Ausstellung freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 16 Uhr, am Lichterfest-Sonntag (5.11.) von 12 bis 18 Uhr, und am Sonntag (12.11.) von 14 bis 17 Uhr).
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